Das Geheimnis der toten Voegel
Computer, um sich die Zeit zu vertreiben. So aufgewühlt wie er jetzt war, konnte er nicht schlafen. Er öffnete das Fenster und ließ die Kühle der Nacht herein. Das Schlimmste war, dass Malte das alles mitbekam. Der Gedanke daran, dass Ninas Temperamentsausbruch und mangelndes Taktgefühl dem Jungen Schaden zufügen könnte, machte Jonatan rasend. Aber es gab keinen Ausweg, wie er es auch drehte und wendete, er saß fest.
Wenn Malte nicht gewesen wäre, hätte er Nina schon längst verlassen. Nach der ersten überwältigenden Verliebtheit gab es nur eine gähnende Leere. Das Gefühl von Ekel, als sie schnarchend im Bett lag, der säuerliche Geruch von Schweiß und altem Suff im Zimmer. Nein, er liebte sie nicht mehr, und er war es so unglaublich leid, die Fassade aufrechtzuerhalten und sie von Festen mit nach Hause zu locken. »Du siehst müde aus, Liebling, vielleicht sollten wir jetzt nach Hause fahren. Morgen ist auch noch ein Tag. Tja, Nina schläft immer so schlecht, und da verträgt man ja nur so wenig.«
Was sie sagte, war absolut wahr, er hatte wirklich keine Lust mehr, sie zu berühren. Sie waren beide etwas Besseres wert, aber man kann ein Kind nicht in der Mitte durchteilen. Geteiltes Sorgerecht würde schlimmstenfalls bedeuten, dass er seinen Sohn nur jedes zweite Wochenende sah. Doch selbst bei dem Gedanken daran, dass Malte bei ihm leben und sie sich nur jedes zweite Wochenende um das Kind kümmern würde, drehte sich ihm der Magen um. Achtundvierzig Stunden, ohne dass er wusste, ob es dem Sohn nicht schlecht erging. Wie würde er ihn schützen können, wie würde er im Falle einer Trennung noch Einblick bekommen?
Malte liebte seine Mutter und war bis zur Grenze des Erträglichen loyal, er glaubte an ihre Versprechungen, obwohl er immer wieder enttäuscht worden war. Es tat so weh, danebenzustehen und zusehen zu müssen, wie es wieder und wieder geschah. Ein Sorgerechtsstreit konnte so erniedrigend und schmutzig sein. Wenn sie unter Druck gesetzt wurde und gekränkt war, würde Nina nicht davor zurückschrecken, die unglaublichsten Lügen zu erzählen. Wie könnte er das vermeiden? Wenn es nur jemanden gäbe, mit dem er reden könnte, jemand, der begriff, welche Hölle das war, ohne dabei zu verurteilen und zu moralisieren. Jemand, der ihm helfen könnte, Ordnung in das Gedankenchaos zu bekommen.
Zerstreut klickte Jonatan sich bei den Suchmaschinen im Internet durch die Treffer für die Stichworte »Medikamente« und »Internethandel«. Der Internethandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten geschah so erstaunlich offen. Es war ungesetzlich, Medikamente über das Internet zu kaufen, wenn man kein Rezept dafür hatte, aber das Schlimmste, was passieren konnte, war, dass das Medikament beschlagnahmt wurde. Viagra lag weit vorn an der Spitze, aber es gab auch Epilepsiepräparate, Mittel gegen Depressionen und Antibiotika. Laut den durchgeführten Studien schwankte die Qualität der Präparate sehr stark. Einige der Medikamente waren als Bluff entlarvt worden, im besten Fall waren sie wirkungslos, im schlimmsten Fall gefährlich. Der Internethändler, dessen Webseite Jonatan gerade vor sich sah, Doktor M., verkaufte passenderweise Tamiflu. Billig war es auch noch – 795 Kronen für eine fünftägige Kur von zweimal täglich 75 Gramm. Die Dosierung schien korrekt zu sein. Wahrscheinlich Zuckerplätzchen. Da sollte Åsa Gahnström mal dringend jemanden näher draufschauen lassen.
»Herr Dr. Eriksson, Sie müssen kommen!« Die Tür wurde ohne Vorwarnung aufgerissen, und ein Gesicht mit Atemschutzmaske sah herein. »Sofort, es ist eilig!« Jonatan setzte seinen Atemschutz auf und folgte der Schwester in den Korridor hinaus und die Treppe hinunter.
»Es ist Sonja Cederroth, wir schaffen es nicht. Es ging ihr plötzlich viel schlechter. Wir haben Furix gespritzt, aber sie hat keinen Urin mehr, und der Sauerstoffumsatz ist katastrophal schlecht. Sauerstoff bei 64 Prozent.«
»Wo ist Morgan Persson? Sollte er nicht heute Nacht arbeiten?«
»Dr. Persson ist in der Schule in Klinte beschäftigt. Zwei Jungen und einer der Trainer haben Symptome. Sie sind mit dem Notarzt auf dem Weg hierher. Und Dr. Hammar ist verschwunden. Karin an der Rezeption hat gesagt, er sei rausgegangen, um eine zu rauchen. Ich hatte nämlich gesagt, er dürfe hier drinnen nicht rauchen. Sie konnte ihn nicht daran hindern. Was machen wir jetzt?«
»Bereiten Sie einen Respirator vor. Wir fangen mit fünf Litern Sauerstoff an. Aber
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