Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das gebrochene Versprechen

Das gebrochene Versprechen

Titel: Das gebrochene Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
bis zum Anschlag
vollkokst.«
    Toole sagte: »Aber die Tour,
Rick. Die können wir doch nicht mit zwei Ersatzleuten durchziehen.«
    »Weiß ich. Ich sage sie ganz
ab.«
    Toole holte so scharf Luft,
dass sie anfing zu husten. Während sich ein allgemeines Protestgemurmel erhob,
nahm Ricky Raes Hand und flocht seine Finger in ihre. Stärkende Energie schien
von ihr zu ihm hinüberzufließen, und er wiederholte: »Ich sage sie ganz ab.«
    »Nicht besonders schlau, Rick«,
sagte Girdwood. »Gar nicht schlau.«
    »Mag sein, aber so wird’s nun
mal laufen.«
    »Denk doch an das Geld, das uns
dadurch entgeht.«
    »Das Geld ist mir egal.«
    »Dann denk eben dran, wie sich
das auf den Absatz des Albums auswirken kann. ›Midnight Train‹ und ›The Empty
Place‹ kriegen jede Menge Radioeinsätze. Da könnte ein Monsterhit rauskommen.«
    »Das wird doch nicht dadurch
verhindert, dass ich die Tour absage. Und selbst wenn, wäre es mir, ehrlich
gesagt, auch egal.« Girdwoods Augen verengten sich, und er funkelte Rae grimmig
an. »Hat sie gesagt, du sollst absagen?«
    Raes Fingerspitzen wurden weiß,
weil sie sich so fest an die von Ricky pressten.
    »Nein«, sagte er, »aber sie ist
auch der Meinung, dass der Anstand genau das erfordert.«
    Girdwood schnaubte verächtlich.
»Anstand!«
    »Schon mal was davon gehört,
dass man den Toten Respekt erweist, Kurt?«
    »Respekt! Das Arschloch hätte
dich umgelegt —«
    »Die Polizei sagt, aus seinem
Brief geht klar hervor, dass er das nie vorhatte.«
    »Dann hat er sich eben auf
andere Art gerächt. Du kannst mir doch nicht einreden, dass es leicht sein
wird, damit zu leben.«
    »Nein, aber vielleicht habe ich
das ja verdient. Außerdem meinte ich das mit dem Respekt auch bezogen auf die
anderen — Dan, Benjy... und Patricia.«
    Amory runzelte nachdenklich die
Stirn. Er kam jetzt vom Fenster an den Konferenztisch. »Ich finde, wir lassen
uns da eine promotionmäßige Goldmine entgehen.«
    Girdwood, Toole und die
verbliebenen Bandmitglieder wandten sich ihm interessiert zu. Wil Willis
fragte: »Inwiefern, Ethan?« Rats verdrehte die Augen zur Decke.
    Ricky, Rae, Ely und ich
wechselten Blicke. Was jetzt ?
    »Okay«, sagte Amory, »ich werde
euch umreißen, wie ich mir das Spiel denke. Und wenn du’s gehört hast, Rick,
wirst du bestimmt damit einverstanden sein, den Rest der Tour durchzuziehen.
Norm hat doch gesagt, ›Empty Place‹ hätte seiner Stieftochter gewidmet sein
sollen, stimmt’s? Weil er dir einen guten Teil des Texts suggeriert hat,
richtig? Und weil er ihn aus ihrem Abschiedsbrief hatte, okay?«
    Ricky nickte und sah den Anwalt
gespannt an.
    »Also wirst du den Song auf der
Bühne ihrem Andenken widmen.« Rats Oberlippe hob sich angewidert. Jerry Jackson
gab einen Laut des Ekels von sich. Rae sah Ricky nervös an.
    Amory hielt kurz inne, setzte
dann hinzu: »Noch besser, du widmest ihn ihrer beider Andenken.«
    Ich sah Toole und Girdwood an.
Sie blickten finster vor sich hin. Amory hielt abermals inne, die Fingerspitzen
an die Stirn gepresst. »Nein!«, rief er aus und schwang die Hand in die Luft,
als sei ihm gerade eine Offenbarung zuteil geworden. »Du gehst noch einen
Schritt weiter. Du widmest ihn ihnen beiden, und dann... liest du aus dem
Brief, den uns ihr Freund gegeben hat, diesen Teil vor, wo sie von der Leere in
ihrem Inneren spricht!«
    Pete Sherman stöhnte und
bedeckte seine Augen mit der Hand. Aus dem Telefonlautsprecher gab Wil Willis
ein seltsames Geräusch von sich, als ob ihm etwas im Rachen steckte. Ich sah Hy
an; um seinen Mund spielte ein leises, wissendes Lächeln.
    Amory sagte in die Stille:
»Schade, dass wir nicht an Norms Abschiedsbrief kommen. Die Szene wäre perfekt,
wenn du daraus auch noch was vorlesen könntest.«
    Es herrschte immer noch
Schweigen. Girdwood und Rae starrten den Anwalt an wie einen Wurm im Salat.
    Ruhig ließ Ricky Raes Hand los
und stand auf. Er ging um den Tisch herum und sah auf Linda Toole herab. Ihr
Mund war ekelverzerrt, als hätte sie gerade in den Wurm gebissen.
    »Sie«, sagte Ricky, »sind noch
im Team. Und du« — er drehte sich um und zeigte auf Amory — »bist draußen!«
    Amory blinzelte und starrte in
die Runde, verdutzt, was denn jetzt schief gelaufen war.
    Noch ehe er etwas sagen konnte,
trat Ricky auf ihn zu. Amory bemerkte sein grimmiges Gesicht und hob abwehrend
die Arme. Dann retirierte er rückwärts um den Tisch herum. Ricky machte kehrt,
stürzte in die andere Richtung, erwischte Amory kurz

Weitere Kostenlose Bücher