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Das Geheimnis der Mondsänger

Das Geheimnis der Mondsänger

Titel: Das Geheimnis der Mondsänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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ich. »Und solange ein Mensch lebt, gibt es eine Zukunft für ihn. Ich schwöre dir bei der Macht des Mondes, daß noch nicht alles verloren ist.«
    Er schwieg. Lange Zeit glaubte ich, daß er mir entglitten war. Doch dann merkte ich, daß er mich verstand. Er wollte mir nur nicht glauben.
    »Was bleibt mir denn noch?« Seine Gedanken waren sehr schwach.
    »Du bekommst für eine Weile einen neuen menschlichen Körper. Damit kannst du unauffällig nach Yrjar gehen. Dann kannst du entweder dein Schiff zurückrufen oder ihm folgen.« Würde er den Vorschlag akzeptieren?
    »Was für einen Körper?«
    Wenigstens brach er den Kontakt nicht ab.
    »Einen, der in den Bergen auf uns wartet.« Hoffentlich sagte ich die Wahrheit. Er sah mir in die Augen.
    »Ich glaube, du – meinst…«
    Die Kraft verließ ihn. Diesmal versagte sein Körper.
    »Ja. Aber du mußt jetzt schlafen. Du bist schwer verwundet.«
    Er legte den Kopf wieder auf die Matte und schlief ein, so sehr hatten ihn die wenigen Worte erschöpft.
    Aber für mich gab es keinen Schlaf. Ich konnte die kleinen Gefährten nicht noch einmal in Gefahr bringen. Ich wollte nie wieder eine tote Simmle in den Armen halten. Weiter vorne führte eine Abzweigung ins Hochland. Ich konnte den Kasi den Befehl einprägen, diesen Weg für einen oder zwei Tage zu gehen. Danach – nun, wenn bis dahin kein Thassa mein Notsignal aufgenommen hatte, konnten die Tiere immer noch frei durch die Wälder streifen. Sie hatten dabei ein gewisses Maß an Sicherheit. Mehr konnte ich nicht für sie tun.
    Es ging nach Plan. Ich sah den beiden Wagen nach, bis sie verschwunden waren, und kehrte dann zu meinem eigenen Gefährt zurück. Jorth lag noch in tiefem Schlaf da. Der Feuerschein am Horizont war schwächer, und ich sah das erste Licht im Osten.

 
16
     
    Wie alle Thassa ziehe ich das Hochland der Ebene mit ihren stickigen Städten vor. Und als der Wagen nun langsam auf Yim-Sin zufuhr, wurde mein Herz etwas leichter.
    Doch ich war auch unruhig. Früher hätte Simmle für mich ausgekundschaftet, was vor uns lag. Jetzt mußte ich mich auf die eigenen Augen und Ohren verlassen.
    Die Sonne stieg höher, doch wir blieben im Schatten der Berge. Ich aß und trank, aber ich sang nicht mehr. Denn die Kraft in mir war fast verbraucht, und es konnte sich so ergeben, daß ich sie plötzlich als Waffe benutzen mußte. Immer noch sah ich am Weg die Spuren der Reitertruppe.
    Der Wind trug Brandgeruch zu mir herunter. Ich wußte nun sicher, was ich in Yim-Sin vorfinden würde.
    Der Rauch stieg immer noch in dünnen Fahnen aus den Aschehaufen. Nur Umphras Tempel hatte das Feuer überdauert. Doch das große Tor hing schief in den Angeln, und ich sah die Spuren von Rammböcken. Ganz schwach hörte ich aus dem Innern ein Weinen. Ich sah mich nicht auf den Straßen um. Der Tod hatte hier gehaust – nicht als Freund.
    Das Weinen war verstummt. Ich betrat den Tempel. Und ich fand ein kleines Mädchen darin, das mich mit leeren Augen ansah und sich nicht wehrte, als ich es auf den Arm nahm und hinaustrug.
    Ich legte sie in den Wagen, ein Stück von Jorth entfernt. Vielleicht verließ der Schock sie und dann sollte sie keine Angst vor dem Barsk haben.
    Ich bin Mondsängerin, und ich habe viel erlebt, bis ich diese Stufe erreichte. Aber was ich in Yim-Sin sah, war so einmalig roh, daß ich zitternd zu meinem Wagen zurückkehrte.
    Die Kasi trotteten weiter. Wie würde es im Tal aussehen? Aber das Tal war von besonderen Mechanismen geschützt. Würden sie die Eindringlinge abhalten?
    Das Mädchen begann zu weinen, und ich wiegte es in den Armen, bis es sich wieder beruhigt hatte. Als ich das Kind zurück in den Wagen legte, hob Jorth den Kopf und sah uns an.
    »Was ist geschehen?«
    Ich erzählte ihm, was ich gesehen hatte, und verschwieg auch nicht, daß der Tod vor uns herlaufen konnte.
    »Weshalb? Und wer?«
    »Ich weiß es auch nicht. Ich kann mir nur vorstellen, daß ein Feind Oskold überfallen will und den Weg durch das Tal als Abkürzung benutzt.«
    »Aber ich dachte, daß das Tal geheiligt sei?«
    »Im Krieg vergißt man die Götter.«
    »Haben die Leute so wenig Achtung vor Umphra?«
    »Ich kann es auch nicht glauben. Es gibt einfach keine Erklärung für dieses Gemetzel.«
    »Und wir gehen weiter ins Tal?«
    »Ich habe dir einen Eid geschworen«, erwiderte ich müde. »Was ich für dich tun kann, werde ich tun. Aber das ist nur im Tal möglich.«
    »Du willst mir Maquads Körper geben. Warum?«
    »Weil er der

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