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Das Geloebnis

Titel: Das Geloebnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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unvermittelt.
    Unter seinen Lidern hervor bedachte er sie mit einem raschen Blick. »Wir sind Fremde in einem fremden Land.«
    »Wir etwa nicht?« gab sie zurück.
    »Ihr seid hier weniger fremd als wir.«
    Sie entflammte in plötzlichem Zorn. »Ihr Weißen«, rief sie, »ihr opfert alle andern Menschen an euren eigenen Altären – für euch!«
    »Ich war zwanzig Jahre in Ihrem Land«, erinnerte er sie.
    »Stets waren Sie ein Weißer«, gab sie zurück.
    »Denn so bin ich geboren«, entgegnete er.
    Sie wandte den Kopf ab und stand auf; ihren Auftrag hatte sie erfüllt. Aber er hielt sie zurück. »Trotz alldem, was Sie denken«, sagte er, »ich habe nie tapferere Männer gesehen als diese Briten. Sie wußten, daß sie mit keiner Verstärkung zu rechnen hatten, daß weder Flugzeuge noch Schiffe noch weitere Truppen geschickt werden würden – nichts. Sie haben das geleistet, was man eine Verzögerungsaktion nennt. Ihr Leben, das sind die Bissen, die den vordringenden Wölfen hingeworfen wurden, damit andere gerettet würden.«
    »Ihr stellt euch immer als Helden dar«, erwiderte sie herb. »Sie vergessen, daß wir hier in Burma Verbündete gehabt hätten statt Feinde, wären die Weißen während all der Jahrzehnte ihrer Herrschaft Menschen gewesen und nicht dauernd weiße Helden unter dunklen Wilden.«
    »Vergessen Sie nicht, daß ich Amerikaner bin«, mahnte er sie.
    »Ich sehe nur, daß Sie ein Weißer sind«, versetzte sie, und sie wandte den Kopf von ihm ab und ging fort.
    Sie eilte dahin, beschwingt von Zorn, und sie war schon fast bei ihrem eigenen Quartier angelangt, als ihr einfiel, daß sie ja zum General zurückkehren mußte. Doch als sie sein Zelt erreichte, war er gerade mit seinen Offizieren beschäftigt, und sie wurde nicht eingelassen. Statt dessen kam er zu ihr heraus, und sie sagte in Gegenwart von Soldaten und Wachtposten zu ihm: »Ich habe Eure Botschaft ausgerichtet, und er rät davon ab.«
    »Ich werde seinen Rat nicht beachten«, erwiderte der General.
    »Also morgen?« forschte sie.
    »Vor Tagesanbruch«, lautete seine Antwort.
    Sie nickte und sputete sich nun noch mehr. Denn die Schwerverwundeten sollten zurückgelassen werden, so sicher wie möglich in chinesische Häuser verteilt, wo immer man sie finden konnte; die Leichtverwundeten mußten zum Transport bereitgemacht werden. Chung mußte als erster Bescheid erhalten, dann die Frauen. Hundert Kleinigkeiten gab es zu tun, wenn sie wieder marschierten.
    Sie runzelte die Brauen, und der abgehärmte Ausdruck, der neuerdings für sie natürlich war, trat in ihr Gesicht. Diesmal würde es wenigstens kein Rückzug sein. Es drängte sie weiterzuziehen – ja, der General hatte eine weise Entscheidung getroffen. Sie würden ihre eigenen Linien bilden. Wie sie dem Amerikaner Bescheid gesagt hatte! Wenn sie mit Sheng zusammentraf, wollte sie es ihm erzählen, und er würde sich freuen. Ob sie aber recht oder unrecht gehabt hatte, wußte sie nicht. Der Amerikaner war ein redlicher Mann. Wenn jedoch Redlichkeit blind war, konnte man dann immer noch von Redlichkeit sprechen? Sie sah die Redlichkeit, und Sheng sah die Blindheit. Sheng hatte recht, Sheng war klüger als sie.
    »Oh, werden sie niemals sehend werden?« murmelte sie vor sich hin. Nein, sie wußte, daß dies nie der Fall sein würde. Die Weißen, die sich vor den Japanern zurückzogen, würden noch immer nicht sehen. Sie würden sogar während des Rückzugs den Plan schmieden, zurückzukehren und zu sein, was sie von jeher gewesen – weiße Helden.
    Sie preßte die Zähne zusammen, drückte ihre roten Lippen aufeinander und fühlte ihre Augen heiß werden. Von ihrem Zorn beflügelt, tat sie in Eile, was getan werden mußte; sie tummelte sich und fuhrwerkte eifrig und eilig herum, so daß Chung schließlich veranlaßt war, ihr den Vorwurf zu machen, sie sei so schlimm wie manchmal die Ausländer.
    Darauf hielt sie in ihrem Treiben inne und sagte nach einer kleinen Weile: »Nun ja, vielleicht haben Sie recht.« Und als ob er ihr ein Medikament verabreicht hätte, wurde sie ruhiger; ihr Schritt blieb ebenso schnell, aber die Hast war fort. Ihre Stimme verlor die Schärfe und wurde wieder glatt. Jetzt näherte sich Pansiao ihr, die sich bis dahin ferngehalten hatte.
    »Brechen wir das Lager ab?« fragte sie in sanftem Ton.
    »Ja, aber diesmal geht es der Heimat zu«, erwiderte Mayli. Sie glaubte das Mädchen mit diesen Worten zu trösten, aber statt dessen malte sich Bestürzung auf Pansiaos

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