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Das fuenfte Maedchen

Das fuenfte Maedchen

Titel: Das fuenfte Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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Tor.
    Â»Raus mit dir!«, schrie er. »Und nimm sie mit.«
    Jinn war nicht in der Verfassung, sich zu wehren. Sie stand einfach nur da und vergoss bittere Tränen über ihren missglückten Rettungsversuch, wie die inkompetenteste Tierbefreierin der Welt. Der Kioskangestellte warf ihr einen besorgten Blick zu, doch er war zu ängstlich, um sich ihr zu nähern – vermutlich hatte er mehr Angst vor mir als vor dem Ranger. Ich ließ ihn und den Ranger bei dem Versuch, eine sture Ziege einzufangen, allein und brachte Jinn nach Hause.
    Ich nahm sie nicht mit zu dem kleinen grauen Haus. Ich dachte, sie wollte in ihr wahres Heim zurückkehren, in das Heim, wo sie geliebt wurde, also geleitete ich sie zum Dunedin-Haus.
    Als wir dort ankamen, weinte sie noch immer, redete noch immer über die eingesperrten Ziegen. Ich bin mir nicht sicher, ob sie bekifft war, aber sie war auf jeden Fall ein bisschen besoffen.
    Als Nathan die Tür öffnete, betrachtete er mich nur flüchtig. Er nahm Jinn bei der Hand und ich folgte ihnen ins Wohnzimmer. Der Teppich fühlte sich klebrig an und der Putz blätterte von den Schmuckleisten. Von dem schmierigen hinteren Fenster aus konnte ich auf ihr überwuchertes Viereck aus Unkraut und Pflastersteinen sowie einer Wäschespinne mit schlaffen, schmutzigen Geschirrtüchern blicken. Diese Wäsche hier war nicht frisch und duftig wie bei uns zu Hause, als Jinn noch bei mir gewesen war, aber sie bemühte sich. Sie bemühte sich wirklich.
    Nathan zog sie zu sich aufs Sofa, nahm sie in die Arme, knuddelte sie und küsste sie auf den Kopf. Er fuhr sich nicht durchs eigene strähnige Haar, sondern durchwuschelte ihres. Ich wollte mich auf keinen der Stühle setzen, und ich wusste auch nicht, wohin ich schauen sollte. Also begutachtete ich meine Füße und die Reste des chinesischen Takeaways und die ganzen Utensilien, die ich damals genauso wenig erkannte wie den Geruch: Flaschen und kaputte Kugelschreiber und Aluminiumrollen, von denen kleine Vierecke ausgeschnitten worden waren.
    Nach einer Weile hörte ich leises Schnarchen, und ich sah, dass Jinn eingeschlafen war, das Gesicht vergraben an Nathans Hals. Sein Kopf ruhte auf ihrem. Ich schluckte und zögerte. Dann ging ich hinaus, schloss leise die Türe hinter mir und ging nach Hause.

Siebzehn
    Mit meinem Minilohnjob und meinen nebenberuflichen Bemühungen mit dem Haar anderer Leute kam ich finanziell ganz gut zurecht. Ich war mit Dingen wie zum Beispiel meiner Telefonrechnung im Rückstand, sodass das Telefon schließlich abgestellt wurde, aber ich besaß ja noch mein Prepaid-Handy. Außerdem bezahlte ich die Stromrechnung und die Fernsehgebühren – derlei Dinge eben. Und auch die Miete war bezahlt, obwohl ich den Tag fürchtete, an dem das Sozialamt herausfinden würde, dass Jinn nicht mehr in unserem Haus wohnte. Ich hätte aufs Amt gehen und es beichten sollen, um andere Arrangements zu treffen, aber ich hatte Angst davor, die bestehenden Arrangements zu ändern.
    Außerdem hätte ich unbedingt schöne Blumen für Lara kaufen sollen. Man bekommt ja schon für 1,99 Pfund einen Strauß bei Tesco. Aber ich dachte, Lara würde lieber etwas aus ihrem Garten wollen (keine Gänseblümchen, sie waren längst verblüht, und zudem sinken sie in sich zusammen, wenn man sie pflückt). Also pflückte ich Löwenmäulchen und hielt sie mit einem Gummiband zusammen. Auf dem Weg zum Friedhof schaute ich beim Letzten Gemütlichen Crack-Haus vorbei.
    Jinn war wieder ganz die Alte. Als sie mir die Tür öffnete, sah sie recht fröhlich aus, wenn auch etwas misstrauisch.
    Â»Willst du mitkommen, um Lara zu besuchen?«, fragte ich.
    Sie zögerte, blickte auf das Handy in ihrer Hand, das aufblinkte, weil gerade eine SMS reinkam.
    Â»Ich kann nicht.«
    Â»Oh«, erwiderte ich.
    Â»Arbeit.«
    Â»Oh«, wiederholte ich.
    Â»Es ist nicht, was du denkst.«
    Ich wusste inzwischen ganz genau, wann Jinn log, sonst hätte ich ja wohl als Schwester nicht viel getaugt.
    Â»Macht es ihm … macht es Nathan …«
    Sie schloss schnell die Tür hinter sich. »Hör zu. Er verlangt nicht, dass ich arbeite. Er verlangt nicht, dass ich es tue.«
    Â»Macht es ihm etwas aus?«
    Â»Natürlich macht es ihm etwas aus. Doch es würde ihm noch mehr ausmachen, wenn ich kein Geld hätte. Er hat so seine Probleme.«
    Das war

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