Das Geheimlabor
Hickey kenne, wahrscheinlich schon.“
Beide lachten über die Ironie der Sache. Hickman von Trapp, dessen Arbeit darin bestand, nackte Frauen in erotischen Posen zu fotografieren, hatte absolut kein Interesse am anderen Geschlecht, seine Mutter vielleicht ausgenommen.
„Ein Typ wie Hickey beweist nur meinen Standpunkt“, sagte Sarah über die Schulter, während sie durch den Korridor zu Bett ging.
„Und welchen Standpunkt?“
„Dass es auf der Welt wirklich keine guten Männer für Frauen mehr gibt.“
Es war das Licht, das Victor aus den Tiefen seiner Bewusstlosigkeit zerrte. Ein Licht, heller als ein Dutzend Sonnen, das gegen seine geschlossenen Lider schlug. Er wollte nicht aufwachen. Wenn er sichgegen dieses herrliche Vergessen stemmte, konnte er Schmerz fühlen und Übelkeit und etwas noch viel Schlimmeres: Entsetzen.
Wovor, daran konnte er sich nicht erinnern. Vor dem Tod? Nein, nein, dies hier war der Tod oder doch so nahe daran, wie man nur kommen konnte, und es war warm und schwarz und angenehm. Aber er musste etwas Wichtiges tun, etwas, das er nicht vergessen durfte. Er versuchte zu denken, erinnerte sich jedoch nur an eine Hand, die sanft und doch irgendwie kraftvoll über seine Stirn strich, und eine Stimme, die leise in der Dunkelheit nach ihm tastete.
„Mein Name ist Catherine ...“
Zusammen mit ihrer Berührung und ihrer Stimme tauchte auch die Angst in seiner Erinnerung auf. Keine Angst um ihn selbst ... er war ja tot, oder ...?, sondern um sie. Um die starke, sanfte Catherine. Er hatte ihr Gesicht nur kurz gesehen und konnte sich kaum daran erinnern, aber irgendwie wusste er, dass sie schön war. Und jetzt hatte er Angst um sie.
„Wo bist du?“ wollte er rufen.
„Er kommt zu sich“, sagte eine Frauenstimme, gefolgt von einer verwirrenden Vielfalt anderer Stimmen.
„Auf die Infusion achten!“
„Mr. Holland, halten Sie still. Alles kommt in Ordnung ...“
„Ich sagte, auf die Infusion achten!“
„Geben Sie mir die zweite Einheit Blut ...“
„Nicht bewegen, Mr. Holland ...“
Wo bist du, Catherine? Der Schrei explodierte in seinem Kopf. Er kämpfte gegen die Versuchung an, wieder in Bewusstlosigkeit zu versinken, und rang sich dazu durch, die Lider zu heben. Zuerst gab es nur verwischtes Licht und Farben, so scharf, dass ihm ein Stich von den Augen bis ins Gehirn fuhr. Allmählich schälten sich Gesichter heraus. Fremde in Blau, die auf ihn herabblickten. Er versuchte, sie klar zu erkennen, doch sein Magen rebellierte von der Anstrengung.
„Mr. Holland, ganz ruhig“, sagte eine ruhige, energische Stimme. „Sie sind im Krankenhaus, im Aufwachraum. Man hat gerade Ihre Schulter operiert. Ruhen Sie sich aus, schlafen Sie weiter ...“
„Nein, nein, ich kann nicht!“ versuchte er zu sagen.
„Fünf Milligramm Morphium verabreicht“, sagte jemand, und Victor fühlte, wie Wärme seinen Arm hochkroch und sich über seiner Brust ausbreitete.
„Das müsste helfen“, hörte er. „Schlafen Sie jetzt. Alles ist gut gegangen ...“
„Ihr versteht nicht!“ wollte er schreien. Ich muss sie warnen ... Es war der letzte bewusste Gedanke, bevor die Lichter erneut von der sanften Dunkelheit verschlungen wurden.
Sarah lag allein in ihrem von jeglichem Ehemann freien Bett und lächelte. Nein, lachte! Heute Nacht war ihr ganzer Körper von Lachen erfüllt. Sie wollte singen und tanzen, am offenen Fenster stehen und ihre Freude hinausschreien. Das war alles hormonell, hatte man ihr erklärt, dieses chemische Durcheinander der Schwangerschaft, das ihren Körper über eine Achterbahn der Gefühle zerrte. Sie wusste, dass sie sich ausruhen sollte, aber heute Nacht war sie überhaupt nicht müde. Die arme erschöpfte Cathy hatte sich die Treppe nach oben zu ihrem Bett geschleppt. Aber sie war noch immer hellwach.
Sie schloss die Augen und richtete ihre Gedanken auf das Kind in ihrem Leib. Wie geht es dir, mein Kleines? Schläfst du? Oder hörst du jetzt meine Gedanken?
Das Baby bewegte sich in ihrem Bauch und hielt wieder still. Es war eine geheime Antwort, die nur sie beide miteinander teilten. Sarah war fast froh, dass kein Ehemann sie von dieser stummen Unterhaltung ablenkte, während er hier eifersüchtig als Außenseiter lag. Es gab nur Mutter und Kind, das uralte Band, die mystische Verbindung.
Arme Cathy, dachte sie und machte die Achterbahnfahrt von Freude hin zur Traurigkeit für ihre Freundin mit. Sie wusste, wie tief Cathy sich nach einem Kind sehnte, aber
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