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Das Geheimnis der sieben Palmen

Das Geheimnis der sieben Palmen

Titel: Das Geheimnis der sieben Palmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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war ja durch das brusttiefe Wasser gewatet. In welchem Karton, in welcher Kiste sind die Zigaretten? Und wo das Feuerzeug und die Streichhölzer?
    Er warf die nasse Zigarettenschachtel weg und rieb die Handflächen an den Hosenbeinen sauber. Nein! sagte er sich. War es nur eine Laune? Willst du jemals wieder zurück? Wird dich das Paradies verrückt machen, weil es so paradiesisch ist?! Wirst du wirklich einmal, früher oder später, Don Fernando um Hilfe rufen?
    Nie, Phil! Nie! Hier ist deine neue Welt. Die endgültige! Die letzte! Hier bleibst du für immer, auf den »Sieben Palmen«, auf diesem Sandkorn im Meer.
    Und wie wäre es jetzt mit einem Whisky oder Kognak? Als Willkommensgruß: Seid gegrüßt, ihr sieben Palmen! Wie singt in der Oper von Meyerbeer der Vasco da Gama, als er zum erstenmal fremden Boden betritt: »Land, so wunderbar …«
    Er hatte die Melodie der Arie im Kopf, hätte sie singen können. Und dazu die Erinnerung: Wien, Staatsoper, Loge III. Neben ihm Frau Elly, die Gattin eines Hemdenherstellers, dem Hasslers Fabriken die Stoffe lieferten. Der Ehemann war nicht in der Oper; er seufzte unter dem Klima von Hongkong, wo er Seiden einkaufte. Und seine Frau seufzte später auch, als es auch ihr nach dem Opernbesuch zu heiß wurde und sie nackt in Hasslers Armen keuchte: »Ich verbrenne! Ich verbrenne!«
    Land, so wunderbar … Leben, so wunderbar … Liebe, so wunderbar … Einsamkeit, so wunderbar?
    Es gibt keine Blondie mehr, und keine Elly, Gattin des Hofrates Leoneder, und keine Elfie oder Sandra und wie sie alle hießen, die in seinem Notizbuch Seiten gefüllt hatten, manchmal mit der Bemerkung: Beißt beim Orgasmus. Oder: Zerkratzt den Rücken. Oder: Wird hinterher wie ohnmächtig.
    Notizen eines Mannes, der keine Luft mehr bekam im Parfümdunst der Boudoirs.
    Luft!
    Tief atmete er die Salzluft ein, die von dem donnernden Gischt an den Barrieren bis zur Bucht herüberzog. Die Sonne ließ sich Zeit. Das Meer schillerte violett mit goldenen Streifen, und die einzige Wolke am Himmel war eine rote Feder, die langsam den Abend über die Unendlichkeit des Raumes strich.
    Das ist Luft, dachte er. Das Meer, die Felsen, der Himmel und du allein … Welch ein Gefühl!
    Er stand an die Metallkisten gelehnt und hatte trotz aller erhabenen Empfindungen eine höllische Sehnsucht nach einer Zigarette und einem Glas Schnaps.
    Da fiel ihm ein, daß sich in dem kleinen Seesack, den er spöttisch ›Die Speisung der ersten Tage‹ getauft hatte, auch Zigaretten, Streichhölzer und eine flache, mit Leder bezogene Flasche mit Kognak befanden.
    Auch diese Reiseflasche hat ihre Geschichte, dachte er, während er zwischen den Kisten, Kartons, Säcken und Koffern den kleinen grünen Leinenseesack suchte. Die Autofahrt mit Marianne. Auch sie war verheiratet. Die verheirateten Frauen waren immer die tollsten gewesen, die wildesten, die dankbarsten, die bereitesten, die unkompliziertesten. Sie besaßen ihren sicheren Hafen; die Ausflüge in Phils Arme betrachteten sie als Sport, als unverbindliche Unterhaltung, als kleine Erkundungsfahrt in fremde Gewässer. Ihre Rückkehr in den ehelichen Hafen war selbstverständlich, nicht anders als käme man von einer Segelpartie heim.
    Marianne. Ihr Mann war Manager einer ölverarbeitenden Weltfirma. Den Vorderen Orient, die Scheichtümer und die arabische Piratenküste kannte er so gut wie den süßen kleinen Leberfleck unter Mariannes linker Brust. Vierzehn Tage ging es mit ihr wie in einem Wirbelsturm. Man fuhr hinaus ins Bergische Land, an die holländische Küste, lag nackt, mit Sand gepudert, in den Dünen oder frisch gebadet und parfümiert in den Betten romantischer Schloßhotels. Und manchmal hielt man unterwegs an und nahm einen Schluck aus der lederbezogenen flachen Kognakflasche. Marianne war auf Kognak eingeschworen, nach vier Gläschen waren Moral und Selbstbeherrschung auf eine für Phil äußerst reizvolle Art zum Teufel.
    Er fand den kleinen Seesack, steckte sich eine Zigarette an und nahm einen Schluck Kognak. Dann bereute er das, zog den Seesack zu und blickte wieder hinaus aufs Meer. Junge, laß das sein! dachte er. Ich gewöhne mich schon noch daran, allein auf der Welt zu sein. Ich will es ja so.
    Phils erster Weg führte hinauf zu den sieben Palmen. Am Ende der Bucht, vom Meer aus gesehen auf der linken Seite, war der Lavastrom breit ausgeflossen. Hier konnte man die braungrüne Basaltmauer der Steilküste umgehen und auf den Rücken der Insel steigen.

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