Das fuenfte Maedchen
â¦Â«
Er warf mir über den Rand seiner Tasse hinweg einen Laserblick zu, zeigte Verstimmung. Das war lustig.
»Du musst tun, was du tun musst.« Er zuckte die Achseln, wieder völlig gleichgültig, zog die Jalousie über die Augen.
Plötzlich fragte ich mich, ob er es überhaupt wusste oder ob ich es gerade verraten hatte.
Ob es Pech war oder Glück, auf jeden Fall schwebte genau in diesem Augenblick Jinn in die Teestube. Sie lächelte und glitzerte. Doch es war ihr Nagellack, der Funken sprühte, nicht ihr Teint.
»Hey, Schatz.«
»Hi, Jinn.«
»Ruby!« Sie warf mir eine Kusshand zu.
Nathan blieb völlig cool, als sie sich halb auf seinen Schoà setzte, mich anlächelte und sich eine Strähne hinters Ohr schob.
»Na, Ruby, Schätzchen, wie gehtâs dir? Wie gefällt dir der Job?«
»Prima â¦Â« Sollte ich sie nach ihrem fragen?
Als ob sie meine Gedanken lesen könnte, wandte sie sich ab, legte den Arm um Nathans Hals und küsste ihn zart aufs Ohr.
Er wirkte noch immer ganz cool. Er legte die Hand auf ihren nackten Arm und strich mit dem Finger über ihre Haut. Sein Batman-T-Shirt war viel zu weit und unförmig; ich konnte sein ausgeprägtes Schlüsselbein sehen. Jinn küsste es, lächelte immer noch. Ich hasste ihn, ich hasste sie. Ich wollte, dass er sie benutzte, wollte, dass er ein liebloser ScheiÃkerl wäre. Doch den Gefallen tat er mir nicht.
Nathan lieà mich nicht aus den Augen, und ich fragte mich, ob er den Schleier der Eifersucht über meinen Augen erkannte. Ich wusste nicht einmal, auf wen ich eifersüchtig war. Auf ihn? Auf sie ? Ihre ganze irre, beneidenswerte, ach so seltene Liebesgeschichte?
Seine Lippen streiften ihren Hals; sie kicherte und wölbte den Hals. Es war schlimmer als der Tango, und sie ernteten einen missbilligenden Blick der älteren Kellnerin, die hinter den Biskuitkuchen und den Empire-Keksen vor sich hinmurmelte. Während Jinn zur Decke hoch lachte, lächelte er mich direkt an. Er brauchte gar nichts zu sagen.
Sie liebt mich.
Ich liebe sie.
Ich gewinne.
Ich stand auf, schob meinen Stuhl zurück. Begleitet von Nathans siegessicherem Blick, stakste ich zur Teestube hinaus, zurück in den Salon. Ich war niedergeschlagen, wut- und hasserfüllt, wünschte mir mehr als alles andere auf der Welt einen Liebhaber wie ihn; einen Liebhaber, der eines Tages eine Kellnerin schockieren würde, indem er mich in aller Ãffentlichkeit liebte.
Ich konnte sie mir nicht mit einem anderen Mann vorstellen. Auch wenn ich wusste, dass sie häufig mit anderen Männern zusammen war â ich konnte es mir einfach nicht vorstellen. Was den Mann anbetraf, mit dem ich sie sah â¦
Es wäre stark untertrieben, wenn ich behaupten würde, dass ich überrascht war, als ich Jinn noch am selben Abend mit Tom Jerrold sah. Es war dunkel, vor einer Woche waren die Uhren zurückgestellt worden. Wäre ich eine Minute später um die Ecke gebogen, hätte ich sie verfehlt. Aber ich sah sie.
Ich stand wie erstarrt, geschockt über das, was sie gerade tat. Sie stand lässig gegen die Mauer gelehnt, die sich zwischen dem Büro des Hafenmeisters und dem Yachthafen befand. Ihr Rock war zu kurz für die kühle Novembernacht und die Absätze ihrer Stiefel zu hoch für die Pflastersteine. Doch ihr Haar leuchtete. Sie stand direkt unter einer verschnörkelten StraÃenlaterne, die erst letztes Jahr aufgestellt worden war, eine nachgemachte viktorianische Laterne â den Touristen zuliebe. Zu dieser Jahreszeit gab es nicht viele Touristen, also versuchte Jinn, das auszunutzen. Das weiÃe Laternenlicht lieà ihr Haar Funken sprühen. Es war strähniger und gelber als üblich, aber nicht in diesem Licht. Dieses Licht verlieh ihr einen besonderen Zauber: Sie war eine weiÃe Hexe, eine Elfenkönigin in billigen Stiefeln. Sie beugte sich zu dem Auto hinunter und unterhielt sich mit dem Fahrer und dann â oh Gott â stieg sie ein. Ich war auÃer mir.
WeiÃt du, wenn man nicht in ein Auto steigt, ist es sicher. Es ist leicht verdientes Geld und es ist sicher.
So viel zu diesem Thema. Als das Auto vorbeifuhr, trat ich in den Schatten. Es war ein unverwechselbares Auto, hellgelb mit einem Faltverdeck. Der Fahrer fuhr langsam, sodass ich sein Gesicht erkennen konnte â es war Tom Jerrold. Er lächelte nicht, aber Jinn. Sie hatte sich ihm
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