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Das Foucaultsche Pendel

Das Foucaultsche Pendel

Titel: Das Foucaultsche Pendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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und die Gnosis waren. Selige Zeiten, als die Christen noch nicht die Macht ergriffen hatten, um die Häretiker in den Tod zu schicken. Glänzende Epoche, beseelt vom nous, durchzuckt von Ekstasen, bevölkert von Präsenzen, Emanationen, Dämonen und Engelsscharen ... Es ist ein diffuses Wissen, unzusammenhängend, uralt wie die Welt, ein Wissen, das weit zurückreicht hinter Pythagoras, hinter die Brahmanen Indiens, die Juden, die Magier, die Gymnosophen und sogar hinter die Barbaren des äußersten Nordens, die Druiden Galliens und der Britannischen Inseln. Den Griechen galten die Barbaren als solche, weil sie sich nicht auszudrücken vermochten, mit diesen Sprachen, die in ihren überzüchteten Ohren wie Gebell klangen. Tatsächlich aber zeigte sich gerade in dieser Epoche, dass die Barbaren weit mehr wussten als die Hellenen, und zwar eben deshalb, weil ihre Sprache undurchdringlich war. Glauben Sie, dass diejenigen, die heute Abend tanzen werden, den Sinn all der Zauberformeln und magischen Namen kennen, die sie aussprechen werden? Zum Glück nicht, denn der unbekannte Name fungiert als Atemübung, als mystische Vokalisierung. Ah, die Epoche der Antonine ... Die Welt war voll von wunderbaren Entsprechungen und subtilen Ähnlichkeiten, man musste sie durchdringen, sich von ihnen durchdringen lassen, durch den Traum, das Orakel, die Magie, die es ermöglicht, auf die Natur einzuwirken und auf ihre Kräfte, indem man das Ähnliche mit dem Ähnlichen bewegt. Die Weisheit ist unfassbar, flüchtig, sie entzieht sich jedem Maß. Deshalb war der dominante Gott in jener Epoche Hermes, der Erfinder aller Listen und Kniffe, der Gott der Kreuzwege und der Diebe, aber auch der Schöpfer der Schrift, einer Kunst des Ausweichens und des Differenzierens, der Seefahrt, die es zum Ende aller Grenzen zieht, wo alles am Horizont verschwimmt, der Kräne, die Steine vom Boden heben, und der Waffen, die das Leben in Tod verwandeln, und der Wasserpumpen, die schwere Materie leicht werden lassen, und der Philosophie, die vorspiegelt und täuscht ... Und wissen Sie, wo Hermes heute ist? Hier, Sie haben ihn an der Tür gesehen, die Leute hier nennen ihn Exu, diesen Boten der Götter, diesen Vermittler, diesen Händler, der den Unterschied zwischen Gut und Böse nicht kennt.«
    Agliè musterte uns mit amüsiertem Misstrauen. »Sie glauben wohl, ich sei — wie Hermes mit den Waren — zu flink im Umverteilen der Götter. Sehen Sie dieses Büchlein hier, ich habe es heute Morgen in einem Buchladen im Pelourinho gekauft. Magien und Mysterien des heiligen Cyprianus, Rezepte für Liebeszauber oder um den Feind sterben zu lassen, Anrufungen der Engel und der Jungfrau. Volkstümliche Literatur für diese schwarzhäutigen Mystiker hier. Aber es handelt sich um den heiligen Cyprianus von Antiochia, über den es eine immense Literatur im Silbernen Zeitalter gibt. Seine Eltern wollten, dass er alles lerne und wisse, was in der Erde, in der Luft und im Wasser der Meere ist, und so schickten sie ihn in die fernsten Länder, damit er alle Mysterien erfahre, die Erzeugung und die Vergiftung der Kräuter kennenlerne und die Heilkräfte der Pflanzen und der Tiere, nicht die der Naturgeschichte, sondern die der verborgenen Wissenschaft tief im Innern der fernen und archaischen Traditionen. Und Cyprianus weiht sich in Delphi dem Gott Apoll und der Dramaturgie der Schlange, er wohnt den Mysterien des Mithra bei, als Fünfzehnjähriger auf dem Olymp, von fünfzehn Hierophanten geführt, erlebt er die Riten zur Beschwörung des Fürsten dieser Welt, um dessen Machenschaften zu bannen, in Argos wird er in die Mysterien der Hera eingeweiht, in Phrygien erlernt er die Kunst der Leberschau, und bald gibt es nichts mehr auf der Erde, im Wasser und in der Luft, was ihm unbekannt wäre, ob Hirngespinst oder Gegenstand der Weisheit oder Kunstgriff irgendwelcher Art, nicht einmal die Kunst, durch Zauber die Schrift zu verändern. In den unterirdischen Tempeln von Memphis lernt er, wie die Dämonen mit den irdischen Dingen kommunizieren, welche Orte sie verabscheuen, welche Dinge sie lieben und wie sie die Finsternisse bewohnen, welche Widerstände sie in gewissen Domänen leisten, wie sie sich der Seelen und der Körper bemächtigen können und welche Wirkungen sie dann erzielen, welche Formen von höherer Erkenntnis, Gedächtnis, Schrecken, Illusion, und die Kunst, Erdbeben hervorzurufen und die Ströme des Erdinnern zu beeinflussen ... Dann, leider, bekehrt er sich,

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