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Das Geisterhaus

Das Geisterhaus

Titel: Das Geisterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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und Pater Restrepos Fanatismus. Bis zu jenem
Tage hatten sie den Extravaganzen ihrer jüngsten Tochter
keinen Namen gegeben, sie auch nicht mit Teufelswerk in
Verbindung gebracht; sie nahmen sie hin als eine Besonderheit
der Kleinen, wie das Hinken von Luis oder die Schönheit von
Rosa. Claras Geisteskräfte störten niemanden und richteten
keinen Schaden an, sie äußerten sich fast ausschließlich bei
unwichtigen Anlässen und immer im Kreis der Familie.
Manchmal, am Mittag, wenn alle im großen Eßzimmer, streng
nach Rang und Würden geordnet, um den Tisch versammelt
waren, begann das Salzfaß zu vibrieren und plötzlich zwischen
Tellern und Gläsern über den Tisch zu wandern, ohne daß
irgendeine bekannte Energiequelle oder ein Illusionistentrick im
Spiel gewesen wäre. Nivea zog Clara einmal kräftig an den
Zöpfen und erreichte damit, daß ihre Tochter die mondsüchtige
Zerstreutheit auf - und dem Salzfaß die Normalität wiedergab,
das sogleich in seine Bewegungslosigkeit zurückfand. Die
Geschwister hatten sich dahingehend abgesprochen, daß, wenn
ein Gast zugegen war, der Clara zunächst Sitzende mit raschem
Zugriff festhielt, was sich etwa auf dem Tisch bewegte, ehe die
Außenstehenden es bemerkten und darüber erschraken. Die
Familie aß kommentarlos weiter. Auch an die Voraussagen der
kleinen Schwester hatten sie sich gewöhnt. Sie kündigte
Erdbeben einige Zeit im voraus an, was in diesem Land der
vielen Katastrophen recht praktisch war, weil man Zeit hatte,
das Porzellan in Sicherheit zu bringen und die Pantoffeln in
Reichweite zu legen, um nachts Hals über Kopf aus dem Haus
zu rennen. Mit sechs Jahren sagte Clara voraus, daß Luis vom
Pferd stürzen werde, doch der wollte nicht auf sie hören und
hatte seitdem eine verrenkte Hüfte. Sein linkes Bein wurde mit
der Zeit kürzer, er mußte einen Spezialschuh mit überhoher
Sohle tragen, den er sich selbst schusterte. Diesmal hatte sich
Nivea Sorgen gemacht, aber die Nana beruhigte sie: es gäbe
viele Kinder, sagte sie, die wie Mücken fliegen könnten, die
Träume deuteten und mit Geistern sprächen, das alles verginge,
wenn sie die Unschuld verlören.
    »In diesem Zustand wird keines erwachsen«, erklärte sie.
»Warten Sie nur, bis sie soweit ist, und Sie werden sehen, daß
ihr die Manie, Möbel zu verrücken und Unglücke anzukündigen,
vergehen wird.«
    Clara war der Liebling der Nana. Die Nana hatte ihr geholfen,
auf die Welt zu kommen, und sie war die einzige, die die
sonderbare Art des Kindes wirklich verstand. Als Clara aus dem
Bauch ihrer Mutter kam, wiegte die Nana sie und wusch sie, und
seit damals hegte sie eine hoffnungslose Liebe zu diesem
zerbrechlichen Geschöpf mit seinen phlegmatischen Lungen,
das alle Augenblicke keine Luft mehr bekam und blau zu
werden begann, so daß sie es mit der Wärme ihrer großen Brüste
wiederbeleben mußte, denn dies war, wie sie wußte, das einzige
Mittel gegen den Asthma und viel wirksamer als die
schnapshaltigen Hustensäfte des Doktor Cuevas.
    An jenem Gründonnerstag ging Severo, besorgt über das
Ärgernis, das seine Tochter während der Messe gegeben hatte,
im Wohnzimmer auf und ab. Er kam zu dem Schluß, daß nur ein
Fanatiker wie Pater Restrepo mitten im zwanzigsten
Jahrhundert, diesem Jahrhundert der Aufklärung, der
Wissenschaft und der Technik, in dem der Teufel sein Ansehen
endgültig eingebüßt hatte, immer noch glauben konnte, es gebe
Menschen, die vom Teufel besessen seien. Nivea unterbrach ihn.
Nicht das sei der springende Punkt, sagte sie. Das Schlimme sei,
daß, wenn ihre Tochter ihre Heldentaten erst einmal außer
Hause vollbringe und der Pfarrer anfinge, der Sache auf den
Grund zu gehen, alle Welt davon erfahre.
»Die Leute werden kommen und sie angaffen, als ob sie ein
Ungeheuer wäre«, sagte sie.
    »Und die Liberale Partei ge ht den Bach hinunter«, fügte
Severo hinzu, der begriff, wie sehr es seiner politischen Karriere
schaden konnte, eine Behexte in seiner Familie zu haben.
    Soweit waren sie, als im Knistern ihrer gestärkten Unterrocke,
auf schlappenden Pantoffeln die Nana kam und verkündete, im
Patio seien ein paar Männer dabei, einen Toten abzuladen. So
war es. In einem vierspännigen Wagen, so groß, daß er den
ganzen ersten Hof ausfüllte, hatten sie, rücksichtslos die
Kamelien zertrampelnd und das glänzende Pflaster mit
Roßäpfeln verunzierend, unter Staubwirbeln, Pferdegestampf
und den Flüchen der Männer, die Zeichen

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