Das Geheimnis des Goldmachers
zu
Schweigen von Georgs grotesker Anklage, die Fremden hätten feurige Blitze zum
Dachstuhl geschleudert. Durfte er sie einfach ihrem Schicksal überlassen? Was
ihnen unter Georgs Fittichen blühte, konnte sich von Stenweden jedenfalls
unschwer ausmalen.
Die Stimmung im
Klostergarten war gefährlich aufgeheizt, irgendetwas musste geschehen, doch auf
welche Weise nur sollte er sich gegen eine Hundertschaft wehrloser
Klosterbrüder durchsetzen, er konnte schließlich unmöglich mit siebzehn bis an
die Zähne bewaffneten Soldaten einen Kampf gegen eine Schar Bettelmönche
anzetteln. Von Stenweden wagte noch einen letzten Versuch, Schlimmeres zu
verhindern.
»Ich will Euch die
beiden Halunken gern überantworten, Herr Prior, doch gewährt mir vorab, einige
Fragen an sie zu richten.«
»Dann fragt geschwind, Soldat!«,
antwortete Georg dem Hauptmann kurz angebunden.
»Nicht hier im Kloster, in der
Wachstube.«
»Nun, daraus wird nichts werden,
Hauptmann – stellt Eure Fragen hier oder überlasst die beiden gleich der
Kirche, und entscheidet Euch rasch, die nächste Messe will alsbald gelesen
werden!«
Georgs Halsstarrigkeit überraschte
selbst von Stenweden, und je heftiger der Prior sich ihm widersetzte, desto
mehr musste er an Roberts letzte Worte denken. Mochte tatsächlich etwas Wahres
dran sein?
»Dann lest halt Eure Messe, während
wir die beiden zum Verhör führen!«, sagte von Stenweden, dann gab er seinen
Männern Zeichen, kehrtzumachen und wandte sich zum Gehen.
»Seid Ihr von Sinnen, Ihr
aufgeblasener Wichtigtuer?«, stellte sich ihm Georg, bebend vor Zorn, in den
Weg. »Wie könnt Ihr Euch meinen eindeutigen Anordnungen widersetzen? Muss denn
erst Konrad ein Machtwort sprechen, um Euch in die Schranken zu verweisen?«
»Aber ich bitte Euch, hoch
geschätzter Herr Prior, lasst doch den Bischof außen vor, ihn plagen weiß Gott
andere Sorgen! Ich will die beiden doch nur rasch verhören über ihr wohlgemerkt
weltliches Vergehen, danach werde ich sie gern wieder Eurer Obhut
unterstellen!«, erwiderte der Hauptmann betont ruhig.
»Nichts da!«, fuhr ihm
Georg dazwischen und ergriff die Fesseln der Gefangenen. Sofort nahm ihm von
Stenweden ruhig, aber bestimmt die Stricke wieder aus der Hand.
»Wir gehen jetzt!«,
wies er seine Leute an, als im gleichen Atemzug die persönliche Leibwache des
Bischof in den Klostergarten stürmte. War es Zufall oder hatte der Prior nach
ihnen rufen lassen? Einerlei, dachte sich von Stenweden und schätzte, dass es
ungefähr ein Dutzend Männer waren, alle gut bewaffnet. Die Situation wurde in
der Tat immer brenzliger.
Wenn es zu einem Kampf
käme, so würde er zweifelsfrei in einem Gemetzel enden, doch ebenso fraglos
wäre es um die beiden Fremden geschehen, beließe er sie in Georgs
Händen – durfte er das als Hauptmann der Stadtwache zulassen?
Doch hatte er eine andere Wahl?
Zwei Leben gegen zwanzig oder gar
mehr.
Das Wohlergehen zweier Fremder,
die er nie zuvor gesehen hatte, gegen das seiner Männer, mit denen ihn in den
meisten Fällen seit vielen Jahren ein freundschaftliches Verhältnis verband,
dessen Frauen und Kinder er kannte und an deren Tafel er ein ums andere Mal gesessen
und gespeist hatte. Und doch, konnte er gegen sein Gewissen handeln?
Inzwischen war er von der Unschuld
der beiden überzeugt. Schon von Anfang an hatte er seine Zweifel, Georgs
Verhalten tat sein Übriges.
Zwei unschuldige Leben gegen
zwanzig …
Pest oder Cholera …
Schande oder Tod …
»Nun macht endlich, dass Ihr Land
gewinnt!«, riss Georgs geifernde Stimme von Stenweden aus seinen Grübeleien.
Und während der Prior auf die Männer der Stadtwache einschrie, zog und stieß er
einige von ihnen in Richtung Klosterpforte, was diese nur widerwillig und mit
zornig funkelnden Augen über sich ergehen ließen. Entschlossen schauten sie
ihren Hauptmann an – sie waren zum Kampf bereit, und ebenso entschlossen waren
der Blick und die Haltung der Leibgarde des Bischofs und der Dominikaner.
»Ja, wollt Ihr es denn tatsächlich
auf einen Kampf ankommen lassen, Hauptmann von Stenweden? Soll denn Blut den
Acker des Herrn besudeln? Und wollt Ihr, dass noch mehr Diener Gottes durch
diese Höllenhunde ihr Leben verlieren, nachdem bereits Bruder Albert, unser
großer Lehrmeister, durch ihre Hände zu Grunde ging?«
»Glaubt dem Aas kein Wort!«, kam
eine dünne Stimme als Antwort auf Georgs Fragen. Sofort reckten sich alle Hälse
zu einer zerlumpten Gestalt, die auf wackligen Beinen
Weitere Kostenlose Bücher