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Das Geiseldrama

Das Geiseldrama

Titel: Das Geiseldrama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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telefonieren? Danke!“
    Karl stand neben ihm, als er
Kommissar Glockners Nummer wählte: die Durchwahlnummer zum Apparat des
Kommissars.
    Erst war besetzt. Aber beim
dritten Versuch meldete sich Gabys Vater.
    „Hier ist Tarzan. Was auch
immer geschehen wird, Herr Glockner, zunächst mal möchte ich mich gegen Gaby
austauschen lassen. Für die Terroristen ist eine Geisel so gut wie die andere.
Sie gehen bestimmt darauf ein.“
    „Daß du das vorschlägst,
Tarzan, werde ich dir nie vergessen“, sagte Glockner. „Aber es ist sinnlos.
Diese Wahnsinnigen lassen nicht mit sich reden. In Gaby sehen sie eine
besonders wertvolle Geisel, weil sie meine Tochter ist und ich der
Verhandlungspartner bin. Daß wir für jede Geisel alles tun werden — und es für
uns keine Unterschiede gibt — das paßt nicht ins Gehirn dieser Fanatiker. Es
bringt nichts, wenn du dich auslieferst, Tarzan.“
    „Werden Sie auf die Forderungen
eingehen?“
    „Selbstverständlich. Wir tun
alles, um die Geiseln zu retten. Die Oliviri besteht darauf, daß wir Lotzka
freilassen — trotz seines Zustandes. Im Krankenwagen soll er ihnen gebracht
werden. Sobald das geschehen ist, wollen sie abziehen. Mit ihrem Fahrzeug. Und
mit dem Krankenwagen. Unter Mitnahme von Geiseln als zusätzliche Sicherheit.“
    „Zwei Fahrzeuge! Eins davon so auffällig“,
sagte Tarzan. „Untertauchen können sie damit nie. Das bedeutet doch, daß
irgendwo ein Super-Schlupfwinkel ist, in dem sie verschwinden wollen. Oder ein
Transportmittel, mit dem sie sich sonstwohin absetzen können. Vielleicht sogar
ins Ausland und... Herr Glockner, ob die verlangen werden, daß man ihnen ein
Flugzeug zur Verfügung stellt?“
    „Bis jetzt ist nicht davon die
Rede. Aber irgendwas in der Richtung muß es sein. Daran habe ich auch schon
gedacht. Tarzan, ich muß jetzt Schluß machen. Wenn alles überstanden ist, werde
ich dich ans Herz drücken. Tschüß!“
    Tarzan legte auf.
    „Mann, o Mann!“ Karl strich
sich über die Stirn.
    „Es wird bestimmt alles gut
werden“, sagte Frau Vierstein.
    Aber ihr Trost war durch nichts
begründet.
    Tarzan hatte das Gefühl, er sei
eine Rakete, deren Treibsatz gezündet ist. Als müsse er gleich vom Boden
abheben und durch die Decke sausen, um dann — mit den beiden Obergeschossen an
den Füßen — in Richtung Internat zu zischen.
    „Ich wette“, sagte er, „Gaby
hat wahnsinnige Angst.“
    „Gaby ist sehr tapfer“, sagte
Karl.
    „Tapfer ja. Sie läßt sich ihre
Angst nicht anmerken. Aber innerlich bibbert sie. Und die beiden
Terroristen-Weiber, diese Flintenweiber, sind bestimmt ganz miese Weiber.
Wiedersehen, Frau Vierstein. Ich muß mich ein bißchen bewegen. Vielen Dank für
das Frühstück!“
    „Heh!“ rief Karl. „Ich komme
mit.“

14. Finale mit Nitro
     
    Die Temperatur stieg. Blauer
Himmel lud ein, die Stadt zu verlassen. Die Einmündungen der Ausfallstraßen
waren verstopft. In Richtung Autobahn bildeten sich Staus. Die Gaststätten im
grünen Umland hatten Hochbetrieb. An den Badeseen ging es zu wie an der Adria.
Aber in der Innenstadt war nicht mehr viel los.
    Tarzan fuhr wie der Teufel.
Karl kam kaum mit. Trotzdem wurden sie von Polizeifahrzeugen überholt, die in
dieselbe Richtung sausten.
    Als die Jungs den Stadtrand
erreichten, sahen sie die Bescherung. Die Zubringerstraße zum Internat war
versperrt. Streifenwagen hatten abgeriegelt.
    Uniformierte und Zivilbeamte
standen bei den Fahrzeugen. Mit Feldstechern blickten sie in die Ferne: über
freies Feld zum Internatsgelände. Das war weit weg: fürs bloße Auge nur eine
grüne Oase inmitten der Felder und Wiesen. Aber die ziegelroten und
schieferblauen Dächer leuchteten zwischen den Wipfeln der Bäume.
    Einige Gaffer standen herum,
aber nur einige. Unter den Polizisten entdeckte Tarzan kein bekanntes Gesicht.
    „Nebbich (Gaunersprache: Na,
wenn schon!) ! Dann eben auf Umwegen.“ Tarzan hatte einen Fuß auf den Boden
gesetzt, blieb aber im Sattel und überblickte die Lage. „Ich nehme die
Landstraße in Richtung Herchenau. Dort biege ich ab übers Feld.“
    „Meinst du wirklich, daß es
richtig ist, wenn du...“
    „Ich lasse Gaby nicht allein,
Karl! Und wenn ich von hier bis zur Schule einen Tunnel graben müßte: mich hält
nichts und niemand zurück. Hier draußen nütze ich ihr nichts.“
    „Und als Geisel?“
    „Da... da fühle ich mich
wohler.“
    „Verstehe ich“, sagte Karl,
ohne eine Miene zu verziehen.
    „Ich zische jetzt los, bevor
irgendwer auf

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