Das Geheimnis der Mangrovenbucht
mit
vielen Ideen, vielleicht könnte der uns helfen. Er heißt Middleton. Vielleicht
haben Sie schon von ihm gehört?«
Das Gesicht des Sergeanten nahm
seinen gewöhnlichen, mißbilligenden Zug an, und er
sagte unheilverkündend: »Einer dieser Pferderennenanhänger .
Ich habe über ihn in der Zeitung gelesen. Hatte er nicht auch mit einigen Ihrer
Fälle zu tun, Sir?«
Sein Ton ließ klar
durchblicken, was er von jenen Amateuren hielt, die sich in
Polizeiangelegenheiten hineinmischten. Noch mißbilligender aber äußerte er sich über Rennfans . Wright lächelte
ein wenig.
»Ja. Er hat damit zu tun
gehabt. Zuviel sogar, wenn es nach seiner Frau geht. Sie wird einiges zu sagen
haben, wenn ich ihn jetzt schon wieder brauche. Aber ich muß es versuchen.«
Sie plauderten über alles mögliche , während das Boot langsam dahinfuhr und sich
vorsichtig außerhalb der gefährlichen Strömungen hielt. Niemand schien sich um
die in der Kabine unter einem Leinentuch liegende Gestalt zu kümmern, aber das
— so würde Wright sagen — gehörte auch zu ihrem Beruf.
Plötzlich sagte er
nachdenklicher: »Ein merkwürdiger Ort hier. Ich habe mir diese versumpften
Mangrovenbuchten und diese Felsen niemals so scheußlich vorgestellt. Nicht
gerade eine Landschaft, von der man sich vorstellen könnte, daß sie Marshall
gefällt.«
»Ah«, sagte der Sergeant
ziemlich bedeutungsvoll, »vielleicht hatte der junge Bursche einen Grund,
hierherzukommen. Meine Frau sagte, daß Mrs. Holder
das hübscheste Mädchen sei, das sie je gesehen habe. Nicht, daß ich mich so
besonders um das Aussehen eines Menschen kümmerte, das geht nicht tief, die
Seele ist wichtiger.«
»Genau«, antwortete Wright
kurz. Rutherford begann ihn allmählich zu ermüden. Dann wechselte er abrupt das
Thema. »Dieser Bootsschuppen ist ein ekelhafter Platz. Kein Wunder, daß das
Mädchen einen Schock erlitt. Frage mich nur, was sie hier wollte?«
»Sagte, sie wollte die Stadt
verlassen und allein sein — obwohl sie mir nicht gerade diesen Eindruck macht.«
»Der Drang zur Einsamkeit
scheint in der Familie zu liegen. Und als sie herkam, entdeckte sie den anderen
Kerl in der Hütte? Ich frage mich, warum ausgerechnet sie im Bootshaus
übernachten wollte. Der junge Irving scheint nicht gerade ein sehr ritterlicher
Bursche zu sein.«
»Ja, sehr vorlaut und immer zu
unziemlichen Späßen bereit. Seine Version lautet, daß sie einen Streit hatten.
Er hat ja eine ziemlich zynische Art an sich, und das Mädchen scheint etwas
ungeduldig und temperamentvoll zu sein. Ich vermute, daß sie davonrannte, bevor
er sie daran hindern konnte; sie lief zum Bootshaus hinunter, wo sie die Leiche
entdeckte.« Jetzt fuhr sich der Sergeant mehrmals mit dem Daumen über die
Schulter und fügte eingebildet hinzu: »Nicht, daß ich alles glaube, was die
beiden sagen.«
Wright jedoch war geneigt,
jedes Wort davon zu glauben, doch dann lächelte er über seine eigene
Voreingenommenheit. Der Sergeant war ein äußerst zuverlässiger Mann, auch wenn
er unerträglich selbstherrlich war. Er fragte ganz beiläufig: »Übrigens, was
wissen Sie von der Ehefrau? Eine ungewöhnliche Frau? War es eine glückliche
Ehe?«
Rutherford schüttelte langsam
den Kopf. »Es heißt, nein. Die meisten Leute scheinen Mrs. Holder sehr zu mögen und ihn zu hassen; Haß aber ist eine böse Sache und
züchtet Lügen.«
»Aber Sie haben selbst nicht
viel von ihm gehalten?«
»Er war gottlos, ein Lästerer
und ging nie zur Kirche. Er verdiente viel Geld, aber er war stinkgeizig.«
»Klingt nicht gut«, sagte
Wright lakonisch. »Na ja, morgen werden wir alles hören — wer Holder nicht
mochte, wer ihm den Tod gewünscht hat, und so weiter.«
»Ich fürchte, daß es viele
Leute gibt, die das gewünscht haben und die Mordgedanken in ihren Herzen
trugen. Ihm gehörte viel Land und auch Häuser in Willesden ;
und es gab nur wenig Leute, die für ihn ein gutes Wort eingelegt hätten.«
Wright seufzte. Die übliche,
mühsame Geschichte. Niemand hatte den Toten gemocht. Man konnte sich aus vielen
Feinden einen auswählen, und wenn dieser etwas von der Angelegenheit wüßte, so
hätte er zweifellos ein stichhaltiges Alibi bereit — und die anderen ebenfalls.
Die übliche zeitraubende und wenig lohnende Routinearbeit, die üblichen
Hinweise und Anspielungen in der Presse und Anfragen vom Hauptbüro, wieso man
denn zu keinem Ergebnis käme. Er seufzte wieder und zog sich seinen Mantel
enger um die Schultern. Ein
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