Das Geheimnis der Rose
ihre behandschuhten Finger in den seinen. Als er sie an die Lippen führte, bemerkte er, dass sie zitterte.
Fragen rasten ihm durch den Kopf. Hatte sie Angst vor ihm? Weshalb hatte sie allein gestanden? Unbewusst ließ er seine Stimme weicher als sonst klingen, als ob er das misstrauische Wesen vor sich sonst ängstigen könnte. »Kann ich Ihnen behilflich sein, Madam? Ich bin …«
»Ja, ich weiß. Sie sind der Marquis von Savage.« Plötzlich hatte ihr Gesicht sich verändert, und ein freundliches Lächeln lag auf ihren Lippen. Sie zog die Hand zurück, »Mein Impressario, Mr. Scott, wünschte, dass ich Ihre Bekanntschaft mache. Er scheint zu glauben, dass ich in der Lage bin, Sie zu einem Gönner des Capital zu machen.«
Überrascht von ihrer Direktheit, erwiderte Damon ihr Lächeln nicht, als er antwortete: »Sie können es gern versuchen, Mrs. Wentworth. Aber ich verschwende niemals Geld für frivole Zwecke.«
»Frivol? Glauben Sie nicht, dass die Menschen hin und wieder in die Welt des Theaters fliehen müssen? Ein Theaterstück kann dem Publikum Erfahrungen verschaffen, die sich die Zuschauer niemals hätten vorstellen können. Manchmal stellen sie nachher fest, dass sie ihre Gefühle und Meinungen geändert haben, und sie betrachten ihr Leben auf neue Weise … das ist doch wohl kaum frivol, oder?«
Er zuckte die Schultern. »Ich habe kein Bedürfnis zu fliehen.«
»Wirklich nicht?« Sie sah ihn noch aufmerksamer an, wenn das überhaupt möglich war. »Das glaube ich nicht, Mylord …«
»Warum nicht?« Noch keine Frau hatte es jemals gewagt, so offen mit ihm zu sprechen. Zuerst hatte sie gezittert, jetzt forderte sie ihn heraus. Wenn sie von ihm Geld für das Theater haben wollte, war das ein ganz neuer Ansatz, es zu versuchen.
Ihr Hals und ihre Wangen röteten sich, als versuche sie, ein überwältigendes Gefühl zu unterdrücken. »Ich habe noch nie einen Menschen getroffen, der mit seiner Vergangenheit glücklich ist. Es gibt immer etwas, das wir verändern oder vergessen wollen.«
Damon war sehr still und wandte ihr den Kopf zu. Sie schien angespannt und ruhelos wie ein Vogel, der gleich losfliegen möchte. Er musste gegen den Drang ankämpfen, die Hand auszustrecken und sie festzuhalten, damit sie bei ihm blieb. Irgendetwas vibrierte zwischen ihnen … eine flüchtige Erkenntnis, die ihn quälte. »Und Sie?«
murmelte er. »Was möchten Sie gern vergessen?«
Es herrschte ein langes Schweigen. »Einen Ehemann«, flüsterte sie, und ihre Wimpern verdeckten ihre blauen Augen.
Julia wusste nicht, was sie dazu getrieben hatte, so etwas zu sagen. Entsetzt über ihren eigenen Leichtsinn, knickste sie kurz und verschwand in der Menge, bevor er antworten konnte. »Warten Sie …«, glaubte sie ihn sagen zu hören, aber sie hörte nicht auf ihn und floh aus dem Ballsaal.
Damon starrte ihr nach, während die Erinnerung langsam in sein Gehirn drang. Er erinnerte sich an die Maifeier in Warwickshire, das bezaubernde Mädchen, das im Licht der Fackeln getanzt hatte. Sie war Schauspielerin bei einer fahrenden Truppe gewesen, und er hatte sich einen Kuss gestohlen. Es gab keinen Zweifel, dass sie es gewesen war und dass sich seine Vorahnung, sie wiederzutreffen, erfüllt hatte. »Mein Gott«, flüsterte er.
Erstaunt über dieses Glück, starrte Damon auf die Stelle, wo sie vor ihm gestanden hatte. Bevor er seine Sinne wieder beisammen hatte, bemerkte er, dass sich Lady Ashton näherte. Besitzergreifend strich ihre Hand über seinen Ärmel. »Liebling.« Ihr sanftes Schnurren schmeichelte seinem Ohr. »Offensichtlich hast du eine neue Bekanntschaft gemacht. Sie ist weggelaufen, bevor ich bei dir war. Du musst mir sagen, worüber du dich mit Mrs. Wentworth unterhalten hast! Oh, mach nicht so ein Gesicht – du weißt, dass mir nichts entgeht, was du tust. Du hast keine Geheimnisse vor mir, Liebling.«
»Vielleicht doch eins oder zwei«, murmelte er.
Paulines dunkle Augen blickten fragend, und ihre roten Lippen verzogen sich zu einem Schmollen. »Hat sie es auf dich abgesehen?«
»Sie fragte, ob ich in dieser Saison Förderer des Capital werden wolle.«
»Und du hast natürlich abgelehnt.«
»Wieso nimmst du das an?«
»Weil du dich niemals von einem Schilling trennst, wenn es nicht unbedingt notwendig ist.«
»Ich bin dir gegenüber großzügig«, stellte er fest.
»Ja, das ist auch nötig, um meine Zuneigung zu erhalten.«
Damon lachte. »Und das ist es wert«, antwortete er, während
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