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Das fünfte Zeichen

Titel: Das fünfte Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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ob es plötzlich eilte. » Ich … wir … werden ein Kind bekommen. «
    Er saß wie versteinert da und starrte sie an, während sie von ihrem Gefühl sprach, von ihrem Besuch beim Arzt und schlie ß lich von der endgültigen Gewissheit.
    Kaum war sie fertig, da stand er auf und holte aus der Küche ein kleines, schwarzes Kästchen. » Meine Mutter besuchen «, sagte er.
    » Was? «
    » Du fragst dich, was ich in Oslo mache. Ich besuche meine Mutter. «
    » Du hast eine … Mutter …? « Doch ihr erster Gedanke war: Hatte er wirklich eine Mutter? Aber dann fügte sie hinzu: » … in Oslo? «
    Er lächelte und deutete nickend auf das Kästchen. » Willst du es nicht aufmachen, Liebste? Das ist für dich. Für das Kind. «
    Sie blinzelte zweimal, ehe sie sich genug gesammelt hatte, um es zu öffnen. » Das ist aber schön. « Tränen schossen ihr in die Augen.
    » Ich liebe dich, Eva Marvanova. «
    Das Singen war wieder da.
    Sie lächelte durch die Tränen, als er sie umarmte.
    » Vergib mir «, flüsterte sie. » Vergib mir. Dass du mich liebst, ist alles, was ich wissen muss. Der Rest ist unwichtig. Du musst mir nichts über deine Mutter erzählen. Oder über die Pistole … «
    Sie spürte, wie sein Körper in ihren Armen erstarrte. Sie legte den Mund an sein Ohr. » Ich habe die Pistole gesehen «, flüsterte sie. » Aber ich will nichts wissen. Nichts, hörst du? «
    Er machte sich vorsichtig von ihr frei. » Doch «, sagte er. » Es tut mir Leid, Eva. Es führt kein Weg daran vorbei. Jetzt nicht mehr. «
    » Wie meinst du das? «
    » Du musst wissen, wer ich bin. «
    » Aber ich weiß doch, wer du bist, Liebling. «
    » Du weißt nicht, was ich tue. «
    » Ich weiß nicht, ob ich das wissen will. «
    » Du musst. « Er nahm ihr das Kästchen ab, holte die Halskette heraus und hielt sie hoch. » Ich mache das hier. «
    Der sternförmige Diamant funkelte wie ein verliebtes Auge, als die Kristalle das Morgenlicht reflektierten, das durch das Küchenfenster hereinfiel.
    » Und das. « Er zog die Hand aus seiner Jackentasche. Sie hielt die gleiche Pistole umfasst, die Eva im Koffer gesehen hatte. Doch jetzt war sie um einen schwarzen Metallklum pen verlä n gert, der am Lauf befestigt war. Eva Marvanova kannte sich mit Waffen nicht aus, aber was das war, wusste sie. Ein Schalldäm p fer. Oder wie es so treffend auf Englisch heißt: silencer.
     
    H arry erwachte vom Klingeln des Telefons. Es fühlte sich an, als habe ihm jemand ein Handtuch in den Mund gestopft. Er versuchte, seine Mundhöhle mit der Zunge zu befeuchten, doch diese raspelte bloß wie ein altes Stück Brot an seinem Gaumen herum. Die Ziffern auf dem Nachttisch zeigten 10.17 Uhr. Ein Bruchstück einer Erinnerung, eines Bildes drang zu ihm durch. Er schleppte sich ins Wohnzimmer. Das Telefon läutete zum sechsten Mal.
    Er hob den Hörer ab.
    » Harry hier, reden Sie. «
    » Ich wollte mich nur entschuldigen. «
    Es war die Stimme, auf die er immer hoffte, wenn er den Hörer abnahm. » Rakel? «
    » Es ist Teil deiner Arbeit «, sagte sie. » Ich habe nicht das Recht, dir deswegen böse zu sein. Es tut mir Leid. «
    Harry ließ sich auf den Stuhl fallen. Etwas versuchte, sich durch das Dickicht seiner halb vergessenen Träume zu kämpfen. » Du hast jedes Recht, böse zu sein «, sagte er.
    » Du bist Polizist. Jemand muss auf uns aufpassen. «
    » Ich meinte nicht den Job «, sagte Harry.
    Sie antwortete nicht. Er wartete.
    » Ich sehne mich nach dir «, sagte sie plötzlich mit tränene r stickter Stimme.
    » Du sehnst dich nach dem, den du in mir sehen willst «, sagte er. » Ich hingegen sehne … «
    » Tschüss «, sagte sie. Wie ein Lied, das mitten im Vorspiel abbricht. Harry blieb sitzen und starrte auf das Telefon. Hoch und Tief auf einmal. Ein Rest des nächtlichen Traums unte r nahm einen letzten Versuch, an die Oberfläche zu gelangen, klopfte an die Unterseite einer Eisfläche, die mit dem Wirken des Tageslichts von Sekunde zu Sekunde dicke r w urde. Er suchte den Wohnzimmertisch nach Zigaretten ab und fand eine Kippe im Aschenbecher. Seine Zunge war noch immer wie betäubt. Rakel hatte wohl aus seinem Genuschel geschlossen, dass er sich wieder einmal die Kante gegeben hatte –was so gesehen der Wahrheit ganz schön nahe kam. Nur dass er keinerlei Lust verspürte, mehr von dem Gift zu schlucken.
    Er begab sich ins Schlafzimmer. Warf einen Blick auf die Uhr. Es war an der Zeit, zur Arbeit zu gehen. Etwas …
    Harry schloss die Augen.
    Das

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