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Das Geheimnis der Krähentochter

Das Geheimnis der Krähentochter

Titel: Das Geheimnis der Krähentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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Männer, reiche Männer. Aber sie bedeuteten
mir nichts. Anders allerdings dieser eine Mann. Er hatte blondes Haar und
dunkelbraune Augen. Er hatte eine starke Seite, die ihn zum Erfolg trieb. Eine
glänzende Laufbahn lag vor ihm. Kein Geringerer als der Kaiser wurde auf ihn
aufmerksam. Doch es gab auch eine andere Seite. Eine weichere, künstlerische.
Eine Seite, die ihn von den übrigen Männern unterschied, mit denen er Pläne für
den Krieg entwarf und Armeen aufstellte. Diese Seite offenbarte er nur mir.« In
ihren Augen war auf einmal ein besonderer Glanz. »Wir heirateten, wir bekamen
ein Kind. Ich hielt die Geister und Dämonen, die meine Gefährten geworden
waren, im Hintergrund. Alles hatte einen so wundervollen Verlauf genommen. Aber
es gab einen Menschen, der uns das missgönnte, der meinen Mann um alles
beneidete. Um den Erfolg, und übrigens auch um mich.«
    »Nämlich sein eigener Bruder«, flüsterte Bernina.
    »Sein eigener Bruder.« Die Krähenfrau nickte vor sich hin.
»Thadeus von Falkenberg. Er verleumdete meinen Mann, ließ es so aussehen, als
wäre er ein Verräter, als würde er das Vertrauen des Kaisers missbrauchen. Hals
über Kopf trat mein geliebter Mann die Flucht an. Es musste so schnell gehen,
dass er mich und unser Kind zurückließ. Ich bestand darauf, dass wir ihn
begleiten sollten, doch er weigerte sich. Er wollte uns nicht der Gefahr einer
Flucht ins Ungewisse aussetzen. Er meinte, für uns bestünde keine Gefahr. Dann
war er fort, und alles, was mir von ihm blieb, waren seine Kleidung, die
Familienchronik der Falkenbergs, an der er schrieb, und die Gemälde und
unzähligen Skizzen, die er angefertigt hatte. Er war ein Künstler, er war ein
Maler. Und er war anders als alle anderen.«
    Sie wurde still. Man sah, wie sich all das in ihrem Kopf
abspielte. Ihre Stimme gewann an Schärfe. »Und wie bereits vor meiner Hochzeit,
so ließ mich Thadeus auch jetzt keinen Schritt mehr allein gehen. Immer hatte
er mich begehrt, doch ich hatte ihn abgewiesen. Schon früher, zu der Zeit, als
er selbst heiratete, hatte er sich nie davon abhalten lassen, mir eindeutige
Botschaften und Aufforderungen zukommen zu lassen. Seine Gattin, eine brave
Frau, ahnte nichts davon. Auch als er einen kleinen Sohn bekam, der noch einige
Jahre vor dir geboren wurde, suchten mich seine Blicke, seine Augen, diese
eiskalten Augen. Seine Frau war bei der Geburt gestorben, und er war ständig in
meiner Nähe. Er bedrängte mich, er war wie mein Schatten, immerzu um mich
herum. Dieser Kerl widerte mich an.«
    Erneut legte sie eine Pause ein, ehe sie fortfuhr. »Nachdem er
meinen Mann vertrieben hatte, wurde er sogar noch dreister. Er schickte mir
Schmuckgeschenke und ließ verkünden, dass wir bald heiraten würden. Und das
alles, während er meinem Mann nachstellte und ihn überall aufzuspüren
versuchte. Natürlich um ihn umzubringen und ihn sich damit endgültig vom Halse
zu schaffen.« Ein kurzes Zischen ihrer Zunge. »Dann erhielt ich eine Nachricht,
auf die ich so gehofft hatte. Von meinem Mann. Er war untergetaucht. An einem
Ort, der ihm gehörte. So flüchtete auch ich, gemeinsam mit unserem Kind.«
    Mit stockendem Atem sagte Bernina: »Ich wusste nicht, dass Thadeus
von Falkenbergs Bruder ein Kind hatte.«
    »Und ob er eines hatte. Ich habe es geboren.« Die schwielige Hand
der Krähenfrau stülpte sich über Berninas Finger. »Du bist dieses Kind.«
    Berninas Stimme war nur ein Hauchen: »Robert von Falkenberg war
also mein Vater.«
    »Du kennst sogar seinen Namen? Ja, Robert von Falkenberg. Wenn du
wüsstest, wie vernarrt er in dich war. Vor seiner Flucht hat er dich ständig
porträtiert. Immer und immer wieder hat er dich skizziert und gemalt. Schon als
Säugling. Später, als du drei und vier warst, hüllte er dich in herrliche
hellblaue Seidengewänder, die Farbe der Falkenbergs. Dein blondes Haar fiel so
schön auf deine himmelblauen Schultern. Einmal, kurz bevor es zum Zerwürfnis
mit seinem Bruder kam, hat er dich sogar gemeinsam mit ihm auf einem Gemälde
verewigt.«
    Bernina ließ ein paar Momente verstreichen, gab sich ganz der
Illusion hin, die Erinnerung an diesen unbekannten Mann könne irgendwann zu ihr
zurückkehren, auch wenn sie damals viel zu klein gewesen war, um ihn sich
einzuprägen. »An jenem Morgen des Überfalls«, sagte sie dann in die entstandene
Stille, »sah ich ein Mädchen in einem hellblauen Kleid. Oder meinte zumindest,
es zu sehen. Ich erzählte dir davon, du erinnerst dich

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