Das Geheimnis der Rose
aufzutreiben.
Julia stand mit Logan in einer Ecke des Ballsaals, wo sie sich diskret unterhielten, bevor sie sich getrennt unter die Gäste mischen würden. Träge strich sie die Röcke ihres eisblauen Seidenkleides glatt. Es war einfach geschnitten, mit einem tiefen geraden Ausschnitt, der beinahe ihre Schultern entblößte. Abgesehen von den vier blauen Satinbändern, die auf dem Kleid zu ihrer schlanken Taille liefen, bestach die einzige Verzierung des Kleides aus einem feinen Muster aus Satinschnüren und -bändchen am Saum.
Logan sprach dicht an Julias Ohr, während sein aufmerksamer Blick durch den Raum glitt. »Lord Hardington ist reif zum Pflücken. Er mag das Theater und hat eine Schwäche für schöne Frauen. Und am wichtigsten ist, dass er ein Privateinkommen von zehntausend pro Jahr hat. Weshalb besprechen Sie mit ihm nicht die nächste Saison und unseren Bedarf an Förderern?«
Julia lächelte bedauernd, als sie den korpulenten, rotwangigen älteren Herrn betrachtete. Sie sah wieder Logan an, der in seinem schwarzen Abendjackett mit smaragdgrüner Seidenweste und engsitzender cremefarbener Hose sehr eindrucksvoll aussah. Sein Haar glänzte im Licht der Kerzenleuchter wie poliertes Mahagoni. Obwohl jedermann aus gesellschaftlichen Gründen hier war, betrachtete Logan den Abend als Gelegenheit, Geschäfte zu machen. Er würde sein gutes Aussehen und seinen Charme einsetzen, um Gelder für das Capital aufzutreiben – und wie immer würde er erfolgreich sein. Beinahe jeder wollte mit einem Mann zusammen sein, der als einer der größten Künstler galt, die man jemals auf Londons Bühnen gesehen hatte.
Zu Julias Überraschung hatte sie es rasch selbst im Theater zu einiger Popularität gebracht, was ihr eine gesellschaftliche Stellung einbrachte, die für eine Schauspielerin bedeutend war. Sie verfügte über ein großes Einkommen, was ihr erlaubt hatte, sich ein Haus in der Somerset Street zu kaufen, nur ein paar Häuser von ihrer ehemaligen Lehrerin entfernt. Mrs. Florence war stolz auf Julias Erfolg und hieß sie herzlich willkommen, wann immer Julia die Gelegenheit hatte, sie zum Tee und einem langen Schwatz zu besuchen.
Sie wünschte sich jetzt, bei Mrs. Florence zu sein, anstatt ihre Zeit damit zu verschwenden, sich mit Menschen zu unterhalten, die sich selbst für etwas Besseres als sie hielten. »Ich mag diese großen Veranstaltungen nicht«, sagte sie mehr zu sich als zu Logan.
»Das sieht man nicht. Sie bewegen sich zwischen diesen Leuten, als seien Sie dafür geboren.« Müßig strich Logan einen Fussel vom Ärmel. »Sie täten gut daran, Lord Landsdale für uns zu gewinnen – den Kleinen da am Büfett …
Und Lord Russell, der vor kurzem in den Genuss einer ansehnlichen Erbschaft gekommen ist. Ein herzliches Lächeln und ein wenig Ermutigung könnten ihn davon überzeugen, ein Förderer der Kunst zu werden.«
»Ich hoffe, das ist für die nächste Zeit mein letzter Wochenendball. Ich fühle mich unwohl dabei, reichen alten Männern zu schmeicheln – in der Hoffnung, ihnen Geld für das Theater abzuschwatzen. Vielleicht könnten Sie beim nächsten Mal Arlyss oder eine der anderen Schauspielerinnen …«
»Ich will keine von den anderen. Sie sind bei diesen Veranstaltungen ebenso gut wie auf der Bühne. Innerhalb von zwei Jahren haben Sie es zum größten Aktivposten des Capital gebracht – abgesehen von mir natürlich.«
Julia lächelte schelmisch. »Nun, Mr. Scott, wenn Sie mich weiter so loben, bitte ich bald um eine höhere Gage.«
Er schnaubte. »Sie werden keinen Schilling mehr von mir bekommen. Sie sind bereits die bestbezahlte Schauspielerin, die ich kenne.«
Sein finsterer Gesichtsausdruck brachte sie zum Lachen. »Wenn die Leute wüssten, dass der Mann, der mich auf der Bühne so leidenschaftlich umwirbt und mich als Romeo, Benedick und Mark Anton schon tausendmal gewonnen hat –, sich abseits der Bühne nur um Geld und Geschäft kümmert! Sie sind vielleicht für die Damen von London eine romantische Figur, aber Sie haben die Seele eines Bankers, nicht die eines Liebhabers.«
»Gott sei Dank. Jetzt gehen Sie und bezaubern die Herren, die ich Ihnen gezeigt habe – oh, und vergessen Sie den nicht.« Logan nickte zu einem dunkelhaarigen Mann, der in einer kleinen Gruppe ganz in der Nähe stand. »Er kümmerte sich in den letzten Jahren um die Güter und Investitionen seiner Familie. Und so, wie er es tut, wird er eines Tages zu den reichsten Männern Englands
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