Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geiseldrama

Das Geiseldrama

Titel: Das Geiseldrama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
mit erhobener Stimme: „Wir sind die Brigade Staatsfeind. Diese
Aktion ist eine Geiselnahme. Ihr alle seid bis auf weiteres unsere Geiseln. Und
ihr könnt nur beten, daß die Polizei und die anderen Staatsdiener einsichtig
sind. Deren Sturheit nämlich zwingt uns zu dieser Aktion. Es geht um die
Befreiung unseres Mitkämpfers Arved von Lotzka. Wir wissen, daß er sich in den
Händen der Polizei befindet, was aber geleugnet wird. Deshalb...“
    „Stimmt ja gar nicht!“ rief
Klößchen, der es deutlich an Respekt vermissen ließ. „Wer leugnet denn? Gestern
kam’s doch in den Nachrichten, daß wir den Lotzka jetzt haben. Aber der ist
total marode (krank), sozusagen arbeitsunfähig.“

    Verblüfft sahen die Terroristen
ihn an. Macke unterließ es sogar, Ruhe zu fordern.
    „Was sagst du?“ fragte die
Oliviri.
    „Haben Sie denn die
Abendnachrichten nicht gehört?“ schaltete Gaby sich ein. „Da wurde doch alles
bekannt gegeben. Mein Vater — das ist Kommissar Glockner — hat auf Ihren Anruf
gewartet, Frau Oliviri. Lotzka wurde nämlich gestern mittag entdeckt. In einer
Jagdhütte. Wir — das heißt, die TKKG-Bande, zu der ich gehöre — haben ihn
gefunden. Er war schwer verletzt. Einen Schädelbruch, glaube ich, hat er. Er
wurde operiert. Den Görr — das ist der Mann, der den Lotzka niedergeschlagen
und dorthin gebracht hat — den hat mein Freund Tarzan auch gleich gefangen.“
    Sekundenlang sagte niemand ein
Wort.
    „Pfote, die sind jetzt aber
geplättet“, sagte Klößchen in die Stille. „Hast du schon mal so dumme Gesichter
gesehen? Da zeigt ja unsereins bei der Mathe-Arbeit mehr List in der Miene.
Hahah!“
    Erlachte. Aber er war der
einzige. Die Terroristen beachteten ihn nicht. Ihnen saß ein anderer Kloß in
der Kehle — ein Kloß, den sie erst noch schlucken mußten.
    „Verdammte Sch...!“ fluchte
Hanna Neu dann, ohne auf das Auditorium (Zuhörerschaft) Rücksicht zu
nehmen. „Warum hat keiner von uns...“Sie stockte, wollte offenbar keine
Schuldzuweisungen vor versammelter Menge vornehmen, und sagte zu Gaby: „Jetzt
erzähl mal, was Sache ist!“
    Während Gaby berichtete,
grinste Klößchen wie ein Vollmond, der die anfliegenden Astronauten in ihrer
Raumkapsel freundlich begrüßen will.
    Als Gaby schwieg, herrschte
Stille. Die Terroristen tauschten Blicke wie Philatelisten ( Briefmarkensammler )
Postwertzeichen auf einer Briefmarkenauktion. Dann zogen sie sich in die Ecke
bei der Küchendurchreiche zurück. Köpfe wurden zusammengesteckt. Von dem
Gewisper war nichts zu verstehen.
    Klößchen sagte: „Nachher lege
ich mich wieder ins Bett.“
    „Ist Tarzan bei Karl?“
    „Wird er wohl. Sein Bett war
leer und ordentlich gemacht.“
    „Ist das nicht alles ganz
irre.“
    Klößchen nickte. „Ohne
Frühstück hält man’s kaum aus. Ob die was dagegen haben, wenn ich mal in die
Küche gehe?“
    „Um Himmels willen, reiz die nicht
noch! Die sind zu allem fähig. Die haben Menschenleben auf dem Gewissen.“
    „Ach, ja. Wenn man sie so
sieht, vergißt man das. Aber die Oliviri habe ich gefressen. So eine Hexe! An
den Ohren hat sie mich aus den Federn gezerrt. Ich hatte gerade von einer Süßwaren-Ausstellung
geträumt. Ich war der Ehrengast. Über häuft hat man mich mit Naschereien. Von
allen mußte ich kosten, und...“
    Er sprach nicht weiter. Die
Terroristen kamen auf sie zu.
    Hanna Neu spießte Gaby fast mit
dem Zeigefinger auf.
    „Du kommst mit“, sagte sie.
    Schorbach und Macke bewachten
die Geiseln im Speisesaal.
    Ohnesorge stieg zum Speicher
hinauf und von dort durch eine Luke aufs Dach. Er hatte ein Fernglas mit. An
einer Stelle, wo der Neigungswinkel des Daches gering war, hockte er sich hin,
mit dem Rücken an einen Schornstein gelehnt. Er konnte bis zur Stadt sehen, und
das Gelände rings um die Schule lag offen vor ihm. Ein idealer
Beobachtungsposten. Wer hier wachte, dem entging nichts.
    Währenddessen waren die beiden
Terroristinnen mit Gaby ins Lehrerzimmer gegangen. Dort stand ein Telefon.
Francesca Oliviri nahm den Hörer ab und begann zu wählen.

13. Schreckensnachricht beim
Frühstück
     
    Normalerweise hätte Kommissar
Glockner an diesem Wochenende keinen Dienst gehabt. Aber die zugespitzte Lage
erforderte seine Anwesenheit im Präsidium. So kam es, daß er — nach einer sehr
kurzen Nacht — am Samstagfrüh wieder an seinem Schreibtisch saß, noch bevor
Gaby erwacht war.
    Drei Stunden später hatte er
bereits eine Menge Papierkrieg erledigt.
    Als er eine

Weitere Kostenlose Bücher