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Das Geheimnis am goldenen Fluß

Titel: Das Geheimnis am goldenen Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Canter Mark
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Blick über das endlose Hochplateau schweifen. Es hatte dieselbe Form wie die Plateaus der nahezu senkrecht aufragenden Tafelberge in den Wüsten im Südwesten der USA, jedoch in weit größerem Maßstab. Die Tafelberge im Monument Valley in Arizona und Utah ragten bis zu dreihundertfünfzig Meter in die Höhe; die Tepuia am Amazonasbecken waren zehnmal so hoch und stießen tief in die Wolkendecke hinein, unter der sich das smaragdfarbene Dach des Regenwalds verbarg.
    Mehr als einhundert Tepuis, die Hälfte davon völlig unerforscht, lagen verstreut über ein riesiges Gebiet, das sich aus dem Südosten Venezuelas bis weit über die Grenze nach Guyana erstreckte. Nur die tiefen Gräben der Weltmeere waren von weniger Menschen aufgesucht worden als diese entlegenen, unbezwingbaren Dschungelberge. Und aufgrund seiner äonenlangen Isolation besaß jedes Tepui ein einzigartiges Ökosystem, dessen Fauna und Flora auf keinem anderen Tepui und an keinem anderen Ort der Erde existierte.
    Wegen des strömenden Regens kniff Mason die Augen zusammen. In alle Richtungen ragten zerklüftete Sandsteinfelsen auf, einige groß wie Blockhütten, andere gigantisch wie Kathedralen. Die Felsen glichen organischen Skulpturen, von Winden geformt, die zwei Milliarden Jahre lang ihre Oberfläche zurechtgeschliffen hatten.
    Er und Tree kauerten im Schutz eines moosbewachsenen, rot schimmernden Felsblocks mit ovalen Löchern auf der Oberseite und einer bogenförmigen Ausbuchtung am Boden. Sie kauerten an einem Felsblock, der vom Grund des pazifischen Ozeans emporgedrückt worden war, bevor in ihm die ersten Trilobiten geschwommen waren. Silberflechten, unterbrochen von knorrigen grünen Luftwurzeln, überzogen den Felsen wie Graffiti. Dornengräser und Epiphyten mit rubinroten Stängeln sprossen aus jedem Flecken der Kieserde, auf der sie kauerten.
    Mason überdachte ihre Lage. Die Blutung in Trees zerschmetterter Hand war gestillt, daher galt die erste medizinische Sorge seiner ausgekugelten Schulter. Er hatte sich ein Loch in die linke Wange gebissen, und die klaffende, geschwollene Wunde fühlte sich für seine Zunge wie rohes Fleisch an, doch das war kein Problem, es sei denn, die Wunde eiterte. Kritischer war, dass sie keinen Verbandskasten hatten, keine Nahrung, kein Trinkwasser, kein Regenzeug, keinen Unterschlupf und nichts, womit man ein Feuer entzünden konnte. Sie waren bis auf die Knochen durchnässt, und die gefühlte Lufttemperatur würde heute Nacht weit unter Null sinken, was ihrer Sorgenliste noch ›Erfrieren‹ hinzufügte. Alle Eventualitäten, durch die sie umkommen konnten, bevor die Bakterien sie erledigten, würden ihre Chance bekommen.
    Unsere einzige Hoffnung ist das Floß.
    »Wir müssen es bis zum Floß schaffen«, sagte Mason. »Wir werden nur langsam vorankommen, aber –«
    »Ich weiß. Wir müssen es bis zum Einbruch der Dunkelheit gefunden haben. Punkt.«
    Das Floß war eine transportierbare biologische Forschungsstation, die wie ein gigantisches, aufpumpbares Rettungsfloß aussah. Es war 1981 von der Halcyon Pharmaceutical Corporation in San Diego entworfen und gebaut und im folgenden Jahr in Einzelteilen nach Canaima, Venezuela, verschifft worden, wo man es zusammengesetzt und aufgepumpt hatte. Der Hubschrauber hatte es auf das Hochplateau geflogen und auf einer Felsgruppe abgesetzt, die es wie auf Säulen aufrecht hielt. Zwei venezolanische Mitglieder des Teams, Domingo ›Domino‹ Cruz, ein Zoologe, und Lynda Loyola, eine Entomologin, waren beim Floß geblieben, während der Hubschrauber zur Basis nach Canaima zurückgeflogen war, um den Rest der Wissenschaftler zu holen.
    Zusätzlich zu dem hochmodernen Biologielabor war das Floß mit Funkgeräten, Schlafkojen, Verpflegung, Kleidung und genügend Medikamenten und medizinischen Geräten ausgestattet, um beinahe jede Notlage zu meistern, in die ein siebenköpfiges Forscherteam während eines viermonatigen Feldprojekts geraten konnte. Das Floß besaß sogar einen Heißluftballon für kurze Hüpfer zu anderen Bergregionen, um auch die dortigen Mikroklimate und Ökosysteme studieren zu können.
    Die Aufgabe des Forscherteams bestand darin, ungewöhnliche Spezies zu sammeln und zu analysieren, um bisher unbekannte organische Stoffe zu entdecken, die sich für die Herstellung von neuartigen Arzneimitteln eigneten. Kurz vor Einsetzen der ununterbrochenen Regenfälle im Winter sollte das Floß vom Hubschrauber zur Basis und später auf ein anderes Tepui geflogen

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