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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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Fenster konnte ich den Leuchtturm und das schimmernde Meer sehen; so glatt und klar, als wäre nie etwas geschehen. Ich konnte die Schreie derselben Möwen hören, die ich auch gestern gehört hatte, bevor meine Welt aus den Fugen geraten war.
    Der Doge saß auf seinem scharlachroten Diwan und sah ein Dokument durch. Heute legte er eine durch nichts zu erschütternde Selbstbeherrschung an den Tag. Er war über Nacht erwachsen geworden. Heute war er kein Amor, heute war er ein Herrscher.
    »Ah, Lorenzo«, sagte er. »Uns fehlt nur noch Eure Unterschrift.«
    Mit einem so sauren Gesicht, als habe er auf eine Zitrone gebissen, trat Il Magnifico auf den Diwan zu. Der Doge überreichte ihm eigenhändig eine Schreibfeder und sah zu, wie er mit seinen gefesselten Händen ungeschickt seinen Namen unter das Dokument setzte.
    »So weit, so gut«, bemerkte der Herrscher von Genua dann. »Es scheint alles seine Ordnung zu haben. Ein Geständnis und ein Vertrag in einem - wirklich einzigartig, das muss ich schon sagen. Ich möchte Euch allen herzlich danken.« Er lächelte freundlich in die zornerfüllten Gesichter im Raum.
    Mein Vater, Politiker in jeder Lebenslage, ergriff als Erster das Wort. »Dieser Friedensvertrag... Bleibt er strikt sub rosa?« Seine Stimme klang schwach und brüchig; die Stimme eines alten Mannes.
    »So geheim wie das Komplott, das ihn notwendig gemacht
hat«, erwiderte der Doge spitz. »Diese Ereignisse werden nicht geschichtlich überliefert werden, wenn Ihr auf meine Bedingungen eingeht.«
    »Das ist doch lächerlich!« Il Moro konnte sich nicht länger beherrschen. »Wollt Ihr uns wirklich weismachen, dass wir uns nie wieder im Kampf gegenüberstehen werden? Seit den Zeiten der Römer und Etrusker hat es in Italien Kriege gegeben, und davor auch schon.«
    Der Doge lächelte. »Mein lieber Ludovico. Wie sehr Ihr doch den Krieg liebt, nicht wahr? Macht Euch keine Sorgen. Ich bin sicher, dass es wieder zu Kämpfen zu Land oder zur See kommen wird. Bündnisse werden geschlossen und wieder gebrochen werden. Aber hier verhält sich die Sache anders.« Er wedelte mit dem Pergament durch die Luft. »Dieser Vertrag besagt, dass nie wieder der Versuch unternommen wird, diese Halbinsel zu vereinigen und die Stadtstaaten in einem Reich zusammenzufassen. Um das zu gewährleisten, schicke ich eine Abschrift mit all meinen unbeschädigten Siegeln an Seine königliche Hoheit Ludwig den Klugen von Frankreich und Ihre königlichen Hoheiten Ferdinand und Isabella von Spanien. Wie Euch sicher klar ist, würde ein Bündnis unserer Staaten für ihre Königreiche eine ebenso große Bedrohung darstellen wie für meine Stadt. Wenn einer von euch oder eines der anderen Mitglieder der Sieben die heute unterzeichnete Abmachung bricht, werde ich meine Verbündeten anweisen, das Siegel zu erbrechen, zu lesen, was hier heute niedergeschrieben wurde, und ihre Truppen gegen euch zu mobilisieren. Und zwar mit meiner vollen Unterstützung - ich werde ihnen gestatten, ihre Bataillone durch mein Gebiet zu führen, dem Tor zu den euren. Zu so einem Bündnis wird Genua niemals ihr Einverständnis geben.«
    Er nahm wieder Platz und faltete die Hände. »Außerdem geht eine Abschrift an Seine Heiligkeit Papst Sixtus in Rom. Ich habe das Gefühl, sein göttliches Gewissen wird ihn dazu drängen, diesen Vertrag zu ratifizieren, meint Ihr nicht?«

    Er wandte sich an alle im Raum; völlig Herr der Lage, da jeder wusste, dass der Heilige Vater an der Verschwörung beteiligt gewesen war, auch wenn es niemand laut aussprach. Der Doge hatte all diese hochrangigen Würdenträger wie Fische in seinem Netz gefangen, und nur er allein konnte ihnen wieder die Freiheit schenken. Und genau das tat er. »Und nun lasse ich euch in Frieden in eure Heimatstädte zurückkehren. Was mich betrifft, so wart ihr nie hier. Ihr erhaltet sicheres Geleit bis zu den Torriglia-Bergen, von dort aus müsst ihr allein weiterkommen.« Er erhob sich, als wolle er die Anwesenden entlassen. »Herrscht gut, und lasst uns unsere Verschiedenheiten pflegen und gleichzeitig Freunde bleiben.«
    Die Gruppe erhob sich, woraufhin der Doge sich sofort wieder setzte und ostentativ nach dem Vertrag griff, um ihn ein weiteres Mal durchzulesen. Er ließ deutlich durchblicken, dass er in keiner Weise mit diesen Leuten auf eine Stufe gestellt werden wollte - wenn sie saßen, stand er auf, standen sie auf, nahm er wieder Platz. Genua würde jetzt und für immer eigene Entscheidungen treffen.

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