Das Geheimnis der Mangrovenbucht
leichter Nebel stieg vom Meer auf. Es war eine
kalte Nacht.
Als er und Collins schließlich
ins Hotel kamen und in der Bar ein schönes Feuer vorfanden, erschien der Wirt
und verkündete, daß die Herren das Abendessen einnehmen könnten, wann immer sie
mochten. Auf Wrights Frage, von wo aus man ein Ferngespräch anmelden könnte,
stellte Lloyd dem Inspektor sein eigenes Zimmer und Telefon zur Verfügung. Das
Gespräch ging in eine kleine, zweihundert Meilen weit entfernte Stadt; doch die
Vermittlung — von der Wichtigkeit eines Polizeianrufs beeindruckt — stellte die
Verbindung außerordentlich schnell her. Wie gewöhnlich, kam Wright sofort zum
Thema.
»Bist du es, Jim? Gut. Ich
fürchtete schon, du wärest nicht da. Hier ist Wright.«
»Hallo, du Unruhestifter. Hast
du wieder einmal einen Mord an der Hand? Falls ja, ohne mich.«
»Halt die Zügel fest. Übrigens,
wie geht es Knight- at -Arms? Das ist gut. Jetzt hör
zu, Jim. Nur eine Frage. Ich will dich diesmal nicht hineinbringen, ich könnte
dann Mrs. Middleton nicht mehr unter die Augen treten.
Wie geht es ihr?«
»Gut, aber sie ist nicht zu
Hause. Wenn sie es wäre, hätte sie mir unterdessen schon längst den Hörer aus
der Hand gerissen, damit ich mit dir nicht sprechen kann. Aber darauf brauchst
du dir nichts einzubilden. Für Annabel gibt es keine Morde mehr. Sie ist zur
Zeit bei ihrer Mutter. Mr. Wharton hatte eine schlimme Grippe, und die alte
Dame hat keinen Sixpence mehr, weil die Bezahlung für
ihren letzten Bestseller noch immer aussteht. Natürlich kann sie es sich nicht
leisten, einfach nur ihren Mann zu pflegen. Deshalb hat sie Annabel zu sich
geholt. Sarah hat die Kinder genommen, und Annabel ist gestern weggefahren. Ich
bin Strohwitwer.«
»Für mich sehr günstig. Jim,
die Sache ist die. Kannst du mit absoluter Sicherheit feststellen, welche
Hufspuren von welchem Pferd stammen? Ich meine, könntest du mir zum Beispiel
sagen, ob - oder nicht — ein Pferd entlang einer Sumpfebene Spuren hinterlassen
hat?«
»Du liebe Güte, bin ich denn
Sherlock Holmes oder ein Spurensucher? Hör doch bitte mit dem Quatsch auf.
Vielleicht soll ich an den Spuren auch noch die Haare eines Schecken erkennen?«
»Ganz im Ernst, Jim. Davon kann
viel abhängen. Sicher, es handelt sich um Mord. Aber besteht die Möglichkeit,
daß du die Spuren deuten kannst?«
»Weiß ich nicht. Sind sie
deutlich?«
»Ja, und sogar zugedeckt.
Außerdem wird es nicht regnen.«
»Ich kann dir aber nicht
helfen. Unmöglich, etwas zu sagen, ohne sie gesehen zu haben.«
»Jim, könntest du herkommen?
Nur für vierundzwanzig Stunden. Jetzt ist Winter, und du hast nichts zu tun.
Spesen und Benzin natürlich zu unseren Lasten. Wir brauchen einen Fachmann.«
»Ist es denn so wichtig?«
»Sehr wichtig. Es besteht
schließlich die Möglichkeit, daß der Beweis uns auf die Spur des Mörders
hilft.«
»O Gott. Na ja, wenn das so
ist, dann muß ich eben kommen. Aber ich werde vermutlich nicht viel helfen
können. Möglicherweise kann ich sagen, daß die Spuren nicht von einem gewissen Pferd
stammen. Aber das Gegenteil werde ich vermutlich nur schwer behaupten können.«
»Also dieses Risiko gehen wir
ein. Bis morgen dann? Wenn du in der Frühe wegfährst, kannst du nachmittags
hier sein.«
»Ich werd’s versuchen, aber gnade dir Gott, wenn ich Annabel
anrufe und ihr das erzähle.«
8. Kapitel
Es war spät am Morgen, als
Pauline durch ein Klopfen an der Tür aufwachte. Zu ihrer Verwunderung trat
Anthony ein und brachte ihr mit großer Sorgfalt eine ziemlich dickwandige
Küchentasse mit starkem Tee ans Bett. Sie sagte: »Du liebe Güte, was für eine
gute Serviererin Sie doch wären. Keinen einzigen Tropfen in die Untertasse
verschüttet.«
»Schon wieder diese
Bemerkungen. Aber Sie sehen ja aus, als ob Sie einen fürchterlichen Kater
hätten. Sind wohl nicht an Schlaftabletten gewöhnt?«
»Habe noch nie in meinem Leben
eine genommen.«
»Wie entsetzlich altmodisch.
Aber ein starker Tee wird Sie von Ihren Leiden erlösen.«
»Hat Verity gut geschlafen?«
»Nein, sie war um ungefähr zwei
Uhr auf, dann haben wir gemeinsam eine Tasse Tee getrunken. Sie hat keine so
naive Einstellung zu Schlaftabletten wie Sie.«
Während Pauline sich anzog,
überlegte sie, daß Verity eigentlich mit ihrer Meinung über Anthony recht
hatte. Was sie anbetraf, so war er wirklich sehr mitfühlend und
verständnisvoll, und schließlich war das das Wichtigste. Sie fragte sich
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