0217 - Die Hexeninsel
Und diese Stimme drang aus dem Munde einer Freundin, meiner besten Freundin, der Privatdetektivin Jane Collins. Der unheilvolle Geist des Rippers war in sie gefahren und hatte von ihr Besitz ergriffen. Jane war nicht mehr sie selbst, ein anderer hielt sie so fest in seinen Krallen, daß er sie wohl nie mehr loslassen würde. Ich stand vor ihr wie ein begossener Pudel, drehte dann den Kopf und warf einen hilfesuchenden Blick auf Suko. Mein Freund und Partner war ebenso schockiert wie ich. Er lehnte an dem Bentley und war hilflos wie nie in seinem Leben. Genau wie ich.
Gegen Vampire, Werwölfe oder Ghouls hätten wir es aufgenommen, da wußten wir, wie wir uns zu verhalten hatten, aber ich konnte Jane Collins doch nicht mit dem Kreuz attackieren, das war unmöglich. Vielleicht hätte ich ihr irreparable Schäden zugefügt, denn so bestand noch die Hoffnung, daß sie sich irgendwann wieder änderte oder wir den unheilvollen Geist aus ihrem Körper treiben konnten.
Dabei hatten wir gehofft, den Ripper zu besiegen. Ein Irrtum, wie wir nun merkten. Er war zurückgekehrt, so wie er es mir damals versprochen hatte, als ihn die Polizisten und Sargträger in der Totenkiste an mir vorbeitrugen. Wir hatten den Geist des Rippers nicht vernichten können, er lebte nach wie vor weiter und hatte einen neuen Gastkörper gefunden. Ausgerechnet Jane Collins!
Diese Erkenntnis warf mich fast um, machte mich nervlich fertig und war schlimmer als das vorher Erlebte. Jetzt standen wir uns gegenüber, starrten uns an und wußten, daß wir Feinde waren.
Vielleicht Todfeinde?
»Jane…«, versuchte ich es abermals und erhielt direkt die passende Antwort.
»Sprich mich nicht an, du Hund!« Dumpf dröhnte es aus ihrem Mund, und das sonst so hübsche Gesicht verzog sich zu einer Fratze.
»Sei vernünftig, Jane.«
»Nein. Ich will nicht!« Sie schrie mich an, schüttelte den Kopf, und ihre Haare flogen wie ein blonder Wirbelsturm um den Kopf. Normalerweise hätte sie frieren müssen, so wie sie dastand, in dem dünnen Kleid mit dem tiefen Rückenausschnitt, aber sie spürte die Kälte nicht. Ein anderer beherrschte sie, ein Geist, ein schlimmer Dämon, der die Kontrolle über sie besaß. Freiwillig würde er aus Jane nicht hinausfahren! So weit war ich mit meinen Gedanken gelangt und hatte auch beschlossen, umzudenken.
Ja, das mußte ich. Ich konnte es mir nicht mehr leisten, Jane so zu betrachten wie früher.
»Wenn du nicht kommst«, sagte ich, »dann werde ich dich holen, Jane Collins!«
Meine Worte schwangen ihr entgegen, doch sie beeindruckten sie überhaupt nicht.
»Holen willst du mich?« höhnte sie. »Nein, mich kannst du nicht holen, ich bin der Ripper, der Ripper, hörst du? Und ich werde sein Erbe weiterführen!«
Als sie das sagte, begannen ihre Augen noch mehr zu leuchten, und ich glaubte, einen kalten Hauch zu spüren, der mich traf. Sie war jetzt der Ripper!
Nur allmählich ging mir auf, was das eigentlich bedeutete. Jane Collins - der Ripper. Sie würde morden, sie würde das Messer benutzen, weil sie nicht anders konnte und der dämonische Geist des anderen es ihr befahl. Mein Gott!
Auf keinen Fall konnte ich es so weit kommen lassen. Dagegen mußte ich etwas unternehmen. Jane Collins durfte nicht frei herumlaufen, weil sie eine Gefahr für die Menschheit darstellte. Eine Gefahr für die Menschheit!
Dieser Begriff war mir eben eingefallen, und darüber erschrak ich selbst. Jane eine Gefahr! Ausgerechnet sie, die die Menschheit bisher mit allen Kräften unterstützt hatte?
Und wenn wir sie in ein Gefängnis, eine Anstalt oder einen ausbruchsicheren Raum steckten? Damit mußte unter Umständen etwas zu erreichen sein. Ich würde mich Tag und Nacht um sie kümmern, bis wir ihr diesen verfluchten Dämonengeist ausgetrieben hatten!
Wie das geschehen sollte, darüber dachte ich jetzt noch nicht nach. Vielleicht hätte ich durchgedreht. So wollte ich erst einmal alles in die Wege leiten.
Leicht geduckt stand sie vor mir. Wie ein Tier erschien sie mir, als sie mich fixierte, und ich warf einen schnellen Blick über die Schulter zu Suko hin.
»Soll ich…?« fragte er.
»Nein, ruf du einen Wagen an. Einen Krankenwagen - und zwar ausbruchsicher…«
Mein Partner erschrak, denn er hatte verstanden, was ich damit meinte. Sofort tauchte er in den Bentley, und dann hörte ich Jill schreien.
»Da, sie rennt weg!« Blitzschnell fuhr ich herum.
Das Mädchen hatte nicht gelogen. Jane war raffiniert. Sie hatte meine
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