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Das Geschenk der Wölfe

Das Geschenk der Wölfe

Titel: Das Geschenk der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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und Hosen sowie bequemen Schuhen tarnen.
    Reuben und Stuart fieberten der Reise entgegen, und sie wurde noch aufregender, als sie erwartet hatten.
    Die schmucklose Frachtmaschine landete auf einer versteckten Landebahn, und schwarze Vans holten sie bei Nacht ab. Dann erklommen sie die Dächer der Stadt und schwärmten aus, den Stimmen und dem Geruch von jungen Mädchen folgend, die in einer Baracke gefangen waren und – gefügig gemacht durch Folter und Todesdrohungen – zur Prostitution gezwungen wurden.
    Bevor sie angriffen, legten sie das Stromnetz lahm und brachten die Mädchen in Sicherheit.
    Nicht im Traum hätte sich Reuben ein so hemmungsloses Gemetzel vorstellen können. Es war ein Massaker, vor dem es in dem niedrigen Betonbau, dessen Ausgänge sie versperrt hatten, kein Entrinnen gab. Wie Ratten rannten die Bewacher der Mädchen durch die dunklen, feuchten Gänge und versuchten den mächtigen Reißzähnen der gnadenlosen Angreifer zu entkommen, aber sie fanden alle Türen, die ins Freie führten, verschlossen.
    Das Haus hallte vom Gebrüll der Morphenkinder, von den Schreien der Sterbenden und dem Kreischen der verängstigten Mädchen in ihren verdreckten Verschlägen wider.
    Irgendwann legte sich der Gestank des Bösen. Hier und da beendeten Morphenkinder ihr Mahl, rissen große Brocken aus den Übeltätern und verschlangen sie. Stuart, der große, zottelige Wolfsjunge, stand in seinem langen, offenen Mantel da und starrte verzückt auf die verstreuten Leichenteile. Die Mädchen waren ganz still.
    Nun brauchten sie diese bedauernswerten Geschöpfe nur noch zu befreien. Sie stolperten in die Nacht, ohne je zu erfahren, wer die großen Männer mit den Kapuzen waren, die sie gerettet hatten, während die Morphenkinder so schnell verschwanden, wie sie gekommen waren, und mit blutbefleckten Kleidern, blutigem Fell und vollen Mägen über die Dächer davoneilten.
    Im Bauch der Frachtmaschine aneinandergeschmiegt, machten sie ihren Verdauungsschlaf. Irgendwo über dem Pazifik warfen sie die blutigen Sachen aus dem Flugzeug, um in den sauberen Kleidern, die sie mitgebracht hatten, nach Mendocino zurückzukehren. Satt und zufrieden saßen sie in den Vans, die sie im strömenden Regen nach Kap Nideck zurückbrachten.
    «Das nenne ich mal eine Jagd», sagte Stuart, als er todmüde auf die Hintertür des Hauses zutaumelte. Er warf den Kopf zurück und stieß ein exaltiertes Wolfsgeheul aus, das von den Hauswänden widerhallte und die anderen amüsierte.
    «Das nächste Mal gehen wir im kolumbianischen Dschungel auf die Jagd», sagte Margon.
    Reuben schleppte sich erschöpft die Treppe hinauf und wünschte, Laura sei zurückgekehrt. Aber vergebens. Nur ihr Duft hing in Kissen und Laken. Er holte eins ihrer Nachthemden aus dem Schrank, nahm es in die Arme und hoffte, von Laura zu träumen.
    Als er Stunden später aufwachte, war der Himmel strahlend blau, und das Meer glitzerte in der Sonne. Er stand auf, duschte und zog sich an, um bei dem schönen Wetter einen Spaziergang zu machen. Nach so viel Wolken, Regen und Nebel kam ihm ein Tag wie dieser wie ein kleines Wunder vor, und als er vor die Tür trat, blinzelte er zu den flauschig weißen Schönwetterwolken empor, die über den Hausgiebeln dahinsegelten.
    Es schien eine Ewigkeit her zu sein, dass er diese Terrasse zusammen mit Marchent zum ersten Mal betreten und sofort das Gefühl bekommen hatte, dieses Haus könnte ihm zu der Ernsthaftigkeit verhelfen, die ihm fehlte.
Bring die Molltonarten in mir zum Klingen
, hatte er gedacht und war sich sicher gewesen, das Haus halte Antworten auf seine Fragen bereit und könne seinen Horizont auf ungeahnte Weise erweitern.
    Der Meerwind wehte ihm ins Gesicht, als er auf die Klippen zuging. Bald erreichte er das reparaturbedürftige Geländer am Rand der Terrasse, wo der schmale Fußweg begann, der sich steil zum Strand hinabwand.
    Nur das Rauschen der Wellen war zu hören. Reuben fühlte sich schwerelos, breitete die Arme aus und beugte sich in den Wind, der so stark war, dass er ihn tragen würde.
    Zu seiner Rechten erhob sich das Steilufer, das den Redwoodwald schützte, nach Süden hin zogen sich windschiefe Zypressen und Buscheichen.
    Ein nie gekanntes Glücksgefühl breitete sich in ihm aus, und ihm wurde klar, wie sehr er seine neue Daseinsform liebte – die Raserei in dem schäbigen Bordell in Juárez, den Sprint durch die sauberen Wälder des Nordens, den Geschmack frischen Fleischs und den ebenso verzweifelten wie

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