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Das fuenfte Maedchen

Das fuenfte Maedchen

Titel: Das fuenfte Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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klang wie eine leichte Drohung, aber das war nicht meine Absicht gewesen. Zumindest glaube ich es nicht.
    Â»Hm, ja.« Er starrte immer noch in den Fluss. »Ich mag sie, habe sie schon immer gemocht.«
    Ruby, sei vorsichtig mit deinen Wünschen.
    Tom sah um einiges älter aus, aber nicht auf ungute Art. Er wirkte genauso ernst wie Alex, aber ohne dessen Unbeholfenheit. Er wirkte verschlossen, noch so ein Kerl, der sich den Teufel um etwas scherte. Er besaß hübsche, melancholische Augen und einen geraden Mund, doch er sah aus, als spiele das keine Rolle, als sei es in Ordnung, attraktiv und traurig zu sein, keine große Sache. Glücklich und hässlich wäre genauso akzeptabel gewesen.
    Ich fühlte mich jetzt noch elender, weil ich Alex nicht besucht hatte. Gerne hätte ich gesagt: »Ich habe deinen Bruder besucht«, oder »Er sieht besser aus« oder sogar »Er sieht nicht so gut aus«. All das hätte bewiesen, dass ich so viel für ihn übrig hatte, ihn zu besuchen. Leider war es nicht so.
    Doch ich sorgte mich um ihn, und zwar ganz enorm, ganz heftig. Es war nur so, dass mein Schamgefühl (und meine Verlegenheit) stärker waren als meine Fürsorge. Alex besuchen? Keine Chance.
    Ich schüttelte diesen Gedanken ab und sagte zu Tom: »Jinn hat dich irgendwie auch schon immer gemocht.«
    Â» Jinn mochte mich«, sagte er achselzuckend. »Jinx schert sich einen Dreck darum, aber ich mag sie nach wie vor.«
    Â»Wer ist Jinx?« Ich weiß nicht, warum ich fragte. Die Art, wie der Name auf mich wirkte, verriet mir, um wen es ging.
    Â»So nennt sie sich jetzt.«
    Â»Sie hat jetzt einen anderen Namen?« Meine Kehle war völlig ausgetrocknet. Ich wollte nichts über Jinx hören, diese Person.
    Â»Hübscher Name«, sagte er mit einem Anflug von Boshaftigkeit. »Nicht unbedingt ein Pseudonym, aber es passt zu ihr.«
    Â»Halt den Mund«, schnauzte ich ihn an.
    Â»Ja, du hast recht. Ist okay.« Er stand auf und trollte sich.
    Â»Sie heißt nicht Jinx«, rief ich ihm hinterher.
    Â»Nein.«
    Â»Ich meine es ernst.«
    Er drehte sich auf dem Absatz um: »Ich ebenfalls.«
    Â»Tom. Hast du … hast du …«
    Er wartete: Er stand einfach da und wartete, dass ich den Satz beendete. Er sorgte dafür, dass ich den Satz beendete. Auch wenn es mich nichts anging, hatte ich das Gefühl, als müsse ich es wissen, und ich war mir ziemlich sicher, dass er es mir sagen würde. Also holte ich tief Luft und fragte.
    Er lächelte. Es war kein nettes Lächeln. Es war ein trauriges, bitteres Lächeln, doch ich hatte das seltsame Gefühl, dass er es genoss, es liebte, mich zu quälen. Er würde es genießen, wach zu liegen und sich vorzustellen, dass ich wach dalag. Eine kleine Rache. Er hatte meine Schwester nicht zur Prostituierten gemacht, aber er hatte dafür bezahlt, mit ihr zu schlafen. Ich hatte seinen Bruder nicht vom Dach gestoßen, aber ich hatte ihn aufgefordert zu springen. Waren wir jetzt quitt? Ich hoffte es.
    Â»Nein«, sagte er. »Habe ich nicht. Nicht mit Jinx.«
    Ich starrte ihn an, überzeugt davon, dass er mich anlog.
    Â»Mit Jinn«, sagte er. »Das schon, aber nicht mit Jinx.«
    Und das bereitete mir noch mehr Unbehagen.
    Da war also das Mädchen namens Jinx, und da war meine Schwester, deren Namen Jinn lautete. Sie waren nicht dieselbe Person, sie lebten in unterschiedlichen Welten, unterschiedlichen Dimensionen. Jinx war die Elfenkönigin in nuttenhaften Stiefeln, die im Letzten Gemütlichen Heim Dunedin lebte. Jinn war das verlorene Mädchen, das Mädchen, das nicht auf unserem Planeten lebte. Sie war zwischen den Welten gefangen, gefangen in einer Blase in der Vergangenheit, gefangen, bis der Zauber gebrochen war und ein glückliches Ende bevorstand und der Talisman gefunden wurde. Und dann, erst dann, konnte sie endlich ihren Namen zurückbekommen.

Neunzehn
    Die Ironie des Ganzen ist, dass ich zuerst dachte, ich würde Alex Jerrold helfen. Ich machte mir tatsächlich Sorgen um ihn. Es lag an der Art, wie er unter der Eisenbrücke am Fluss hockte, wie ein Raubvogel, doch ohne dessen Entschlossenheit. Ich sah ihn, als ich von der Bibliothek zurück zum Park spazierte, und ich hätte ihn nicht gesehen, wenn er sich nicht bewegt hätte, etwas so ungeschickt aus seiner Jeanstasche zog, dass er beinahe ins schmutzige Gras gefallen wäre. Dann

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