Das Geheimnis der Goldmine
Tascheninhalt angesehen. Das Übliche – Taschentuch, Schlüssel, Kleingeld, Brieftasche –, aber etwas war wirklich eigenartig: In der rechten Seitentasche hatte er Getreide.«
»Getreide?«
»Ja, Sir.«
»Was meinen Sie mit Getreide – Frühstücksflocken? ›Farmer’s Glory‹ oder ›Wheatifax‹? Oder meinen Sie richtige Körner, Mais oder Hafer?«
»Ja, das meine ich, Sir, richtige Körner. Sah mir nach Roggen aus. Eine ganze Menge.«
»Ich verstehe. Wirklich eigenartig. Könnte natürlich ein Warenmuster sein – etwas, das mit einem Geschäft zu tun hat.«
»Natürlich, Sir. Aber ich dachte, ich erwähne es besser.«
»Ganz richtig, Hay.«
Nachdem Inspektor Neele den Hörer aufgelegt hatte, starrte er ein paar Sekunden vor sich hin. Sein methodischer Verstand schritt von der ersten zur zweiten Phase der Untersuchung vor – vom Verdacht auf Vergiftung zur Gewissheit einer Vergiftung. Professor Bernsdorff mochte seine Vermutung inoffiziell ausgesprochen haben, aber er war nicht der Mann, der sich in seinen Annahmen täuschte. Rex Fortescue war vergiftet worden, und man hatte ihm das Gift vermutlich eine bis drei Stunden vor dem Auftreten der ersten Symptome gegeben. Damit war das Büropersonal wahrscheinlich aus dem Schneider.
Neele stand auf und trat ins Schreibzimmer hinaus. Um den Schein zu wahren, wurde ein bisschen gearbeitet, aber die Schreibmaschinen liefen nicht auf vollen Touren.
»Miss Griffith? Kann ich Sie noch einmal einen Moment sprechen?«
»Natürlich, Mr Neele. Könnten einige der Mädchen wohl jetzt zum Mittagessen gehen? Es ist längst über ihre Zeit. Oder möchten Sie, dass wir uns etwas kommen lassen?«
»Nein, sie können ruhig gehen. Aber sie müssen nachher wieder zurückkommen.«
»Selbstverständlich.«
Miss Griffith folgte Neele zurück ins Chefbüro. Sie setzte sich in ihrer ruhigen, tüchtigen Art. Ohne Umschweife sagte Inspektor Neele: »Das St.-Jude’s-Krankenhaus hat angerufen. Mr Fortescue ist um zwölf Uhr dreiundvierzig gestorben.«
Miss Griffith nahm die Nachricht gefasst auf, schüttelte nur leicht den Kopf: »Ich habe schon befürchtet, dass er sehr krank war.«
Sie schien nicht sonderlich traurig, wie Neele bemerkte.
»Würden Sie mir bitte etwas über sein Heim und seine Familie erzählen?«
»Gewiss. Ich habe bereits versucht, Mrs Fortescue zu erreichen, aber sie scheint beim Golf zu sein. Sie wurde zum Mittagessen nicht zurückerwartet. Man weiß nicht genau, auf welchem Golfplatz sie spielt.« Erklärend fuhr sie fort: »Sie leben in Baydon Heath, wissen Sie, da gibt es drei große Golfplätze.«
Inspektor Neele nickte. In Baydon Heath wohnten fast ausschließlich reiche Geschäftsleute. Die Zugverbindungen waren ausgezeichnet, es lag nur dreißig Kilometer außerhalb Londons und war selbst zur Hauptverkehrszeit morgens und abends relativ leicht zu erreichen.
»Die genaue Adresse, bitte, und die Telefonnummer?«
»Baydon Heath 3400. Das Haus heißt Zur Eibe.«
»Wie bitte?« Die Frage fuhr Inspektor Neele ungewollt scharf heraus. »Sagten Sie Zur Eibe?«
»Ja.«
Miss Griffith sah ihn etwas verwundert an, aber Inspektor Neele hatte sich bereits wieder im Griff.
»Können Sie mir Einzelheiten über die Familie geben?«
»Mrs Fortescue ist seine zweite Frau. Sie ist einiges jünger als er. Sie haben vor ungefähr zwei Jahren geheiratet. Die erste Mrs Fortescue ist vor langer Zeit gestorben. Aus erster Ehe sind zwei Söhne und eine Tochter da. Die Tochter lebt zu Hause, ebenso der älteste Sohn, der Teilhaber der Firma ist. Unglücklicherweise ist er heute auf Geschäftsreise in Nordengland. Er wird morgen zurückerwartet.«
»Wann ist er abgereist?«
»Vorgestern.«
»Haben Sie versucht, ihn zu erreichen?«
»Ja. Nachdem Mr Fortescue ins Krankenhaus eingeliefert wurde, habe ich das Midland Hotel in Manchester angerufen, wo er übernachtet hat, aber er war schon frühmorgens abgereist. Soviel ich weiß, wollte er noch nach Sheffield und Leicester, ich bin aber nicht ganz sicher. Ich kann Ihnen die Namen der Firmen in diesen Städten geben, die er vermutlich besuchen wollte.«
Eine tüchtige Frau, dachte der Inspektor, und wenn sie jemanden umbringen wollte, würde sie das bestimmt auch sehr effizient erledigen. Aber er zwang sich, diese Überlegungen fallen zu lassen und sich mehr auf Mr Fortescues Familienfront zu konzentrieren.
»Sie sagten, es ist noch ein zweiter Sohn da?«
»Ja. Aber er hat sich mit seinem Vater zerstritten und
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