Das Geheimnis der Burggräfin - Roman
des Klosters, und nicht ich forderte die Privilegien zurück, sondern der König«, erklärte Bandolf scharf.
»Gewiss, gewiss.«
Gereizt verdrehte der Burggraf die Augen. Allmählich war er es leid, die Aufträge seines jungen Herrschers ständig zu rechtfertigen, und während er sich einen Löffel des unansehnlichen Breis in den Mund schob, dachte er an den vor Zorn erstarrten Abt von Sankt Mauritius, nachdem einer seiner Mönche den Brief des Königs an ihn vorgelesen hatte.
Bandolfs Miene verfinsterte sich noch mehr, als der saure Geschmack essiggetränkter Linsen seine Eingeweide zusammenzog. Er warf Ingild einen verärgerten Blick zu, den die Magd jedoch nicht zu bemerken schien. Am Morgen hatte er ihr gesagt, eine Spur mehr Würze würde ihren Mahlzeiten gewiss nicht schaden, und nun hatte sie seine Missachtung ihrer Kochkünste offenbar mit einem tiefen Griff ins Essigfass gerächt.
Während Bandolf mit Abscheu in seine Schüssel starrte und wehmütig an die schmackhaften Eintöpfe dachte, die seine Gattin und ihre Magd zu zaubern verstanden, überfiel
ihn unversehens tiefe Sehnsucht nach seinem Weib und seinem Heim.
Er seufzte schwer.
Trotz ihrer heftigen Einwände hatte Bandolf seine Gemahlin in Worms zurückgelassen.
»Aber ich bin nur schwanger, nicht siech«, hatte Matthäa empört widersprochen, als er ihr erklärte, dass er ohne sie nach Sachsen aufbrechen würde.
»Eine solche Reise ist unsicher, mein Herz. Wegelagerer und alles mögliche Gesindel treiben auf den Straßen des Königs ihr Unwesen. Die Burg im Harudengau ist zudem noch im Bau befindlich, da stünden Euch weder Palas noch Kemenate zur Verfügung. Und ringsherum gibt es nichts weiter als düstere Wälder. Ganz abgesehen davon wollt Ihr unseren Sohn doch auch gewiss nicht ohne den Beistand der Heilerin zur Welt bringen?«
Matthäa hatte ihm ein nachsichtiges Lächeln geschenkt und mit einem Blick aus ihren schönen, rehbraunen Augen bedacht, der seinen Entschluss gefährlich ins Wanken brachte.
»Das schreckt mich nicht, glaubt mir. Ihr macht Euch viel zu viele Gedanken. Nicht einmal die Kaiserin Agnes hat gezögert, ihren Gatten über die Alpen zu begleiten, als sie schwanger war. Wie sollte ich mir da über ein paar Unbequemlichkeiten den Kopf zerbrechen? Und was den Beistand betrifft: nun, ich habe Garsende gefragt. Sie wäre bereit, uns nach Sachsen zu begleiten.«
›So ein verflixtes Weibsbild‹, hatte Bandolf im Stillen geflucht, war er doch davon überzeugt gewesen, dass Garsende die Erste wäre, seiner Gattin eine solche Reise in ihrem Zustand auszureden.
»Macht doch kein so bärbeißiges Gesicht«, hatte Matthäa gelacht. »Ich versichere Euch, Eurem Sohn und mir
wird nichts geschehen.« Und mit einem Kuss, den sie auf seine bärtige Wange hauchte, hatte sie ihn stehen lassen.
Solange sie die Heilerin an ihrer Seite wüsste, würde er Matthäa die Reise nur schwer ausreden können, zumal er auch nicht die geringste Lust verspürte, sein Weib mit einem strengen Befehl zu kränken. Widerstrebend beschloss er, Garsende aufzusuchen.
Bandolf traf die Heilerin beim Anrühren einer ihrer streng riechenden Pasten an.
»Wie konntest du mir nur derart in den Rücken fallen«, fuhr er sie an, kaum, dass er ihre Hütte betreten hatte.
Garsende begrüßte ihn mit einem Seufzen. »Womit habe ich mir denn dieses Mal Euren Unmut zugezogen?«
»Matthäa besteht darauf, mich ins Sächsische zu begleiten«, fauchte er. »Und anstatt ihr die Flausen auszureden, bestärkst du sie auch noch darin.«
Erstaunt hob Garsende die Brauen. »Ihr messt mir zu viel Ehre bei, wenn Ihr glaubt, ich könne Eurer Gattin irgendetwas ein- oder ausreden.«
Bandolf warf ihr einen raschen Blick zu. Die hochgewachsene Gestalt der Heilerin steckte in einem schlichten Gewand, und der dicke, braune Zopf, der ihr über den Rücken bis zur Hüfte fiel, schien ihre Größe noch zu unterstreichen. Ein lebhaftes Lächeln pflegte Garsendes herbe Züge ansprechender zu machen, doch seit den Ereignissen im Frühjahr schien dieses Lächeln selten geworden zu sein.
Nachdenklich betrachtete Bandolf ihr schmales Gesicht. Er hatte nur mehr eine vage Erinnerung daran, was in jener Hütte geschehen war, aber bisher hatte sich nie die rechte Gelegenheit geboten, sie danach zu fragen. Für einen Moment überlegte er, ob er sich jetzt danach erkundigen sollte, doch sie fuhr bereits fort:
»Ich habe der Burggräfin wohl die Beschwerlichkeiten einer solchen Reise
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