Das Geheimnis der Mondsänger
man Edelleute auf Yiktor findet. Der Kampf ist hart.«
»Du – du glaubst, daß du einmal so ein Schiff erringen wirst?«
»Niemand gibt so einen Traum gern auf. Der Mensch strebt wohl bis zu seinem Tod nach irgend etwas.«
In der Nacht hielten wir für ein paar Stunden an. Bei Mondaufgang fuhren wir weiter, doch diesmal sang ich nicht. Man kann die Energie nicht zu lange speichern, und es wäre dumm gewesen, sie vor der Zeit auszustrahlen.
Der Mond stand schon tief, als wir den Paß erreichten. Und wie immer hing dichter Nebel über dem Taleingang. Ich konnte nichts erkennen. Ich hörte, wie sich der Barsk bewegte.
»Wir sind über dem Tal«, sagte ich. »Ruhe dich aus, solange es noch möglich ist.«
»Du fährst hinunter?«
»Ich werde vorsichtig sein.« Ich holte meinen Stab heraus. Der Mond stand noch nicht am Höhepunkt seiner Bahn, aber sein Licht genügte. Ich begann zu singen, und die Kasi machten sich auf den Weg ins Tal.
KRIP VORLUND
17
Als wir in das nebelverhangene Tal hinabfuhren, hielt Maelen den Wagen immer genau in der Mitte der Straße. Ich las in ihren Gedanken, daß die Sicherungen, die das Tal schützten, auch uns zum Verhängnis werden konnten, wenn wir nicht achtgeben. Wir hofften beide, daß sie die Reitergruppe aufgehalten hatten.
Noch eine Sorge nagte in mir. Meine Wunde war tief, vielleicht sogar tödlich. Ich konnte Maelen nicht verteidigen, wenn es zum Kampf kommen sollte.
Ich hatte damals den Tod gesucht, als ich Osokun gefolgt war. Maelens Botschaft hatte mich halb wahnsinnig gemacht. Doch jetzt überwog ein zäher Lebenswille in mir. Der Vorschlag, in der Hülle des Thassa Yrjar aufzusuchen, war nicht schlecht. Die Freien Handelsschiffer hatten einen planetarischen Vertreter in der Stadt. Ich konnte zu Prydo Alcey gehen und ihm meine Lage schildern. Er schickte Kapitän Foss sicher eine Nachricht.
Natürlich gab es noch viele Hindernisse zwischen dem Jetzt und meinen Plänen. Ich sah Maelen an. Sie hatte die Haare schlicht zusammengesteckt, so daß sie wie ein Silberhelm wirkten. Ich konnte ihr Profil beobachten. Sie hatte die Augen halb geschlossen, als konzentrierte sie sich auf innere Dinge. Aber ihr Gesicht war so strahlend, daß es mich ein wenig verwirrte. War es der Mond auf ihrer hellen Haut oder der Widerschein der Macht, welche sie herabrief? Bis dahin hatte ich immer das Menschliche in der Thassa gesehen. Nun kam sie mir fremder vor als die Tiere, mit denen ich Seite an Seite gekämpft hatte.
Mein Kopf schmerzte, und ich legte ihn wieder zwischen die Pfoten. Doch ich sah Maelen immer noch deutlich vor mir.
Je näher wir dem Tal kamen, desto deutlicher spürte ich ein böses Vorgefühl, eine Art Ahnung, daß nicht alles zum Besten stand. Offensichtlich störte es Maelen nicht, denn sie setzte unbeirrt ihren Weg fort.
Mein Bewußtsein schwankte wieder. Ich versank in einer dunklen Leere, die mich erschauern ließ. Und ich konnte nicht sagen, ob die Nebel, die mich umgaben, zur Wirklichkeit gehörten oder ob sie aus meiner Schwäche geboren wurden. Die Reise war endlos. Es war, als befände ich mich in einer Fähre, die hin und her raste und mich doch zu keinem Ziel brachte.
Und dann spürte ich ein neues Pulsieren, das den Rhythmus der Fähre unterbrach. Es war ein Gesang. Und er kam nicht von Maelen, sondern drang aus dem Tal zu uns herauf.
Merkwürdigerweise stärkte mich der Gesang, und ich hob den Kopf und sah Maelen an. Sie hatte den Kopf zurückgeworfen, und der Stab in ihren Händen sprühte. Lichter kamen auf uns zu, silberne Mondlaternen. Und mit den Lichtern wanderte der Gesang. Ich schleppte mich trotz meiner Schmerzen auf den Sitz neben Maelen. Sie bemerkte mich nicht einmal.
Zwei Männer mit Mondlaternen kamen uns entgegen. Ich erkannte die Roben der Priester. Sie gingen schweigend an uns vorbei, ohne Maelen aufzuhalten. Ihre Gesichter waren ausdruckslos, und sie sangen unverständliche Laute.
Meine Nase nahm Brandgeruch wahr, und er war mit dem Gestank von Blut vermischt. Nein, auch das Tal hatte die Angreifer nicht aufhalten können.
Die Kasi fuhren durch das Tor, ohne von Maelen irgendeine Anweisung zu bekommen. Das Portal war zersplittert und rußgeschwärzt. Armbrustbolzen steckten darin.
Wir fuhren in den ersten Tempelhof. Maelen bewegte sich wie im Traum. Sie preßte den Stab gegen die Stirn, und sein Licht erlosch. Darm öffnete sie die Augen.
Ein Priester kam auf uns zu. Er hatte einen Verband um den Kopf und trug einen
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