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Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Das Geheimnis der Burggräfin - Roman

Titel: Das Geheimnis der Burggräfin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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Höhle!
    Für einen Moment fühlte sich Prosperius wie gelähmt, aber als der erste Mönch über den Rand der Mulde kletterte, sprang er wie von einer Biene gestochen auf und stürzte in die dunkle Felsenkammer zurück.
    Hektisch sah er sich um, und sein Herz begann wild zu pochen, als er nirgendwo ein Versteck entdecken konnte. Er musste es mit dem finsteren Gang zur Klause versuchen und konnte nur hoffen, dass er sich in der Dunkelheit nicht den Hals brechen würde. Zeit, um jene Öllampe zu suchen und anzuzünden, blieb ihm jedenfalls keine. Prosperius hörte, wie sich die Mönche am Verschlag zu schaffen machten, als er den Gang erreicht hatte und schaudernd in die Schwärze eintauchte.
    Der Gang stieg an. Obwohl von Menschenhand verbreitert, war der Boden uneben, und schon nach wenigen Schritten stolperte er. Im vergeblichen Versuch, sich abzufangen, schürfte er sich die Hände an der scharfkantigen Felswand auf und schlug hart auf die Knie. Sein schmerzerfülltes Keuchen dröhnte in seinen Ohren und klang so laut wie hinter ihm die Stimmen der Mönche. Offenbar hatten sie die Lampe gefunden und taten sich nun schwer
damit, sie anzuzünden. Ihr ungeduldiges Schimpfen schien an den Wänden der Felskammer abzuprallen und drang als Echo in den Gang.
    Mit einem mühsam unterdrückten Stöhnen versuchte Prosperius sich aufzurichten, doch seine Hände brannten wie die Hölle, und seine zerschundenen Knie versagten ihm den Dienst. Leise ächzend sackte er zusammen.
    Ach, warum hatte er nur zugelassen, dass der Burggraf ihn aus Worms wegzerrte? Er hätte sich lieber selbst ein Bein brechen sollen, dann hätte sein Herr ihn zurücklassen müssen, und er wäre jetzt sicher in der Stadt.
    In seiner Verzweiflung schickte er ein inbrünstiges Gebet an die heilige Liutbirg, auf dass die Mönche es nicht zuwege brächten, die Lampe anzuzünden, oder sie sie zur Umkehr bewegen möge. Doch die Heilige schien just anderweitig beschäftigt und erhörte ihn nicht. Ein freudiges »Heureka« klang hinter ihm auf. Offenbar war es den Mönchen gelungen, der Lampe ein Flämmchen zu entlocken. Tränen des Jammers rollten Prosperius über die Wangen, als er sich aufrappelte. Der Boden schien ihm zu uneben, um sich aufrecht vorwärtszutasten, und so kroch er, der Pein in Händen und Knien zum Trotz, auf allen Vieren weiter. Dass der Gang alsbald in Liutbirgs Klause einmünden müsste, wo es Nischen und Pfeiler, Spalten und Ecken gab, hinter denen man sich verbergen konnte, tröstete ihn nur wenig, doch war der Gedanke daran zumindest ein Hoffnungsschimmer.
    Einst hatte die heilige Liutbirg hier in der Einsamkeit der Höhle Gott gedient, hieß es im Volksmund. Später war die Klause dem Reichsstift in Quedlinburg übergeben worden, das sie dem Erzengel Michael geweiht hatte. Im Gedächtnis der Haruden war die Höhle jedoch unauslöschlich mit Liutbirg verbunden, und wenn ein Pilger sich hierher
verirrte, richtete er seine Gebete an jene Heilige, die unvergessen geblieben war.
     
    »Bruder Adelbald!«
    Der Ruf hallte gedämpft und eigentümlich verzerrt zwischen den hohen Wänden des Gangs und veranlasste Prosperius, schneller voranzukriechen. Fetzen eines ärgerlichen Gedankenaustauschs klangen hinter ihm auf.
    »… ist nicht hier, wie ich vermutet …«
    »… könnten wir jetzt bereits im Kloster …«
    »… aber vielleicht verletzt und wir …«
    Plötzlich glitt die Ahnung eines Lichtschimmers über Prosperius hinweg. Erschrocken hielt er den Atem an. Der schwache Schein verschwand so rasch, wie er gekommen war, doch er hatte ausgereicht, um ihm zu zeigen, dass der Gang sich nur ein paar Schritte vor ihm verbreiterte. Erleichtert holte Prosperius Luft und richtete sich schwankend auf. Der Schmerz, der in seinen aufgeschürften Händen und den lädierten Knien pochte, trieb ihm erneut die Tränen in die Augen, doch dieses Mal biss er die Zähne zusammen und blieb aufrecht. Vorsichtig tastete er sich an der Wand entlang.
    »Bruder Adelbald!«
    »Hörst du uns?«
    Stimmen und Schritte schienen dicht hinter ihm zu sein, und die Wand bekam sichtbare Konturen.
    ›Adelbald ist nicht hier, sonst hätte er doch schon längst geantwortet. Was ist das überhaupt für ein absurder Gedanke, den Bruder ausgerechnet in einer finsteren Höhle zu suchen?‹, haderte Prosperius im Stillen mit seinen Verfolgern, während er rasch einen Blick zurückwarf.
    Außer dem Lichtschimmer ihrer Lampe war von den Mönchen noch nichts zu sehen.

    Unvermittelt

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