Das Geheimnis der Mondsänger
einzig verfügbare ist.«
»Nur aus diesem Grund? Oder möchtest du Maquad wieder zum Leben erwecken?«
»Er ist ein für allemal gestorben. Nur seine Hülle lebt weiter.«
»Als Jorth habe ich erfahren, daß die Hülle des Barsks meinen Charakter beeinflußte. Wird das nicht das gleiche sein, wenn ich den Körper nochmals wechsle?«
»Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen.« Ich war am Ende meiner Kräfte. »Aber in Maquads Körper kannst du ungehindert nach Yrjar gehen und eine Botschaft an dein Schiff absenden.«
»Ganz einfach. Ich glaube, zwischen hier und Yrjar herrscht Krieg. Wie sollen wir in die Stadt gelangen?«
»Krip Vorlund, habe ich dir je vorgemacht, daß die Sache einfach sei?«
»Nein«, sagte er. »Und du kannst mir auch keinen neuen Körper versprechen – wenn diejenigen, die in Yim-Sin waren, auch das Tal erreicht haben.«
»Das Tal hat Sicherungen. Vielleicht genügen sie gegen den Feind. Ich habe dir gegeben, was ich konnte, Krip Vorlund. Kein Mensch könnte mehr tun.«
»Ich weiß. Was ist mit dem Kind?«
»Wenn im Tal noch Ruhe herrscht, lasse ich es in Umphras Schutz. Wenn nicht, nehme ich es mit.«
Eine Zeitlang schwieg er, dann sagte er:
»Maelen, was war Maquad für dich?«
Ich war auf die Frage nicht gefaßt, und so kam es, daß ich die Wahrheit sagte.
»Er war der Lebensgefährte meiner Schwester Merlay. Als – als er von uns ging, dachte ich, sie würde ihm folgen. Und auch heute wendet sie ihr Gesicht noch vom Leben ab.«
»Würde dieser Bund wieder in Kraft treten, wenn ich Maquads Gestalt annehme?«
»Nein. Du hast Maquads Körper, aber du bist nicht Maquad. Aber wenn sie dich sieht, akzeptiert sie vielleicht die Wirklichkeit und wendet sich vom Dunkel wieder dem Licht zu.« Da war mein armseliger Wunsch – endlich in Worte gefaßt.
»Würde dein Volk mich als Fremden erkennen?«
Ich mußte lächeln. »Du kannst dich vor den Thassa nicht verbergen. Und ich muß dir noch eines sagen: Sie werden nicht billigen, was wir tun. Ich habe durch den Austausch unsere Gesetze gebrochen. Sie können nicht verhindern, daß ich dir jetzt Maquads Körper gebe, aber ich werde mich dafür verantworten müssen.«
Er stellte mir keine Fragen mehr, und ich war froh darüber. Maquad war ein Sänger zweiten Grades gewesen. Auf der Suche nach höherem Wissen war er getötet worden – in Tiergestalt. Angenommen, ein Rest von Maquads Einfluß steckte noch in seinem Körper? Ich konnte nicht sicher sein, aber vielleicht brachte schon dieser Rest Merlay zurück zu uns.
Ich sah in die Dunkelheit vor uns, aber vor meinem inneren Auge stand Merlays Gesicht. Und dann dachte ich an das Tal. Die Verbrecher, die in Yim-Sin gehaust hatten, mußten den heiligen Ort Umphras jetzt erreicht haben. Ich fuhr langsam dahin, denn ich wollte nicht mit ihnen zusammentreffen.
Wir hielten an einem Bach Mittagsrast.
»Noch kein Zeichen?« fragte der Fremdling, als ich ihm eine Schale mit Wasser brachte.
»Nichts. Nur daß sie den gleichen Weg wie wir nahmen.« Ich hielt ihm eine Handvoll getrocknetes Fleisch hin. Das kleine Mädchen stöhnte. »Du mußt sie wieder einschläfern.«
Ich nahm sie in die Arme und hielt ihr eine Tasse Wasser mit Heilkräutern an die Lippen. Dann drückte ich ihren Kopf an meine Schulter und wiegte sie, bis sie einschlief.
»Maelen, bist du verheiratet? Hast du Kinder?«
Mir kam plötzlich der Gedanke, daß wir während der langen Zeit, die wir gemeinsam verbracht hatten, nie von unserem Privatleben gesprochen hatten.
»Nein. Ich bin Sängerin. Während ich auf dieser Stufe stehe, habe ich keinen Lebensgefährten. Und du, Krip Vorlund? Ich habe gehört, daß die Freien Handelsschiffer auch Familien haben.«
Er erzählte mir vom Leben seines Volkes. Sie nahmen Lebensgefährtinnen, aber erst, wenn sie einen gewissen Rang erreicht hatten. Manchmal geschah es, daß ein Mädchen von einem Planeten einem Handelsschiffer in den Raum folgte, aber nie blieb einer von ihnen wegen einer Frau an Land.
»Ihr seid wie die Thassa«, stellte ich fest. »Ihr habt keine Wurzeln.«
Ich bettete das schlafende Kind bequem auf dem Wagen und spannte die Kasi wieder ein. Während wir wieder auf den Weg zum Tal einbogen, fragte ich Krip Vorlund:
»Was sind eigentlich eure größten Schätze? Edelsteine? Oder irgendwelche seltenen Dinge?«
»Ich glaube, für mich und mein Volk gibt es nur eine Kostbarkeit – ein eigenes Schiff.«
»Und wie viele erreichen das je?«
»So viele etwa, wie
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