Das Geheimnis der Burggräfin - Roman
vor Augen geführt. Aber wie es scheint, ist sie gewillt, die Unbequemlichkeiten auf sich zu nehmen. «
»Matthäa hat bereits ein Kind verloren«, brummte Bandolf. »Soll es ihr wieder so ergehen?«
»Ein heftiger Sturz von der Treppe ist etwas ganz anderes als eine Reise. Noch dazu im Frühsommer.« Garsende runzelte die Stirn, und mit einem Mal sah er sich mit einem scharfen Blick bedacht. »Frauen haben ihre Männer zu allen Zeiten auf Reisen begleitet. Warum seid Ihr so beunruhigt? Da ist doch noch mehr, das Ihr befürchtet?«
Unschlüssig, was er ihr antworten sollte, ließ Bandolf seinen Blick über Töpfe, Tiegel, Krüge und die unzähligen Kräuterbündel wandern, die jeden freien Winkel in der Hütte zierten.
Er seufzte. Garsende würde ja doch keine Ruhe geben, ehe er ihr eine befriedigende Erklärung gegeben hatte. Mit einiger Mühe schob er seinen großen, stämmigen Körper auf die Bank hinter dem mit allerlei Grünzeug überladenen Tisch.
»Die Lage in Sachsen ist angespannt, um nicht zu sagen, feindselig«, sagte er endlich.
Schweigend nahm Garsende ihm gegenüber Platz.
»König Heinrich ist in Schwierigkeiten«, fuhr er fort. »Seit seine Mutter, Kaiserin Agnes, und später dann die Erzbischöfe Anno von Köln und Adalbert von Bremen in der Zeit ihrer Vormundschaft über den König seine Krongüter mit vollen Händen an die Fürsten verteilt haben, mangelt es dem König an Einkünften. Noch bevor er gestürzt wurde, verfiel Erzbischof Adalbert von Bremen auf den Gedanken, Heinrich könne seine Krongüter in Sachsen zurückfordern, um diesen Mangel zu beheben.«
»Das verstehe ich nicht«, unterbrach ihn Garsende. »Warum muss der König sie zurückfordern? Gehören sie ihm denn nicht?«
Der Burggraf verzog das Gesicht.
»Die Ländereien haben einst den Liudolfingern gehört, dem sächsischen Herrschergeschlecht der Ottonen«, erklärte er. »Als der letzte Kaiser aus dieser Sippe ohne direkten männlichen Nachkommen starb, wurde ein Salier zum König gewählt: Konrad II. aus fränkischem Geschlecht. Nach seiner Wahl forderte Konrad auch die Ländereien des letzten ottonischen Kaisers in Sachsen als sein Krongut ein. Er war der Ansicht, dass er als Erbe der Krone auch rechtmäßiger Erbe jener Ländereien sei. Die sächsischen Edlen, namentlich Verwandte der Ottonen, waren jedoch anderer Meinung und beanspruchten die Ländereien für sich.«
Für einen Augenblick hielt er inne und strich sich nachdenklich über den Bart. »Konrads Lage dazumal war verzwickt«, sagte er schließlich. »Die Sachsen taten sich ohnehin schwer damit, einen fränkischen Salier als König anzuerkennen. Hinzu kam, dass in jener Zeit auch Rudolf III., der König von Burgund, starb. Auch ohne direkten Nachkommen. Und König Rudolf von Burgund übergab seine Krone dem fränkischen Reich, in Gestalt Kaiser Konrads II. Auch Rudolfs Sippschaft war mit diesem Schritt keineswegs einverstanden und machte Konrad die Krone von Burgund mit Waffengewalt streitig. Konrad war damit beschäftigt, seinen Anspruch in Burgund durchzusetzen, und konnte es sich nicht leisten, sich auch noch durch eine Auseinandersetzung mit dem sächsischen Adel zu verzetteln. Also vernachlässigte er das sächsische Krongut, und sein Nachfolger, König Heinrichs Vater, tat es ihm gleich.«
Fragend sah er Garsende an. »Hast Du das verstanden?«
»Die Sachsen mochten das Krongut nicht hergeben, das
der fränkische Konrad von seinem sächsischen Vorgänger geerbt hatte«, wiederholte sie gehorsam.
Für einen Augenblick runzelte er verdutzt die Stirn.
Garsende lachte nun doch. »Himmel, Burggraf, was gäbe es daran nicht zu verstehen?«
»Schön«, brummte er. »Da also kein salischer König das Krongut in Sachsen je mit dem nötigen Nachdruck eingefordert hat, haben sich im Lauf der Zeit die dort ansässigen Edlen auf dem Königsland breitgemacht. Und sind nun ausgesprochen unwillig, es wieder herauszugeben. König Heinrich kann jedoch nicht auf die Einkünfte aus diesen Ländereien verzichten. Also hat er beschlossen, seinem Anspruch Nachdruck zu verleihen, indem er Burgen auf den königlichen Ländereien erbauen lässt. Was wiederum nicht nur den sächsischen Adel, sondern auch das Bauernvolk gegen König Heinrich aufbringt.«
Garsende runzelte die Stirn. »Bliebe es denn für einen Bauern nicht gleich, wem er nun seine Fron zu leisten hat, dem König oder dem sächsischen Edlen?«, wollte sie wissen.
»Wenn es so einfach wäre, befände ich
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