Das Generationenschiff
auszuweichen.
»Hier drüben!« schrie Sassinak. Er riß den Kopf herum und sah sie endlich. »Bleib unten!« Sie machte ein Zeichen. Er nickte. Sie hoffte, daß er sie verstanden hatte.
Durch die Tür stampfte ein weiterer Trupp von Schwerweltler-Marines herein, die dem Insystem-Sicherheitsdienst angehörten. Drei der Richter versuchten sich zur Tür durchzuschlagen und liefen in gnadenlose Arme, während Sassinaks Gruppe sich teilte und nach Deckung suchte. Davon gab es nicht viel, und die drei Stäbe und der eine kleine Nadelwerfer, die sie erbeutet hatten, waren keine ebenbürtige Bewaffnung.
Wenn Hilfe eintreffen sollte, wäre das jetzt ein guter Zeitpunkt, dachte Sassinak.
»Gebt auf! Ihr seid verloren!« schrie der Diplonier. »Eure Narrenherrschaft ist vorbei! Jetzt bricht die glorreiche …«
»Es lebe die Flotte!«
Etwas segelte durch die Luft und landete mit einem satten Schmatzen etwa drei Meter vor Sassinaks Nase. Es platzte auf und verströmte einen bläulichen Nebel. Ich weiß nicht recht, ob ich das glauben soll, dachte sie und griff nach ihrer Gasmaske. Sie hielt den Atem an, erinnerte sich, wie lang sie zählen mußte, und sah nach Lunzie und Aygar. Das wäre eigentlich mein Stichwort gewesen, aber der Schrei muß von Ford gekommen sein.
Natürlich waren die Schwerweltler auch mit Gasmasken ausgerüstet. Wie schnell konnten sie sich bewegen? Sie selbst war bereits in Bewegung, aber Aygar war wieder schneller und beeindruckte sie durch seine jugendliche Agilität und seine glänzende Kondition. Sie schlugen die ersten Schwerweltler nieder, bevor sie ihre Waffen gezückt hatten, rissen sie ihnen aus den Händen und richteten sie gegen ihre Besitzer, ohne an Tempo zu verlieren. Sassinak sprang auf das Richterpodium hinauf und rollte sich in dem Moment hinter die Deckung des Geländers, als etwas hinter ihr zersplitterte. Sie kroch zügig auf den Sitz auf der anderen Seite zu, ignorierte die bewußtlosen Richter und schoß den ersten Mann nieder, der ihr folgte. Wo war Lunzie? In welche Richtung war Aygar gelaufen? Und wußte er überhaupt, wie man mit dieser Waffe umging?
Ein ohrenbetäubendes Knattern, Pfeifen und Krachen und schrille Schreie deuteten an, daß er herausgefunden hatte, welchen Knopf er drücken mußte. Aber Sassinak vertraute seiner Treffsicherheit nicht. Irgend etwas schlich sich über das Geländer an sie heran. Sie feuerte kurz und hörte keinen Schrei, aber die Gestalt war verschwunden.
»Sassinak!« rief Ford, diesmal aus unmittelbarer Nähe. »Plan Nr. 6!«
Plan Nr. 6 war ein einfacher Trick, den alle Kadetten während ihrer Manöver in den ersten sechs Monaten lernten. Sassinak kroch nach rechts, drückte sich an eine Seite des Föderationssiegels und rätselte, was Ford als die Verstärkung einsetzen wollte, die laut Plan Nr. 6 durch die Mitte kommen sollte. Die Handvoll Marines, die er wahrscheinlich von der Zaid-Dayan mitgebracht hatte, würden sicher nicht reichen. Irgend etwas ächzte laut, und Sassinak grinste. Hatte es Ford etwa geschafft, eine Gertrud in den Ratssaal zu schmuggeln? Die sperrige, gedrungene Waffe, die gewöhnlich eingesetzt wurde, um Krawalle auf Raumstationen zu unterbinden, ächzte noch einmal und verfiel in ihr typisches anhaltendes Grollen. Sassinak steckte sich die Finger in die Ohren und hielt den Kopf gesenkt. Im Schutz dieses Grollens konnten sich Ford und alle, die er aufgetrieben hatte, langsam vorarbeiten. Die Schallwellen sorgten dafür, daß der Feind die Orientierung verlor.
Aber ihre Feinde waren nicht bereit, so schnell aufzugeben. Einer von ihnen trug offenbar einen Schutzhelm, denn er schaltete die Automatik seiner Waffe ein und leerte ein ganzes Magazin in die Gertrud. Aus dem Grollen wurde ein hohes Wimmern, das in einer Explosion grellen Krachs endete. Sassinak schüttelte heftig den Kopf, damit das Pfeifen in ihren Ohren verstummte, und überlegte, was sie als nächstes tun sollte.
Aus dieser Höhe konnte sie durch die farbverschmierten Kunststoffwände sehen. Auf den Zuschauerplätzen war eine ausgewachsene Massenschlägerei ausgebrochen. Von dort war keine Hilfe zu erwarten, selbst wenn ihre früheren Komplizen gewannen, womit sie nicht unbedingt rechnete. Weiter oben konnte sie Gestalten erkennen, die zwischen den Scheinwerfern und Linsen der Mediengalerie miteinander rangen. Unter sich sah sie den Delegierten von Diplo, der zu zucken anfing und aus der Gasbetäubung erwachte. Um ihn konnte sie sich selbst kümmern,
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