Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das fünfte Zeichen

Titel: Das fünfte Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
Vom Netzwerk:
vor dem Waschbecken, den Wasse r hahn voll aufgedreht, und betrachtete sich im Spiegel. Lauschte dem Summen der Stimmen auf dem Flur. Beates Assistent, der die Anwesenden bat, außerhalb der Absperrungen zu bleiben. Waaler, der Befehl gab, nach Leuten zu suchen, die in der Nähe des Gebäudes Verdächtige bemerkt hatten. Magnus Skarre, der einem Kollegen zurief, er wolle einen Cheeseburger ohne Pom mes frites.
    Als das Wasser endlich kalt wurde, hielt Harry das Gesicht unter den Hahn. Er ließ das kühle Nass über die Wange rinnen, ins Ohr, über den Hals in sein Hemd, über die Schulter, den Arm hinunter. Er trank gierig. Weigerte sich, auf den Feind dort unten zu hören. Dann rannte er erneut in die Kabine und erbrach sich.
    Draußen war es früher Abend geworden, und der Carl Berners Plass lag verlassen da, als Harry das Haus verließ. Er zündete sich eine Zigarette an und streckte eine Hand abwehrend in die Höhe, als ein Pressegeier auf ihn zustürzte.
    Der Mann blieb stehen. Harry erkannte ihn wieder. Der hieß doch Gjendem, oder? Er hatte mit ihm nach dem Fall in Sydney gesprochen. Gjendem war auch nicht schlimmer als die anderen, vielleicht sogar ein bisschen besser.
    Das Fernsehgeschäft war noch immer geöffnet. Harry ging hinein. Das Geschäft war leer mit Ausnahme eines dicken Mannes in einem schmutzigen Flanellhemd, der hinter dem Kassentisch saß und Zeitung las. Ein Tischventilator verpasste ihm eine Sturmfrisur und verteilte Schweißgeruch im Laden. Er schnaubte nur, als Harry ihm seinen Ausweis zeigte und fragte, ob sich jemand auffällig verhalten habe, im Geschäft oder draußen.
    » Die verhalten sich alle irgendwie merkwürdig «, sagte er. » Die Gegend hier geht langsam vor die Hunde. «
    » Keiner, der aussah, als wolle er jemanden töten? «, fragte Harry trocken.
    Der Mann kniff ein Auge zu. » Sind deshalb so viele Polize i wagen hier? «
    Harry nickte.
    Der Mann zuckte mit den Schultern und vertiefte sich wieder in seine Zeitung. » Wer hat nicht schon einmal jemanden töten wollen, Herr Wachtmeister? «
    Auf dem Weg nach draußen blieb Harry stehen, als er sein Auto auf einem der Fernsehbildschirme sah. Die Kamera drehte sich weiter, fing den ganzen Carl Berners Plass ein und hielt an, als sie das rote Backsteingebäude aufnahm. Dann sprang das Bild zu dem Nachrichtensprecher von TV2 und im nächsten Augenblick weiter zu einer Modenschau. Harry zog fest an seiner Zigarette und schloss die Augen.
     
    R akel kam ihm auf einem Laufsteg entgegen, nein, auf zwölf Laufstegen, kam direkt aus der Wand mit den Fernsehern und baute sich vor ihm auf, die Hände in die Hüften gestemmt. Sie sah ihn an, warf den Kopf in den Nacken, drehte sich um und verließ ihn.
    Harry öffnete die Augen wieder. Es war acht Uhr. Er versuchte nicht daran zu denken, dass es ganz in der Nähe, im Tron d heimsvei, eine Kneipe gab. Mit Alkohollizenz.
    Der härteste Teil des Abends stand ihm noch bevor.
    Und dann die Nacht.
     
    E s war zehn Uhr abends, und obwohl das Quecksilber gnädigst ein paar Grad nach unten geklettert war, blieb die Luft stickig und heiß. Jeder wartete auf Landwind, Seewind, Was-auch-immer-für-einen-Wind. Die Kriminaltechnik war verwaist. Nur in Beates Büro brannte noch Licht. Der Mord am Carl Berners Plass hatte all ihre Pläne für den Tag auf den Kopf gestellt. Sie war noch am Tatort gewesen, als ein Kollege anrief und ihr mitteilte, unten am Empfang stehe eine Frau. Sie behaupte, von De Beers zu kommen, um einen Diamanten zu untersuchen.
    Beate war in aller Hast zurückgefahren, und jetzt widmete sie ihre ganze Aufmerksamkeit dieser kleinen, energischen Frau, die so perfekt Englisch sprach, wie man es von einer in London lebenden Holländerin erwartete: » Diamanten haben gewissermaßen geologische Fingerabdr ü cke, die es theoretisch erlauben, sie bis zum Ursprung zurückzu verfolgen. Über die Herkunft eines Diamanten werden Zertifika te ausgestellt, die den Diamanten immer begleiten sollten. Doch ich fürchte, dass das bei diesem nicht der Fall ist. «
    » Warum nicht? «, fragte Beate.
    » Weil die zwei Diamanten, die ich mir angesehen habe, so genannte Blutdiamanten sind. «
    » Wegen der roten Farbe? «
    » Nein, weil diese Steine höchstwahrscheinlich aus den Kiuvu-Gruben in Sierra Leone stammen. Alle Diamantenhändler der Welt boykottieren Diamanten aus Sierra Leone. Die Gruben dort werden von Rebellen kontrolliert, die mit dem Exporterlös der Steine einen Krieg finanzieren, in

Weitere Kostenlose Bücher