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Das Geheimnis der Äbtissin

Das Geheimnis der Äbtissin

Titel: Das Geheimnis der Äbtissin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marie Jakob
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waren vom vielen Wein und dass ohnehin bald die ersten an den Tischen schnarchen würden.
    Am nächsten Morgen weckte sie das Horn des Turmwächters. Beringar lag neben ihr. Seine kleine Hand umklammerte den Zipfel der Decke, an dem er im Schlaf nuckelte. Katharina hatte an Ludwigs Bett gewacht und war schon auf den Beinen. Sie schleppte eine Schüssel Wasser heran und wusch den immer noch reglos liegenden Jungen.
    »Geht es ihm besser?«, fragte Judith mit banger Stimme.
    »Das musst du diesen Mauren fragen, an dem dein Vater anscheinend einen Narren gefressen hat.« In Katharinas Worten lagen Sorge und Verachtung dicht beieinander.
    »Warum magst du ihn nicht? Ohne ihn würde das Bein vielleicht nie wieder gesund.« Judith war irritiert. Sie kletterte über ihren kleinen Bruder hinweg aus dem Bett und wickelte sich in ihren Umhang.
    »Was nützt ein heiles Bein, wenn er nicht wieder aufwacht? Hätten wir die weise Frau vom Straußberg geholt, die hätte ganz bestimmt dafür gesorgt, dass er …«
    »Kann sie zaubern, die weise Frau?« Eine ruhige Stimme fiel der Amme ins Wort. Judith und Katharina fuhren herum. Silas stand hinter ihnen. Er hatte die dunkle Holzkiste dabei, aus der er am Tag zuvor die Salbentöpfchen genommen hatte. Ohne auf eine Antwort zu warten, trat er an Ludwigs Bett. Er legte ihm die Hand auf die Stirn und nickte zufrieden.
    »Kein Fieber.«
    Katharina drehte sich abrupt, als wollte sie ihm in den Arm fallen, dann blieb sie resigniert stehen.
    Unbeeindruckt klappte er die Kiste auf und nahm ein Fläschchen heraus. Daraus träufelte er einige Tropfen einer öligen Flüssigkeit auf ein Tuch, das er Ludwig unter die Nase hielt. Ein scharfer Duft nach Minze erfüllte den Raum. Judith hörte, wie Katharina irgendwas von Teufelszeug murmelte, doch sie sah auch, dass ihr Bruder die Augen aufschlug.
    Ein staunender und verwirrter Ausdruck lag im Gesicht des Jungen, sein Blick hing gebannt an den fremden Zügen des Mauren. Der winkte Judith heran.
    Sie griff nach Ludwigs Hand. »Wie geht es dir? Hast du Schmerzen?«
    Sein Blick ließ nicht von Silas. »Nein. Wer ist das?«
    Der Maure antwortete selbst. »Ich bin der Arzt des Kaisers. Ihr seid eine Treppe hinuntergestürzt, ich habe Euch das Bein geschient, damit der Knochen wieder zusammenwächst. Jetzt überlegt noch einmal genau. Habt Ihr wirklich keine Schmerzen?«
    »Im Kopf ein bisschen.« Ludwig wollte sich aufrichten, aber Silas hielt ihn an den Schultern fest.
    »Nein, junger Herr. Euer Kopf braucht Ruhe, und das Bein will geschont werden. Sicher wird Euer Vater bald nach Euch sehen.«
    »Vater! Er ist wieder da?« Die Augen des Jungen leuchteten auf.
    Als Silas den Verband entfernte, um den Zustand der Wunde zu prüfen, stand Judith wie selbstverständlich daneben und reichte ihm das Salbentöpfchen.
    »Seht, die Wundränder sind blass, das verkrustete Blut ist schwarz und trocken. Das sind gute Zeichen, nichts deutet auf Fäulnis oder den Brand. Trotzdem werden wir jeden Tag kontrollieren und die Salbe auftragen.«
    Es gefiel ihr außerordentlich, dass er »wir« gesagt hatte. »Was enthält diese Salbe?«, fragte sie und steckte ihre Nase in das Töpfchen, um sich den leicht muffigen Geruch einzuprägen.
    »Vor allem die Wurzeln eines Krautes, das in meiner Heimat Hundszunge genannt wird. Seine Blätter erinnern an die Zunge eines hechelnden Hundes. Es lässt keine Wundfäule zu. Ihr könnt Eurem Bruder auch einen Tee aus diesen Blättern bereiten. Er beschleunigt das Zusammenwachsen der Knochen.«
    Mit Feuereifer machte sie sich an die Arbeit. Silas zeigte ihr, wie man die getrocknete Pflanze mit einem Mörser fein zerstieß und wie viel von dem Pulver in einem Becher mit kochendem Wasser gebrüht werden musste.
    Als Graf Ludwig nach der Prim in die Kemenate trat, um nach seinem Sohn zu schauen, fand er Silas und Judith über eine Sammlung Leinensäckchen gebeugt. Sie hatte vor Aufregung rote Wangen und berichtete ihrem Vater stolz von dem guten Zustand der Wunde.
    »Wir versorgen sie mit Hundszunge, Vater. So kann sie nicht brandig werden.«
    Die Stirn des Grafen legte sich in Falten. »Hundezunge? Was ist das für ein Teufelszeug?«
    »Ganz richtig!«, meldete sich Katharina aus der Ecke, in die sie sich entrüstet mit Beringar zurückgezogen hatte. »Es wird Zeit, dass hier Einhalt geboten wird!«
    Ludwig kam seiner Schwester zu Hilfe. »Vater, sie hat einen Tee gemacht, der meinen Knochen zusammenwachsen lässt.« Etwas leiser fügte

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