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Das Glasperlenspiel

Das Glasperlenspiel

Titel: Das Glasperlenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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vollzogen, gemeinsam hielten sie den Ornat hoch und legten ihn dem neuen
    Glasperlenspielmeister über die Schultern. Die kurze Festrede sprach der Magister Grammaticae, der Meister der klassischen Philologie in Keuperheim, ein von der Elite gestellter Vertreter Waldzells übergab die Schlüssel und Siegel, und bei der Orgel sah man den greisen Alt-Musikmeister in eigener Person stehen.
    Er war zur Investitur herbeigereist, um seinen Schützling einkleiden zu sehen und durch seine unvermutete Anwesenheit froh zu überraschen, vielleicht auch ihm den einen oder andern Rat zu geben. Am liebsten hätte der Alte die Festmusik mit eigenen Händen gespielt, doch durfte er sich eine solche Anstrengung nicht mehr zutrauen, er hatte also das Spielen dem Organisten des Spielerdorfes überlassen, stand aber hinter ihm und wendete ihm die Blätter um. Mit andächtigem Lächeln blickte er auf Josef, sah ihn den Ornat und die Schlüssel
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    empfangen und hörte ihn erst die Eidesformel, dann die freie Anrede an seine künftigen Mitarbeiter, Beamten und Schüler sprechen. Nie war ihm dieser Knabe Josef so lieb und erfreulich gewesen wie heute, wo er schon beinahe aufgehört hatte, Josef zu sein, und begann, nur noch der Träger eines Ornats und Amtes, ein Stein in einer Krone, ein Pfeiler im Bau der Hierarchie zu sein. Er konnte aber seinen Knaben Josef nur wenige Augenblicke allein sprechen. Heiter lächelte er ihm zu und beeilte sich, ihm einzuschärfen: »Sieh, daß du die nächsten drei, vier Wochen gut überstehst, es wird viel von dir verlangt werden. Denke immer ans Ganze, und denke immer daran, daß ein Versäumnis im einzelnen jetzt nicht schwer wiegt. Du mußt dich ganz der Elite widmen, alles andre laß gar nicht in deinen Kopf hinein. Man wird dir zwei Leute schicken, die dir einhelfen sollen; der eine davon, der Yogamann Alexander, ist von mir instruiert, höre gut auf ihn, er versteht seine Sache. Was du brauchst, ist ein felsenfestes Vertrauen darauf, daß die Oberen recht daran taten, dich zu den Ihren zu holen; vertraue auf sie, vertraue auf die Leute, die man dir zur Hilfe schickt, vertraue blind auf deine eigene Kraft. Der Elite aber schenke ein fröhliches, immer waches Mißtrauen, sie erwartet nichts andres.
    Du wirst gewinnen, Josef, ich weiß es.«
    Die meisten magistralen Amtsfunktionen waren für den neuen Magister wohlbekannte und vertraute Tätigkeiten, denen er in dienender oder assistierender Eigenschaft schon sich gewidmet hatte; die wichtigsten waren die Spielkurse, von den Schüler-und Anfänger-, den Ferien- und Gastkursen bis zu den Übungen, Vorlesungen und Seminaren für die Elite. Diesen Tätigkeiten, mit Ausnahme der letzten, konnte jeder neu ernannte Magister sich ohne weiteres gewachsen wissen, während ihm jene neuen Funktionen, welche zu üben er niemals Gelegenheit gehabt hatte, weit mehr Sorge und Mühe machen mußten.
    Auch Josef ging es so. Am liebsten hätte er vorerst sich mit ungeteiltem Eifer eben diesen neuen Pflichten zugewandt, den
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    eigentlich magistralen, der Mitarbeit im obersten Erziehungsrat, der Zusammenarbeit zwischen Magisterrat und Ordensleitung, der Vertretung des Glasperlenspiels und des Vicus Lusorum in der Gesamtbehörde.
    Er brannte darauf, sich mit diesen neuen Tätigkeiten vertraut zu machen und ihnen den drohenden Aspekt des Unbekannten zu nehmen, am liebsten hätte er sich vorerst einige Wochen beiseite gesetzt und dem genauesten Studium der Verfassung, der Formalitäten, der Sitzungsprotokolle und so weiter hingegeben. Für Auskunft und Belehrung auf diesem Gebiet stand ihm, das wußte er, außer Herrn Dubois der erfahrenste Kenner und Meister der magistralen Formen und Traditionen zur Verfügung, nämlich der Sprecher der Ordensleitung, welcher zwar selbst nicht Magister war, also eigentlich im Range unter den Meistern stand, der aber in allen Sitzungen der Behörde die Regie führte und der traditionellen Ordnung zu ihrem Recht verhalf gleich dem Oberzeremonienmeister eines Fürstenhofes. Wie gern hätte er diesen klugen, erfahrenen, in seiner glänzenden Höflichkeit undurchsichtigen Mann, dessen Hände ihn eben erst feierlich mit dem Ornat bekleidet hatten, um ein Privatissimum gebeten, hätte jener nur seinen Wohnsitz in Waldzell gehabt statt in dem immerhin eine halbe Tagreise entfernten Hirsland!
    Wie gern hätte er sich für eine Weile nach Monteport geflüchtet und sich vom Alt-Musikmeister in diese Dinge einführen lassen! Allein daran war

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