Das Geheimlabor
gearbeitet. Ich arbeitete an der Entwicklung von Impfstoffen, er war Mikrobiologe. Sein Spezialgebiet waren Viren, Erbmassenforschung.“
„Du meinst ... wie Chromosomen?“
„Das Gegenstück bei Viren. Wie auch immer. Jerry und ich, wir haben einander in schlimmen Zeiten geholfen. Er hat eine schmerzliche Scheidung durchgemacht, und ich ...“ Er stockte, und seine Stimme sank ab. „Ich habe meine Frau vor drei Jahren verloren. Leukämie.“
Also war er verheiratet gewesen. Irgendwie überraschte es sie. Er wirkte auf sie viel zu unabhängig, um sich zu binden.
„Vor etwa zwei Monaten wurde Jerry in eine neue Forschungsabteilung versetzt. Viratek hatte einen Auftrag für irgendein Verteidigungsprojekt erhalten. Höchste Geheimhaltung. Jerry durfte nicht darüber sprechen. Aber ich merkte, dass ihn etwas in diesem Labor beunruhigte. Er sagte zu mir nur: Die verstehen die Gefahr nicht. Die wissen nicht, worauf sie sich einlassen. Jerrys Feld war die Veränderung von Virengenen. Daher nehme ich an, dass das Projekt etwas mit Viren als Waffen zu tun hatte. Jerry war absolut klar, dass diese Waffen aufgrund internationaler Vereinbarungen als illegal gelten.“
„Wenn er wusste, dass die Sache illegal war, warum hat er dann mitgemacht?“
„Vielleicht begriff er nicht sofort, worauf das Projekt abzielte. Vielleicht hat man es anfangs als reine Verteidigungsforschung dargestellt. Jedenfalls war er so beunruhigt, dass er von dem Projekt zurücktrat. Er ging direkt zur Spitze – zum Gründer von Viratek. Er marschierte in Archibald Blacks Büro und drohte, sich an die Öffentlichkeit zu wenden, sollte dieses Projekt nicht abgebrochen werden. Vier Tage später hatte er einen Unfall.“ Zorn blitzte in Victors Augen auf.
„Was ist passiert?“ fragte sie.
„Das Wrack seines Autos wurde neben der Straße gefunden. Jerry war noch im Wagen. Tot.“ Plötzlich wurde sein Zorn von Erschöpfung abgelöst. Er sank auf das Bett. „Die Cops haben sich bemüht, aber dann tauchte ein Bundesexperte auf und übernahm den Fall. Er behauptete, Jerry sei am Steuer eingeschlafen. Fall abgeschlossen. Da wurde mir klar, wie weit diese Sache geht. Ich wusste nicht, an wen ich mich wenden sollte. Also rief ich das FBI in San Francisco an, sagte, ich hätte Beweise.“
„Du meinst den Film?“ fragte Cathy.
Victor nickte. „Kurz bevor er getötet wurde, erzählte Jerry mir von Duplikaten von Unterlagen, die er in seinem Gartenschuppen versteckt habe. Nach dem ... Unfall ging ich zu seinem Haus. Alles war verwüstet, aber man hat den Gartenschuppen nicht durchsucht. So kam ich an die Beweise, einen einzelnen Aktenordner und eine Rolle Film. Ich arrangierte ein Zusammentreffen mit einem FBI-Agenten aus San Francisco, einem Typen namens Sam Polowski. Ich hatte mit ihm bereits ein paarmal telefoniert. Er bot an, sich mit mir in Garberville zu treffen. Wir haben uns auf eine Stelle außerhalb der Stadt geeinigt. Ich fuhr hin in der vollen Erwartung, dass er auftauchen würde. Nun, jemand ist tatsächlich aufgetaucht. Und zwar jemand, der mich im Auto von der Straße gedrängt hat.“ Ermachte eine Pause. „Das war in der Nacht, in der du mich gefunden hast.“
Die Nacht, in der sich mein ganzes Leben verändert hat, dachte sie.
„Du musst mir glauben“, sagte er.
Ihr Instinkt kämpfte gegen ihre Logik. Die Geschichte war nur wenig glaubwürdig, auf halbem Weg zwischen Wahrheit und Fantasie angesiedelt. Aber der Mann wirkte solide wie Stein.
Ermattet nickte sie. „Ich glaube dir, Victor. Vielleicht bin ich verrückt oder nur leicht zu beeinflussen, aber ich glaube dir.“
„Das ist alles, worauf es jetzt ankommt“, versicherte er. „Dass du in deinem Herzen weißt, dass ich die Wahrheit sage.“
„In meinem Herzen?“ Sie schüttelte mit einem Auflachen den Kopf. „Mein Herz war immer ein erbärmlicher Menschenkenner. Nein, ich richte mich danach, dass du mich am Leben erhalten hast. Danach, dass es eine andere Cathy Weaver gibt, die jetzt tot ist.“
Bei der Erinnerung an das Gesicht dieser anderen Frau, das Gesicht in der Zeitung, begann sie plötzlich zu zittern. Alles fügte sich zu der schrecklichen Wahrheit zusammen. Die Schüsse in ihrer Wohnung, die andere tote Cathy. Und Sarah ... die arme Sarah.
Sie rang bebend nach Luft, war den Tränen nahe.
Sie ließ sich von ihm in die Arme nehmen, ließ sich neben ihm auf das Bett ziehen. Er murmelte sanfte, tröstende Worte an ihrem Haar, schaltete das Licht aus. In
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