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Das Gesetz Der Woelfe

Titel: Das Gesetz Der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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einer Strafsache. Für morgen.
    »Um was geht es hier, Signor Malafonte?« Sie wedelte mit den Blättern und legte sie dann auf den Tisch.
    Der junge Mann hob die hängenden Schultern ein wenig. » No’lo so, avvoca’.«
    »Morgen findet eine Strafverhandlung gegen Sie statt. Sie müssen doch wissen, was man Ihnen vorwirft?«
    Angelo Malafonte schüttelte vage den Kopf und schwieg.
    Clara gestattete sich einen leisen Seufzer und begann, die Papiere durchzublättern. Die Anklageschrift war der Ladung beigefügt. »Ihnen wird vorgeworfen, am …« Clara überflog die zwei Seiten und gelangte zum Ende: Besitz und gewerbsmäßiger Handel mit Betäubungsmitteln.
    »Sie sind angeklagt wegen Rauschgifthandels, Herr Malafonte. Wussten Sie das?«
    »Eh?«
    »Droghe, signor Malafonte.«
    Da erlaubte sich der junge Mann ein kleines Lächeln. »Das waren keine Drogen, avvocato . Un pó d’erba .«
    Clara las die letzte Seite noch mal: »Sieben Gramm Marihuana wurden beim Angeklagten sichergestellt.« Sie beugte sich vor und sah ihrem neuen Mandanten scharf in die Augen. Sie waren blutunterlaufen. »Marihuana ist eine Droge, Herr Malafonte.«
    Angelo Malafonte zuckte mit den Schultern. »Nur Konsum, avvocato , das ist nicht strafbar.«
    »Da täuschen Sie sich.« Clara schüttelte den Kopf. Es hatte keinen Sinn, ihm jetzt die Details zu erklären. Ebenso wenig hatte es Sinn, ihn zu fragen, weshalb er nicht früher gekommen war. Stattdessen bot sie ihm eine Zigarette an, die dankbar angenommen wurde. »Sie müssen mir genau erzählen, was passiert ist, Herr Malafonte.«
    » Sì .« Der junge Italiener nickte und richtete sich ein wenig auf. »Ich bin pizzaiolo , Pizzabäcker, avvocato . In der Pizzeria Napoli. Ainmillerstraße. Ich arbeite immer bis elf, zwölf, und dann gehen wir weg. Ich und meine Freunde. Wir rauchen ab und zu etwas zusammen. Nur Konsum, avvocato .«
    »Wo haben Sie den Stoff gekauft?«
    »In Italien.« Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. »In Bologna.«
    Clara glaubte ihm kein Wort. »Wann?«
    » No’ lo so, avvoca’ . Es ist lange her.« Angelo Malafonte zog ein letztes Mal an seinem Zigarettenstummel, bevor er ihn ausdrückte. Er hatte außergewöhnlich große Hände. Die Fingerspitzen waren bräunlich verfärbt vom Nikotin, die Fingernägel sorgfältig geschnitten und peinlich sauber.
    Clara wartete.
    »Vielleicht war es zu Weihnachten?«, kam es schließlich zögernd von ihrem Gegenüber.
    »Das Rauschgift wurde im November bei Ihnen sichergestellt.« Clara hob die Augenbrauen. »Unwahrscheinlich, dass Sie es danach in Italien gekauft haben, nicht?«
    »Nein, nein, ich weiß wieder. Es war im Sommer, im August.« Angelo Malafonte lächelte matt.
    Clara sah sich ihren neuen Mandanten an und versuchte es mit den Augen eines Strafrichters zu tun, der jede Woche zig Fälle wie diesen zu entscheiden hatte. Sie seufzte ein zweites Mal. Diesmal lauter. »Hören Sie, Signor Malafonte. Wenn Sie möchten, dass ich Sie morgen verteidige, dann nur unter zwei Bedingungen: Erstens, Sie sagen bei der Verhandlung kein Wort zur Sache. Kein einziges, haben Sie verstanden? Sie lassen nur mich reden.«
    Angelo Malafonte nickte.
    »Und zweitens«, fuhr Clara fort, »erhalte ich von Ihnen einen Vorschuss von fünfhundert Euro.«
    Wiederum ein Nicken. »Ich bringe Ihnen das Geld heute Abend, avvocato .«
     
    Irgendetwas stimmte nicht. Irgendetwas war seltsam, und sie kam nicht darauf, was es war. Seit einer halben Stunde saß Clara nun in der Geschäftsstelle des Gerichts und las in der Strafakte ihres neuen Mandanten. Im November letzten Jahres hatte die Polizei Malafontes Zimmer oberhalb der Pizzeria, in der er arbeitete, durchsucht und sieben mickrige Gramm Marihuana in einer Plastiktüte unter dem Bett sichergestellt. Dies hatte den Beamten genügt, ihn auf der Stelle zu verhaften und erst am nächsten Tag wieder auf freien Fuß zu setzen.
    Clara runzelte die Stirn, während sie das dürre Ermittlungsergebnis las. Immer wieder blätterte sie zurück. Ein Landsmann von Malafonte hatte den Tipp gegeben. Ein gewisser Massimo Moro, der offenbar bei einer Razzia aufgegriffen worden war, hatte bei seinem Verhör vor dem Ermittlungsrichter unter anderem Malafontes Namen erwähnt. Aber seine Aussage schien seltsam unmotiviert, er gab keine Hintergründe an, keine Details, nichts Konkretes, nur zwei Namen. Eine Aussage vom Hörensagen, ein Hinweis, mehr war es nicht. In der ganzen Akte gab es außer diesen vagen

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