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Das Geheimnis der toten Voegel

Das Geheimnis der toten Voegel

Titel: Das Geheimnis der toten Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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Sache halten würde.
    »Herr Dr. Eriksson, es ist wichtig, ich muss mit Ihnen reden«, rief Schwester Agneta vom Flur her. »Wir haben neue Untersuchungsergebnisse!«
    Es dauerte eine Weile, bis Jonatan den Schutzanzug und die Atemmaske abgelegt hatte. Die Kleider, die er darunter getragen hatte, rochen säuerlich nach Schweiß. Jonatan fühlte sich fiebrig, und er hatte etwas Halsschmerzen, wenn er schluckte. Neue Untersuchungsergebnisse. Jetzt waren sie gekommen. Den Gedanken, dass er selbst infiziert sein könnte, hatte er bis hierher verdrängt. Was würde das denn bedeuten? Er wagte nicht, den Gedanken zu Ende zu denken.
    »Wir haben neue Untersuchungsergebnisse«, sagte sie wieder und sah ihm in die Augen. Während der vier Jahre, die sie zusammenarbeiteten, hatte er sie noch nie so nervös gesehen. Er nahm den Papierstapel entgegen, den sie ausgedruckt hatte, und setzte sich an den Schreibtisch. Ein Polizist, Jesper Ek: positiv. Dann die ältere Dame, die mit Cederroth nach Fårö gefahren war: positiv. Der Mann mit dem Herzinfarkt: positiv. Die anderen Brieftaubenbesitzer: sämtliche Befunde positiv. Alle, die zusammen mit Cederroth in der Notaufnahme gewesen waren, waren wundersamerweise nicht infiziert. Reine Hammar: negativ. Als er das nächste Blatt in die Hand nahm, flimmerte es ihm vor den Augen, es war sein eigener Befund. Er las ihn mehrere Male, um sich zu vergewissern, dass er wirklich negativ war, und dann schaute er schnell die restlichen Ergebnisse durch. Vier Leute vom Pflegepersonal, die Berit Hoas versorgt hatten, waren infiziert, eine davon war Schwester Agneta. Er hörte sie hinter seinem Rücken leise weinen.
    »Was geschieht jetzt mit mir? Ich hab solche Angst.«

15
    »Die Vogelgrippe-Epidemie, die auf Gotland ausgebrochen ist, hat nun ihr drittes Todesopfer gefordert, und von weiteren zwölf Personen befürchtet man, dass sie infiziert sein könnten. Wir möchten nochmals die Bevölkerung bitten, bei einem Verdacht auf Infektion nicht in das Krankenhaus von Visby oder in die Ambulanzen zu kommen. Es wird stattdessen einen Hausbesuch des Arztes geben, ein Termin kann über die Hotline der Infektionsklinik gebucht werden. Zudem möchten wir eine Suchanzeige bekanntgeben. In der Nacht zwischen dem 1. und dem 2. Juli wurde eine Frau von etwa dreißig Jahren mit dem Taxi in die Jungmansgatan in Visby gefahren. Die Frau ist mittelgroß und hat langes blondes Haar. Wir müssen dringend Kontakt zu ihr bekommen. Die Seuchenschutzärztin Åsa Gahnström sagt, die Epidemie sei immer noch unter Kontrolle. Sie ist der Meinung, dass es auch in der derzeitigen Situation noch keinen Anlass zur Sorge gibt.«
    »Verdammte Lüge!« Jonatan Eriksson schaltete das Radio aus und schob den Pappteller mit aufgewärmtem Hacksteak und Kartoffelbrei aus der Tüte von sich weg. Er hatte keinen Bissen herunterbekommen. Er stand auf und ließ den Teller mit dem kalten Essen und das Plastikbesteck in den Müllsack fallen, der mit gelbem Klebeband und dem Text »infektiös« gekennzeichnet war. Das Essen schmeckte ihm nicht, wenn die Sorge in seinen Eingeweiden bohrte.
    Das Gespräch mit Reine Hammar am vorvorigen Abend hatte Jonatan nicht die Erkenntnisse gebracht, auf die er gehofft hatte. Zunächst einmal hatte der Kollege schlicht geleugnet, mit einer blonden Frau Taxi gefahren zu sein, und dann widerwillig zugegeben, dass es vielleicht doch so gewesen sei, wenn er es recht bedachte. Nach einem ganzen Abend in der Kneipe erinnere man sich an nicht mehr viel. Man sei schließlich auch nur ein Mensch, verdammt noch mal. Reine hatte sich das Taxi mit einer jungen Frau geteilt, aber er kannte ihren Namen nicht und wusste auch nicht, wo sie wohnte. Sie waren zusammen an der Hafenkneipe eingestiegen und hatten sich dann vor der Gråbo-Schule getrennt. Nein, er habe keine Ahnung, wie sie heiße, das habe er doch schon gesagt. Könnte schon sein, dass er ein bisschen zu üppig Trinkgeld gegeben habe. Wahrscheinlich habe er einen Hunderter mit einem Fünfhunderter verwechselt.
    Jonatan stützte den Kopf in die Hände und schloss die Augen. Er sehnte sich weit weg von allem und besonders von diesem Sanatorium des Todes. Bei der Telefonkonferenz am Vormittag hatte die Seuchenschutzärztin ein anderes Bild gezeichnet, als sie der Presse mitgeteilt hatte. Die derzeitige Situation mit zwölf weiteren Erkrankten war erschreckender, als irgendjemand von ihnen sich hatte vorstellen können. Wie viele würden noch von der Krankheit

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