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Das geschenkte Gesicht

Das geschenkte Gesicht

Titel: Das geschenkte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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herüberholen«, schlug Schwabe vor.
    »Und wie?«
    »Ick saje der Mainetti, det mir dat leere Bett vom Bloch stört. Leere Betten machen mir imma trübsinnig. Und Trübsinn is vaboten bei uns. Und dann schlag' ick den Oster vor.«
    »Das geht schief«, sagte Schwabe.
    »Vasuchen kann ick ja.«
    »Und wenn die Stube 4 merkt, warum wir den Oster weggeholt haben – das gibt einen Lazarettkrieg!«
    »Wia i gebaut bin«, schrie der Wastl und ließ die Muskeln springen. »An Ochsen hab' i umg'worfen.«
    »'ran an 'n Speck!« rief der Berliner. »Holn wir det Osterhäschen 'rüber.«
    Es blieb ein Geheimnis, wie Paul Zwerch es erreichte. Am nächsten Mittag erschien Dora Graff und half dem Gefreiten Christian Oster seine Sachen herübertragen. Er war nicht in der besten Stimmung und hatte sich gegen die Verlegung in ein anderes Zimmer heftig gewehrt. In Stube 4 hatte er sich wohl gefühlt, dort lag er schon über ein Jahr, kannte jeden und fühlte sich wie zu Haus. Die plötzliche Verlegung kam ihm wie eine persönliche Schikane vor. Auch Dr. Mainetti konnte es nicht verhindern, und schließlich erfuhr die Stube 14, daß nicht Lisa, sondern Leutnant Potkins, Major Braddocks ›Statthalter‹ auf Schloß Bernegg, die Verlegung angeordnet hatte. Was zwischen Potkins und Paul Zwerch geschehen war, blieb noch im Dunkeln.
    »Willkommen, großer Kalanag«, sagte Walter Hertz. Christian Oster feuerte sein Gepäck in den leeren Spind und warf sich aufs Bett.
    »Leckt mich am Arsch«, sagte er und drehte sich zur Wand.
    »Dazu mußte aba erst die Hose ausziehn«, sagte der Berliner gemütlich. Die anderen brüllten, und Oster drehte sich langsam zu ihnen um.
    »Was seid ihr für blöde Hunde?«
    »Hast schon mal was von Titten-Theo gehört?« fragte Walter Hertz. Oster setzte sich. Sein Gesicht hellte sich auf.
    »Natürlich.«
    »Det war unsere Entdeckung, Mensch!« Der Berliner wedelte mit der Hand. »Nu bist du unsere Entdeckung!«
    »Ich?« Oster griff sich an das neue Kinn. Es war gut eingeheilt und rauh und narbig. Die abgerundete Weichteildeckung war ein neuer Operationsakt. »Wollen die mir auch …?«
    »Quatsch!« Fritz Adam setzte sich zu Oster aufs Bett. »Ich bin der Stubenälteste. Alle, die du hier siehst, sind Pfundskameraden. Mit uns kann man Pferde stehlen, das wirst du noch erleben. Und es wird dir bei uns gefallen, bestimmt.«
    »Und warum hat man mich verlegt?«
    »Vielleicht, weil hier ein Bett frei ist. Vielleicht kommt auf Nr. 4 ein neuer Fall, aus einem anderen Lazarett. Wer weiß das?« Fritz Adam zeigte auf den Wastl, der gerade Karten mischte. »Der da hat gestern einem Neger das Jodeln beigebracht.«
    »Das Jodeln? 'nem Neger?« Oster lachte. »Verrückt!«
    »Na also«, sagte Erich Schwabe. Er reichte Oster einen Keks herüber. Schwabe hatte ihn am Abend weggelegt, um zwischen dem Mittagessen und dem Abendbrot etwas zum Kauen zu haben. »Wir sind eine verrückte Bande. Und wenn du mitmachst, kann noch allerhand passieren!«
    Man sah Oster an, daß er begann, sich wohl zu fühlen. Er räumte seinen Spind ein und pickte mit einer Heftzwecke ein Foto an die Innentür. Eine pausbäckige, braunlockige, junge Frau, mit einem Grübchen in der linken Wange.
    »Jeschmack hat der Junge«, sagte der Berliner, der zusah.
    »Meine Frau«, sagte Oster stolz.
    »Jratuliere! Bei der isses aba ooch schwer, nachts zu schlafen, wat?«
    Oster lachte und schlug dem Berliner auf die Schulter.
    »Ihr seid wirklich ein toller Verein«, rief er. »Jungs, tragt mir nicht nach, daß ich vorhin so …«
    »Schon vergessen!« sagte Walter Hertz.
    Am Abend zauberte Christian Oster. Er holte dem Wastl eine Mark aus der schiefen Nase und dem Berliner drei Hosenknöpfe aus den Ohren. Eine Herz-Zehn, die im Kartenspiel fehlte, hatte Erich Schwabe in den Socken, und Fritz Adam sah verblüfft, daß in seiner Brieftasche die Armbanduhr von Walter Hertz lag.
    »Det is ne Wucht!« schrie der Berliner. »Damit hau'n wir den Amis die halbe Verpflegung aus 'n Rippen!«
    Major Braddock erschien überraschend im Lazarett. Er hatte sich nicht, wie bisher, telefonisch angemeldet. Plötzlich fuhren vier Jeeps durch die Hauptwache in den Park und hielten vor dem Eingang von Block B. Zehn in dicke Mäntel mit Pelzkragen vermummte Männer stiegen aus und klopften sich den Schnee ab, traten in die Halle und zogen sich die mit Lammfell gefütterten Wintermützen vom Kopf. Dr. Lisa Mainetti, die gerade operierte, wurde von Baumann benachrichtigt, der

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