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Das Geld - 18

Das Geld - 18

Titel: Das Geld - 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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beschäftigte – das überstieg noch seinen Ehrgeiz. Was für Wunder würde er vollbringen, wenn er seine Fähigkeiten als Geschäftsmann, seine Hinterlist, seinen Eigensinn, seinen völligen Mangel an Vorurteilen darauf verwandte, gut zu sein! Und er besäße die unwiderstehliche Kraft, die die Schlachten gewinnt, das Geld, Truhen voll Geld – Geld, das oft soviel Böses schafft und das soviel Gutes schaffen könnte an dem Tage, da man seinen Stolz und sein Vergnügen dafür einsetzte!
    Dann erweiterte Saccard seinen Plan noch und fragte sich schließlich, warum er die Fürstin dʼOrviedo nicht heiraten sollte. Das würde die Verhältnisse klären und die bösen Auslegungen verhindern. Einen Monat lang ging er geschickt und listig zu Werke, legte prächtige Pläne dar, glaubte sich unentbehrlich zu machen; und eines Tages brachte er mit ruhiger, unbefangener Stimme seinen Vorschlag vor und entwickelte sein großes Vorhaben. Er bot eine richtige Partnerschaft an, er würde den Liquidator der vom Fürsten gestohlenen Summen abgeben und sich verpflichten, sie verzehnfacht den Armen zurückzuerstatten. Die Fürstin, in ihrem ewigen schwarzen Kleid, ihr Spitzentuch auf dem Kopf, hörte ihm aufmerksam zu, ohne daß auch nur eine Gemütsregung ihr gelbes Gesicht belebte. Sie war sehr betroffen von den Vorteilen, die eine solche Partnerschaft haben könnte, im übrigen aber waren ihr die anderen Erwägungen gleichgültig. Nachdem sie ihre Antwort auf den nächsten Tag verschoben hatte, lehnte sie schließlich ab. Zweifellos hatte sie bedacht, daß sie dann nicht mehr allein Herrin über ihre Almosen wäre, und sie legte Wert darauf, als unumschränkte Herrscherin darüber zu verfügen, selbst auf verrückte Weise. Aber sie erklärte, sie würde sich glücklich schätzen, ihn als Ratgeber zu behalten, und gab zu erkennen, für wie wertvoll sie seine Mitarbeit erachtete, indem sie ihn bat, sich weiterhin mit dem »Werk der Arbeit« zu beschäftigen, dessen eigentlicher Direktor er war.
    Eine ganze Woche lang empfand Saccard heftigen Kummer, wie beim Verlust eines liebgewordenen Gedankens. Nicht, daß er sich in den Schlund der Räubereien zurückfallen sah; aber so, wie eine gefühlvolle Romanze den verworfensten Trunkenbolden Tränen in die Augen treibt, hatte dieses riesige Idyll von den Millionen, die soviel Gutes schufen, seine alte Freibeuterseele weich gestimmt. Er stürzte wieder einmal, und aus sehr großer Höhe: es schien ihm, als wäre er entthront worden. Mit Hilfe des Geldes hatte er neben der Befriedigung seiner Begierden immer zugleich die Herrlichkeit eines fürstlichen Lebens angestrebt, das er nie in dem gewünschten Maße hatte führen können. Seine Raserei nahm mit jedem Sturz, der wieder eine Hoffnung zunichte machte, zu. Daher wurde er in eine wütende Kampflust zurückgeworfen, als sein Vorhaben angesichts der ruhigen und deutlichen Weigerung der Fürstin zusammenbrach. Sich schlagen, in dem harten Krieg der Spekulation der Stärkste sein, die anderen fressen, um nicht selbst gefressen zu werden, das war neben seiner Gier nach Glanz und Genuß die wesentliche, die einzige Ursache seiner Leidenschaft für die Geschäfte. Wenn er auch keine Schätze anhäufte, so hatte er doch die andere Freude: den Kampf der hohen Zahlen, die Vermögen, die wie Armeekorps in die Schlacht geführt wurden, den Zusammenprall der streitenden Millionen mit den Niederlagen und mit den Siegen, die ihn berauschten. Und sogleich kam wieder der Haß auf Gundermann, sein zügelloses Bedürfnis nach Revanche zum Vorschein: Gundermann zu Boden werfen, dieses wahnwitzige Begehren quälte ihn, sooft er besiegt am Boden lag. Wenn er auch spürte, wie kindisch ein solcher Versuch war – konnte er Gundermann nicht wenigstens anschlagen, sich einen Platz neben ihm erobern, ihn zur Teilung zwingen, wie es die einander ebenbürtigen Monarchen aus benachbarten Ländern tun, die sich mit »Vetter« anreden? Damals zog ihn erneut die Börse an, und er hatte den Kopf voller Geschäfte, die er starten wollte; er wurde von den widersprüchlichsten Plänen hin und her gerissen mit einer solchen fiebrigen Hast, daß er sich einfach nicht entscheiden konnte bis zu dem Tage, da sich eine alle Maße übersteigende, ungewöhnliche Idee aus allen anderen herauslöste und sich seiner nach und nach ganz bemächtigte.
    Seitdem Saccard im Palais dʼOrviedo wohnte, sah er bisweilen die Schwester des Ingenieurs Hamelin, der die kleine Wohnung im zweiten

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