Das fremde Gesicht
geworden? Hat Phillip das arme Mädchen etwa auch umgebracht?«
Als abends dann Mac kam, sagte sie: »Dad wird übermorgen beerdigt. Frances Grolier sollte benachrichtigt werden und die Umstände von Dads Tod erfahren, aber mir graut davor, sie anzurufen.«
Mac legte seine Arme um sie. All die Jahre hatte sie darauf gewartet.
»Das kann ich doch für dich erledigen Meggie, oder?«
sagte Mac.
Und dann redeten sie miteinander. »Mac, wir wissen noch nicht alles. Dr. Williams war unsere letzte Hoffnung, je zu erfahren, was Phillip meinte.«
Am Dienstag morgen um neun Uhr rief Tom Weicker an.
Diesmal fragte er nicht wie am Vortag halb ernst, halb frotzelnd: »Sind Sie soweit, wieder zur Arbeit zu kommen, Meg?«
Er erkundigte sich auch nicht, wie es ihr ginge. Noch bevor er sagte: »Meg, wir haben eine
Sensationsgeschichte«, spürte sie den Unterschied in seinem Tonfall.
»Was ist denn, Tom?«
»Hier ist ein Brief für Sie von Dr. Williams, auf dem
›Persönlich und vertraulich‹ steht.«
»Dr. Williams! Machen Sie auf. Lesen Sie’s mir vor.«
»Sind Sie sicher?«
»Tom, machen Sie den Brief auf!«
Es gab eine Pause. Sie stellte sich vor, wie er das Kuvert aufschlitzte und herausholte, was darin war.
»Tom?«
»Meg, das ist Williams’ Geständnis.«
»Lesen Sie’s mir vor!«
»Nein. Sie haben doch das Faxgerät, das Sie vom Büro mitgenommen haben?«
»Ja.«
»Geben Sie mir noch mal die Nummer. Ich faxe es Ihnen hinüber. Wir lesen’s gemeinsam.«
Meghan gab ihm die Nummer durch und eilte ins Erdgeschoß. Sie kam gerade rechtzeitig ins Arbeitszimmer, um den hohen Quietschton des Faxapparats zu hören. Die erste Seite der Erklärung von Dr. Henry Williams begann langsam auf dem dünnen, glatten Papier herauszukommen.
Der Text war fünf Seiten lang. Meghan las ihn mehrmals hintereinander. Schließlich begann die Reporterin in ihr spezielle Abschnitte und besondere Sätze herauszusuchen.
Das Telefon läutete. Es war wie erwartet Tom Weicker.
»Was halten Sie davon, Meghan?«
»Es steht alles da. Er brauchte Geld wegen der Rechnungen für die langwierige Behandlung seiner Frau.
Mrs. Petrovic war von Natur aus begabt und hätte eine Ärztin sein sollen. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, daß kältekonservierte Embryos vernichtet werden. Sie sah Kinder in ihnen, die dem Leben kinderloser Paare einen Sinn geben könnten. Williams sah sie als Kinder an, für die manche Leute ein Vermögen zahlen würden, um sie zu adoptieren. Er machte sich vorsichtig an Carter heran, der sich nur zu gern dazu hergab, Helene Petrovic an Manning zu vermitteln, mit Hilfe der Unterschrift meines Vaters.«
»Die hatten wirklich alles bedacht«, sagte Weicker, »ein abgelegenes Haus, wohin sie illegale Einwanderinnen brachten, die bereit waren, für zehntausend Dollar und ein gefälschtes Einwanderungsvisum als Leihmütter zu fungieren. Nicht gerade viel, wenn man bedenkt, daß Williams und Carter die Babys für hunderttausend Dollar Minimum das Stück verkauft haben.«
»In den vergangenen sechs Jahren« fuhr Weicker fort,
»haben sie über zweihundert Säuglinge untergebracht, und sie hatten schon vor, noch mehr solcher Gebärhäuser zu eröffnen.«
»Und dann hat Helene gekündigt«, sagte Meghan, »unter dem Vorwand, sie hätte einen Fehler begangen, der an die Öffentlichkeit dringen würde.
Dr.
Manning hat als erstes nach Mrs.
Petrovics
Kündigung Dr. Williams angerufen und ihn davon in Kenntnis gesetzt. Manning vertraute Williams und mußte sich bei jemandem aussprechen. Er war entsetzt bei dem Gedanken, der Ruf seiner Klinik könnte Schaden nehmen.
Er erzählte Williams, wie bestürzt Mrs. Petrovic gewesen war und daß sie dachte, sie hätte den eineiigen Zwillingsbruder des kleinen Anderson versehentlich vernichtet, als sie im Labor ausrutschte.
Dann hat Williams Carter angerufen, der sofort in Panik geriet. Carter hatte einen Schlüssel zu Helenes Wohnung in Connecticut. Sie hatten keine Affäre miteinander. Er mußte sich von Zeit zu Zeit um den Transport von Embryos kümmern, die sie unmittelbar nach ihrer Befruchtung und bevor sie eingefroren wurden aus der Klinik mitgebracht hatte. Er brachte sie dann schleunigst nach Pennsylvania, wo sie einer Leihmutter eingesetzt wurden.«
»Carter ist in Panik geraten und hat sie getötet«, bestätigte Weicker. »Meg, Dr. Williams hat Ihnen die Adresse von dem Haus gegeben, wo er und Carter die schwangeren jungen Frauen untergebracht haben. Wir
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