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Das Geloebnis

Titel: Das Geloebnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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Empfindung. Er wünschte sich plötzlich ein Weib herbei, mit dem er sprechen könnte wie mit seiner Frau. Seine Frau zählte zwar sieben Jahre weniger als er, doch war sie verständig und entdeckte stets einen Ausweg aus der Not. Aber sie befand sich in einer Entfernung von vielen tausend Kilometern. Er trat durch sein Tor und schritt an den Wachtposten vorbei, ohne sie wahrzunehmen. In seinem Zelt setzte er sich hin, schloß die Augen und fuhr sich mit beiden Händen fortwährend langsam über den Schädel. Er war wirklich verzweifelt. Sheng kehrte nicht zurück. Inzwischen hatte sich die Geschwindigkeit, mit der der Gegner vorrückte, verdreifacht. Zuerst waren sie nicht mehr als fünfzehn Kilometer täglich vorgerückt, dann dreißig, und jetzt rückten sie jeden Tag fünfundvierzig Kilometer vor.
    Er saß regungslos da, die Hände auf den Knien ausgebreitet, und dachte nach. Er wollte seine Leute längs der Lashio-Straße staffelförmig aufstellen. Wenigstens würde er diese Straße schützen … »Da sie nie an uns denken«, murmelte er vor sich hin, »wollen wir selbst an uns denken.«
    Er empfand plötzlich den Drang zu weinen, und er war über sich selber erstaunt. »Das ist der ewige Rückzug«, sagte er sich. »Ich muß ins Gefecht kommen. Nun, ich will mich rühren.«
    Er knöpfte den Kragen seiner Uniform auf. Es war sehr heiß, ununterbrochen Tag und Nacht; im allgemeinen machte ihm Hitze nichts aus, da seine Heimatstadt im Grunde eines Tales zwischen zwei Bergzügen lag, doch diese Hitze war anders. Allein die Schlangen waren ein Feind und die Moskitos ein anderer. Vor zwei Tagen hatte ihn ein Skorpion ins Bein gestochen, und der Knöchel war noch immer geschwollen. Nur die Geschwindigkeit eines seiner Soldaten, der den Stachel mit den Daumennägeln entfernte, hatte ihn vor einer gefährlichen Verschlimmerung bewahrt. Er seufzte und dachte an seine verlorenen Soldaten. Sheng war verloren, dieser große, tapfere Bursche aus den Nanking-Bergen! Während er Shengs gedachte, fiel ihm ein, daß er jenem hübschen Mädchen über ihn Bescheid sagen, zum mindesten es warnen sollte. Wenn er seine Frau doch nie wiedersehen würde, brauchte sie auch nicht eifersüchtig zu sein. Er rief, und ein Adjutant eilte herbei.
    »Schickt Wei Mayli zu mir«, befahl er kurz. Und dann fügte er wie zur Entschuldigung hinzu: »Sagt ihr, daß ich sie als Botin zum Amerikaner senden möchte. Sie spricht gut englisch – ich kann sein Chinesisch nicht verstehen.«
    Mit leichter Schadenfreude dachte er daran, daß er Mayli hinschicken und den Amerikaner beschämen würde, indem er erklärte, er verstünde sein Chinesisch nicht, auf das jener so stolz war. Er lächelte, und ein wenig von seinem ruhigen Dünkel kehrte ihm zurück.
    »Ja, natürlich komme ich«, sagte Mayli. Sie wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab, während sie sprach. »Ich will mich nur rasch umziehen – mein Rock ist ganz blutbefleckt.«
    Der Adjutant nickte, und sie hastete zum Operationsraum, wo sie kurz vorher Chung geholfen hatte, eine Burmanin von einem großen, dicken Jungen zu entbinden. Der Mann der Frau war ein chinesischer Händler. Er wartete vor der Tür und hielt Mayli an, als sie vorbeikam.
    »Sagt mir«, drängte er, »hat das Kind am linken Ohrläppchen ein Muttermal?«
    »Habe ich jetzt Zeit, danach zu schauen?« entgegnete sie und lachte.
    Aber der Mann war ernst. »Ihr kennt die burmanischen Weiber nicht«, erklärte er feierlich in seinem altmodischen Chinesisch. Seit vielen Jahren war er nicht mehr in der Heimat gewesen, und er sprach noch immer wie in seiner Kindheit, bevor er ausgezogen, um sein Glück zu machen. »Wie soll ich wissen, daß dies mein Sohn ist, wenn er nicht das gleiche Muttermal wie ich hat?« fragte er.
    Er drehte den Kopf zur Seite, und da war an seinem linken Ohrläppchen ein rundes, schwarzes Muttermal, aus dem Haare wuchsen.
    »Aber nicht jedes Eurer Kinder wird Euer Muttermal an sich haben«, rief sie. »Wie wollt Ihr Eures Weibes Tugend durch ein Muttermal prüfen?«
    Sie lachte abermals, aber noch immer blickte der Mann ernst. »Schaut nach, ob es da ist, denn ich will kein Geld an eines anderen Mannes Sohn verschwenden. Sie ist hübsch und jung, und ich kann nicht dauernd zu Hause sein.«
    Mayli versprach es ihm und machte sich von ihm frei. Drinnen war Chung damit beschäftigt, seine Instrumente sorgfältig zu waschen und zu reinigen, bevor er sie in die geschlossene Kanne legte, die ihm zum

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