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Das Geheimnis der Krähentochter

Das Geheimnis der Krähentochter

Titel: Das Geheimnis der Krähentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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wilder und unwahrer. Von Zeremonien war bald die Rede, von
Teufelsanbetungen und Hexentänzen. Davon, dass unter dem Dach ein böser Geist
lebte, der den Hof beherrschte und die Umgebung mit schrecklichen Flüchen
belegte. Ein Untoter, ein Dämon, was auch immer. Für schlechte Ernten, für
jedes Unwetter machte man den Petersthal-Hof verantwortlich. Den bösen Geist,
der herrschte, und die Hexe, die seine Befehle ausführte, nämlich ich. Niemand
wollte mehr für Vogt arbeiten, niemand mit ihm handeln. Und er tat, was er tun
musste, um den Hof und seine Familie zu schützen.«
    »Was tat er?«
    »Natürlich bekam er es mit der Angst zu tun. Nicht nur wegen der
Leute, die sogar anfingen, ihn zu bedrohen. Ich glaube, letzten Endes war ich
ihm und seiner Familie einfach nicht geheuer. Und ich kann ihn ja sogar
verstehen. Die Vogts verjagten mich vom Hof.«
    »Das glaube ich nicht«, widersprach Bernina, zum ersten Mal
entrüstet.
    »Es gibt keinen Grund, es den Vogts übel zu nehmen. Sie waren
rechtschaffene Menschen. Und es ging immerhin um ihr Weiterleben. Robert hatte
Vogt den Hof überschrieben, und Vogt hatte Robert am Sterbebett versprochen, er
würde auf sein Kind aufpassen, was auch kommen möge.« Sarkastisch setzte sie
hinzu: »Das schloss mich ja nicht ein. Tja, und so trennten sie uns beide
voneinander.«
    »Du hast zugelassen, dass man dir dein Kind wegnimmt?«
    »Vogt und ein paar Knechte überwältigten und fesselten mich. Sie
legten mich auf einen Ochsenkarren und fuhren mich weit fort von hier. In einer
einsamen Gegend nahmen sie mir die Fesseln ab und ließen mich zurück. Mit ein
paar Decken und einem Sack mit Hartwurst und Brot. Sie sagten mir, ich solle
nie wieder auf dem Hof auftauchen.« Die Krähenfrau seufzte auf. »Ich wollte um
dich kämpfen und kam zurück, zu Fuß, den ganzen Weg. Ich beobachtete den Hof,
vor allem dich. Ich machte Pläne, wie ich dich an mich nehmen könnte. Aber
dann …«
    Ihre Stimme verlor sich. Cornix brauchte Zeit, ehe sie schließlich
fortfuhr: »Ich weiß auch nicht, wie ich es erklären soll. Du warst ein so
glückliches kleines Kind, dem es gut ging, das geliebt und umsorgt wurde. Ich
dachte daran, was ich diesem Kind antun würde, wenn ich es entführte. Ich dachte
daran, was ich dir bieten könnte. Nämlich gar nichts. Außerdem gab es da noch
Thadeus von Falkenberg. Ich wusste, dass er immer noch die Gegenden
durchstreifte. Auf der Suche nach Robert. Und ich wusste, dass das Gefahr für
dich bedeuten konnte.«
    »Warum für mich?«
    »Selbst wenn Thadeus irgendwann erfuhr, dass Robert nicht mehr
lebte – so gab es eine Tochter. Er kannte sie, hatte sie selbst gesehen.
Mir wurde klar, dass dieser Mann niemals Ruhe geben würde. Es ging um das Erbe
der von Falkenbergs. Dazu gehören Ländereien, prachtvolle Häuser in
verschiedenen Städten in Baden und Franken. Thadeus wollte alles für sich, um
es irgendwann seinem Sohn vererben zu können.«
    »Sein Sohn ist tot«, erklärte Bernina mit trockener Stimme. In
kurzen Worten schilderte sie Jakob von Falkenbergs Ende. Ohne jedoch alle
Einzelheiten zu offenbaren – dafür war auch später noch Zeit.
    »Dann gibt es von den Falkenbergs nur noch dich, Bernina.«
    »Und dich.«
    »Nein, ich bin schon lange keine Falkenberg mehr. Ich bin die
Krähenfrau.«
    »Wie ist dein richtiger Name?«
    »Du meinst, mein früherer Name.« Cornix lächelte. »Ich hieß
Adelheid. Aber diese Adelheid existiert seit Langem nicht mehr.«
    »Also hast du entschieden, dass ich auf dem Petersthal-Hof
bleiben sollte. Du dachtest, das wäre sicherer für mich. Du hattest Angst um
mich. Angst vor Thadeus.«
    »Und wie ich die hatte. Auf dem Markt von Teichdorf bat ich
Wolfram Vogt unauffällig um ein Gespräch. Erst war er erschrocken und wütend,
mich wiederzusehen. Aber dann willigte er ein. Wir trafen uns nachts, an einer
einsamen Stelle am Waldrand. Ich verlangte von ihm, dass du nicht erfahren
solltest, dass du eine Falkenberg bist. Jedenfalls sehr lange nicht. Ich
dachte, das wäre das Beste für dich. Denn nur so konntest du meiner Meinung
nach ein unbeschwertes Leben führen.«
    »Und Vogt?«
    »Er meinte, das könne man doch nicht machen.« Die Krähenfrau
kicherte. »Also erpresste ich ihn. Ich sagte, wenn er dich als einfache Magd
aufziehen würde, dann würde ich dich für immer in Ruhe lassen. Das machte ich
auch wahr. Aber in all den Jahren, die kamen, behielt ich dich trotzdem stets
im Auge. Ich war in der Nähe des Hofes,

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