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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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einen letzten Blick auf Marthe, die zu ihm herübersah und ihm ein schwaches, aufmunterndes Lächeln sandte.
    Dann verbannte er jeden anderen Gedanken aus seinem Kopf und konzentrierte sich auf sein Schwert und das seines Gegners, wie es ihn Christian gelehrt hatte.
    Der Markgraf überließ ihm den ersten Hieb und parierte mit aller Wucht. Lukas bekam schnell zu spüren, dass Dietrich ein schneller und starker Kämpfer war. Doch noch konnte er jedem Hieb begegnen oder rechtzeitig ausweichen.
    Bald brach ihm der Schweiß aus, und er begann zu keuchen. Sein Gegner hatte ihm viele Jahre Kampferfahrung und Körperkraft voraus. Tapfer hielt Lukas dagegen, parierte, hieb zu, wich aus, drehte sich, geriet plötzlich in eine fast ausweglose Situation und tauchte in letzter Minute unter dem Schwertarm seines Kontrahenten hindurch.
    Zufrieden lächelnd beendete Dietrich den Kampf. »Gut gemacht, Knappe«, rief er und steckte sein Schwert in die Scheide. »Ich kenne viele Ritter, die mir nicht einmal halb so lange widerstanden hätten.«
    Die Umherstehenden klatschten begeistert Beifall, während Lukas, der immer noch nach Luft japste, ein Stein vom Herzen fiel.
    »Nehmt ihn mit«, rief Dietrich zu Raimund. »Er ist so weit.«
    »Einverstanden«, entgegnete der und fixierte dann den Knappen scharf. »Aber keine eigenmächtigen Heldentaten, hörst du. Du wirst dich genau an meine Anweisungen halten.«
    »Selbstverständlich«, entgegnete Lukas, erfüllt von grimmiger Freude, Randolf seine Grausamkeiten heimzahlen zu können.
     
    Die Männer brachen getrennt auf. Während Markgraf Dietrich und seine Begleiter Randolf zur Jagd abholen würden, wollten sich Raimund und seine Freunde heimlich mit einem Boot der Burg nähern. Sie befürchteten nach Marthes Schreckensbildern, dass Christian – falls er überhaupt noch am Leben war – nicht mehr laufen, geschweige denn reiten konnte. Außerdem würde eine Flucht über Wasser keine Spuren hinterlassen.
    »Gott stehe Euch und Christian bei«, gab ihnen Elisabeth zum Abschied mit auf den Weg.
    Der Markgraf sah sich noch einmal nach Marthe um und entdeckte sie mit schneeweißem Gesicht auf den Platz starrend, auf dem er eben noch mit Lukas den Schwertkampf ausgetragen hatte. Nachdenklich drückte er einem Stallburschen die Zügel seines Rappen in die Hand, obwohl er schon im Begriff war, aufzusitzen, und ging zu ihr.
    »Gibt es noch etwas, was du mir sagen willst?«, fragte er leise.
    Marthe sah ihn an und doch durch ihn hindurch, als wären ihre Gedanken noch in einer Traumwelt. Während des Kampfes hatte sich ihr ein Bild aufgedrängt: ein junger Mann mit den Gesichtszügen des Markgrafen blutüberströmt und regungslos auf einer Turnierwiese.
    Was hatte das zu bedeuten? Dietrichs Sohn, der seit einiger Zeit an Ottos Hof zum Pagen ausgebildet wurde, hatte noch lange nicht das Alter erreicht, in dem er an Turnieren teilnehmen konnte.
    »Ich muss erst darüber nachdenken«, meinte sie schließlich.
    »Möge Gott Euch und die anderen schützen!«

Befreit
     
    »Bedaure, dass deine erste Bewährungsprobe unter Rittern so wenig Ritterliches hat«, sagte Raimund mit prüfendem Blick auf Lukas, während sie zu Randolfs Burg unterwegs waren. »Wir reiten nicht, sondern fahren mit dem Boot, wir fordern nicht zum offenen Kampf, sondern schleichen uns heimlich in die Burg des Gegners.«
    »Das stört mich in dem Fall wenig«, entgegnete Lukas nach kurzem Seitenblick auf Marthe.
    Sie wusste, dass Lukas in Wirklichkeit bereit war, fast jede Regel zu brechen, um Christian aus dem Kerker zu retten, auch wenn er lieber hoch zu Ross losgeprescht wäre, um jeden Gegner mit einem Siegesruf niederzustrecken.
    Was hatte Christian die Einhaltung der ritterlichen Regeln gebracht? Er hatte sich waffenlos seinem schlimmsten Feind ausliefern müssen, galt als tot und geächtet. Vielleicht war er sogar schon tot. Randolf verdiente es nicht, nach den Regeln der Ritterlichkeit behandelt zu werden.
    Die Sommersonne stand hoch und ließ den von Weiden gesäumten Fluss glitzern und funkeln. Doch Marthe konnte die Ruhe und Schönheit der Umgebung nicht genießen. Sie verging fast vor Sorge, während Lukas und Raimund die Mulde flussaufwärts zu einem Versteck in der Nähe von Randolfs Burg ruderten.
    Endlich lenkten die Männer das Boot an das Ufer und verbargen es in einem Gebüsch. Gero und Richard, die vorausgeritten waren, um die Burg zu beobachten, erwarteten sie schon am vereinbarten Treffpunkt. Wie sie

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