Das Geschwärzte Medaillon (Seelenseher-Trilogie) (German Edition)
wieder vorbei. Tut mir leid. Sieht so aus, als würde Bedrohung auch die Blutsicht auslösen. Auch wenn es keine wirklich echte ist.«
»Scheint so. Beeindruckend, wie stark du dann bist. Und anscheinend kannst du es doch kontrollieren.«
Es war ein schwacher Versuch, dem Geschehenen etwas Gutes abzuverlangen.
»Nein. Konnte ich nicht. Ich konnte nicht verhindern, dass ich in sie wechselte und ich konnte sie auch nicht einfach beenden.«
»Aber das hast du doch.«
Ich schüttelte wieder den Kopf.
»Sie ist abgeklungen. Ich habe sie nicht willentlich beendet. Ich glaube, dass mit den Übungskämpfen sollten wir lassen.«
Keira lächelte aufmunternd.
»Sieht ganz danach aus.«
Wir ließen das Thema für den Rest unserer unspektakulären Zugfahrt unberührt. Keira wusste, dass es mich viel zu sehr aufregte. Etwas, das ich im Moment gerne vermeiden würde.
Die Sonne verließ gerade die Berührung der Welt, als der Zug mit einem Ruckeln zum Stillstand kam. Es war zwei Tage her, dass wir uns auf den Zug geschmuggelt hatten, seitdem waren wir nicht aus dem Waggon ausgestiegen. Ich war über unser Glück immer noch verblüfft. Wir hatten tatsächlich einen Zug erwischt, der bis nach Levan durchgefahren war. Lediglich kurze Stopps zum Wechseln des Zugführers hatten die Fahrt unterbrochen.
»Endstation. Aussteigen bitte«, Keira grinste mich an und sprang mit einem eleganten Satz aus dem Güterwaggon. Sie landete geschmeidig wie eine Katze auf ihren Füßen. Ich tat es ihr gleich und wieder landete ich sicherer als sonst. Keira klopfte mit der offenen Hand gegen die Blechwand des Waggons und sagte mit ironischer Stimme: »Danke fürs Mitnehmen.«
Levan war ein kleines Dorf. Vor Monaten hatte ich an der hiesigen Tankstelle einen Seelenjäger getötet und nun war ich schon wieder hier.
»Wohin?«, fragte Keira und sah mich erwartungsvoll an.
»Ich würde vorschlagen, wir besorgen uns ein Auto und dann essen wir etwas.«
»Kaufen, mieten oder stehlen wir eins?«
Sie fragte es so trocken, dass jeder, der sie nicht kannte, davon ausgehen würde, dass sie es völlig ernst meinte.
»Also, eigentlich finde ich stehlen nicht schlecht, aber ich dachte wir probieren einmal den normalen Weg aus und kaufen eine billige Schrottkarre.«
Der Gebrauchtwagenhändler besaß am Rande der Stadt eine riesige Fläche, auf der unzählige Autos standen. Dort war so ziemlich alles dabei. Ich konnte einen Beatle erkennen, einen mitgenommenen Smart und noch ein paar andere Autos, von denen ich gerade so die Namen wusste. Es waren alles nachgebaute Autos. In Alanien fand man keine Originale. Alles war eine Kopie. Eine Kopie basierend auf original Plänen und Techniken der jeweiligen Firmen und dennoch waren es Kopien.
Der etwas korpulentere Herr, der mit einem unglaublich breiten Grinsen auf uns zukam, konnte kein anderer sein als der Besitzer. Sein Lächeln war so aufgesetzt, dass es schon von weitem falsch wirkte.
»Na, wir können uns auf was gefasst machen«, murmelte Keira sarkastisch und erwiderte das breite Lächeln. Ich schubste sie. Eine Mahnung, schön artig zu sein.
»Wunderschönen Tag, die jungen Damen. Was kann Earl für euch tun? Und mit Earl meine ich mich.«
Er lachte über seinen eigenen Witz, wobei sein ganzer Körper in Schwingungen geriet. Ich konnte aus den Augenwinkeln sehen, wie Keira all ihre Beherrschung brauchte, um nicht loszulachen. Earl war das Klischee eines Gebrauchtwagenhändlers. Aufgesetzt freundlich, gut ernährt und sehr profitorientiert. Er half sicher nicht dabei, Vorurteilen entgegen zu wirken.
»Ich habe einen wunderschönen Mercedes gerade reinbekommen. Genau das Richtige für so hübsche Frauen.«
Wieder lächelte er und ich hatte das Gefühl, in einer Pfütze aus Schleim zu versinken.
»Ja ehm. Nein, danke. Wir suchen etwas Anderes. Etwas sehr Preisgünstiges.«
»Bei Earl ist alles preisgünstig. Preisgünstig ist mein Nachname.«
»Ja, das glaube ich Ihnen gerne. Also würden Sie uns dann das Günstigste zeigen, das sie uns anbieten können? Wir haben es ziemlich eilig, wenn Sie verstehen.«
Ich mochte diese Verkaufsgespräche nicht. Immer wollten sie einem mehr andrehen, als man verlangte und irgendwie gelang es den meisten. Ich fühlte mich meist unwohl dabei. Ich mochte es nicht, auf diese Art bedrängt zu werden. Earls Blick wanderte von meinem genervten Gesicht zu Keiras entschlossenem. Sein Lächeln wurde etwas schmaler.
»Earl hat etwas für dreitausend da. Klasse Auto.
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