Das Geheimnis der Goldmine
lebt im Ausland.«
»Sind beide Söhne verheiratet?«
»Ja. Mr Percival ist seit drei Jahren verheiratet. Er und seine Frau leben in einer abgetrennten Wohnung im Haus Zur Eibe, werden aber bald ihr eigenes Haus in Baydon Heath beziehen.«
»Und Mrs Percival Fortescue konnten Sie auch nicht erreichen?«
»Sie war nach London gefahren.« Miss Griffith fuhr fort: »Mr Lancelot hat vor weniger als einem Jahr geheiratet. Die Witwe von Lord Frederick Anstice, vielleicht haben Sie Fotos von ihr gesehen. Im Tatler – mit Pferden, wissen Sie. Am Rennen.«
Miss Griffith klang etwas atemlos, ihre Wangen waren leicht gerötet. Neele, der menschliche Regungen schnell erfasste, sah, dass diese Verbindung sowohl den Snob wie die Romantikerin in Miss Griffith anrührte. Adel war für sie nun mal Adel, und die Tatsache, dass der verstorbene Lord Frederick Anstice in Sportkreisen einen recht üblen Ruf genossen hatte, war ihr wohl nicht bekannt. Freddie Anstice hatte sich erschossen, kurz bevor die Rennleitung eine Untersuchung eines seiner Pferde angeordnet hatte. Neele erinnerte sich dunkel an seine Frau. Sie war die Tochter eines irischen Adligen und zuvor mit einem Flieger verheiratet gewesen, der in der Luftschlacht um England gefallen war. Und jetzt war sie also mit dem schwarzen Schaf der Familie Fortescue verheiratet. Denn Neele nahm an, dass das Zerwürfnis, das Miss Griffith so diskret erwähnt hatte, auf einen unrühmlichen Zwischenfall in der Vergangenheit des jungen Mr Lancelot zurückzuführen war.
Lancelot Fortescue! Was für ein Name! Und der andere Sohn – Percival? Er hätte zu gerne gewusst, was für ein Mensch die erste Mrs Fortescue gewesen war. Sie hatte jedenfalls einen eigenartigen Geschmack, was Taufnamen anging.
Er zog das Telefon zu sich heran und wählte das Fernamt. Er verlangte Baydon Heath 3400.
Gleich darauf sagte eine Männerstimme: »Baydon Heath 3400.«
»Ich möchte mit Mrs Fortescue oder mit Miss Fortescue sprechen.«
»Bedaure. Sind beide nicht hier.«
Die Stimme schien Inspektor Neele leicht alkoholisiert.
»Sind Sie der Butler?«
»Jawohl.«
»Mr Fortescue ist ernstlich erkrankt.«
»Ich weiß. Man hat bereits angerufen. Aber ich kann nichts machen. Mr Val ist im Norden und Mrs Fortescue ist zum Golf. Mrs Val ist nach London gefahren, aber sie wird zum Dinner zurück sein, und Miss Elaine ist mit den Pfadfinderinnen unterwegs.«
»Ist denn niemand im Haus, mit dem ich über Mr Fortescues Erkrankung sprechen könnte? Es ist wichtig.«
»Nun – ich weiß nicht.« Der Mann zögerte. »Da ist Miss Ramsbottom – aber sie telefoniert nie. Oder Miss Dove – sie ist sozusagen die Haushälterin hier.«
»Dann möchte ich mit Miss Dove sprechen, bitte.«
»Ich werde sie suchen.«
Seine sich entfernenden Schritte waren durchs Telefon zu hören. Inspektor Neele hörte keine sich nähernden Schritte, dafür wenig später eine Frauenstimme.
»Hier spricht Miss Dove.«
Die Stimme war dunkel und ruhig und klar artikuliert. Inspektor Neele machte sich ein positives Bild von Miss Dove.
»Ich muss Ihnen leider mitteilen, Miss Dove, dass Mr Fortescue vor kurzem im St.-Jude’s-Krankenhaus gestorben ist. Er ist in seinem Büro ganz plötzlich erkrankt. Ich muss dringend mit seinen Angehörigen sprechen.«
»Natürlich. Ich hatte keine Ahnung – « Sie brach ab. Ihre Stimme klang angemessen schockiert, nicht mehr. Sie fuhr fort: »Es ist höchst bedauerlich. Sie sollten mit Mr Percival Fortescue sprechen. Er wird alles Nötige veranlassen. Sie können ihn im Midland in Manchester erreichen, oder vielleicht im Grand Hotel in Leicester. Oder versuchen Sie es bei Shearer and Bonds in Leicester. Die Telefonnummer habe ich leider nicht, aber ich weiß, dass er diese Firma besuchen wollte. Vielleicht können die Ihnen sagen, wo er heute erwartet wird. Mrs Fortescue wird bestimmt zum Dinner zurück sein, vielleicht schon zum Tee. Es wird ein furchtbarer Schock für sie sein. Es muss ganz plötzlich gekommen sein. Mr Fortescue fühlte sich vollkommen wohl, als er heute früh das Haus verließ.«
»Haben Sie ihn gesehen, bevor er ging?«
»Oh ja. Was war es – sein Herz?«
»Hatte er Probleme mit dem Herzen?«
»Nein, nein – ich glaube nicht – ich dachte nur, weil es so plötzlich – « Sie brach ab. »Rufen Sie vom Krankenhaus an? Sind Sie Arzt?«
»Nein, Miss Dove, ich bin kein Arzt. Ich rufe von Mr Fortescues Büro an. Ich bin Inspektor Neele von der Kriminalpolizei und ich werde,
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