Das Glasperlenspiel
Älteste und Bischöfe haben sich bei ihm Rat geholt.«
»Ja«, meinte der andere, »wenn ich wieder einmal in jene Gegend komme, will ich mir's überlegen. Aber heut ist heut, und hier ist hier, und da ich heut hier bin und da in der Nähe jener Josephus sein muß, von dem ich so viel Gutes gehört habe...«
»Gutes gehört! Was hast du denn an diesem Famulus für einen Narren gefressen?«
»Es hat mir gefallen, daß er nicht schimpf t und wüst tut.
Mir gefällt das, muß ich sagen. Ich bin ja kein Zenturio und auch kein Bischof; ich bin ein kleiner Mann und bin eher schüchtern, ich könnte nicht viel Feuer und Schwefel vertragen; ich habe weiß Gott nichts dagegen, wenn man mich eher sanft anfaßt, so ist das nun einmal mit mir.«
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»Das hätte manch einer gern. Sanft anfassen! Wenn du gebeichtet und gebüßt und Strafe auf dich genommen und dich gesäubert hast, dann meinetwegen, dann ist es vielleicht am Platz, dich sanft anzufassen, aber nicht, wenn du unrein und stinkend wie ein Schakal vor deinem Beichtvater und Richter stehst!«
»Nun ja, nun ja. Wir sollten nicht so laut sein, die Leute wollen doch schlafen.«
Plötzlich kicherte er vergnügt vor sich hin. »Übrigens, etwas Drolliges hat man mir von ihm auch erzählt.«
»Von wem?«
»Von ihm, vom Büßer Josephus. Also der hat es so im
Brauch, wenn einer ihm seine Sachen erzählt und gebeichtet hat, dann grüßt und segnet er ihn zum Abschied und gibt ihm einen Kuß auf die Wange oder auf die Stirn.«
»So, tut er? Komische Gewohnheiten hat er schon.«
»Und nun ist er ja so sehr scheu vor den Frauen, weißt du. Da soll einmal eine Hure aus der Gegend in Mannskleidern zu ihm gegange n sein, und er merkt nichts und hört sich ihre Lügengeschichten an und wie sie mit Beichten fertig ist, verneigt er sich vor ihr und gibt ihr feierlich einen Kuß.«
Der Alte setzte zu einem heftigen Gelächter an, der andere machte schnell »Bst, bst!«, und nun bekam Josef nichts mehr zu hören als eine Weile noch dies halb erstickte Lachen.
Er blickte zum Himmel, scharf und dünn stand die
Mondsichel hinter den Kronen der Palmen, er schauerte von der Nachtkälte. Wunderlich wie in einem Zerrspiegel, und doch aufschlußreich, hatte ihm das Abendgespräch der Kamelführer seine eigene Person und die Rolle vor Augen geführt, der er untreu geworden war. Und eine Hure also hatte sich diesen Spaß mit ihm gemacht. Nun, dies war nicht das Schlimmste, wenn auch schlimm genug.
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Er hatte lange nachzudenken über die Unterhaltung der beiden fremden Männer. Und als er sehr spät endlich einschlafen konnte, konnte er es nur, weil sein Nachdenken nicht vergeblich gewesen war. Es hatte zu einem Ergebnis, zu einem Entschluß geführt, und mit diesem jungen Entschluß im Herzen schlief er tief und ungestört bis zum Tagesanbruch.
Sein Entschluß aber war eben jener, welchen der jüngere von den beiden Kameltreibern nicht hatte fassen können. Sein Entschluß war, dem Rat des älteren zu folgen und den Dion, genannt Pugil, aufzusuchen, von dem er ja längst schon wußte und dessen Lob ihm heut so eindringlich war gesungen worden.
Dieser berühmte Beichtvater, Seelenrichter und Ratgeber würde auch für ihn einen Rat, ein Urteil, eine Strafe, einen Weg wissen; ihm wollte er sich stellen wie einem Vertreter Gottes und willig annehmen, was er ihm verordnen würde.
Anderntags \erließ er schon den Rastplatz, als die beiden Männer noch schliefen, und erreichte an diesem Tag in mühevoller Wanderung einen Ort, den er von frommen Brüdern bewohnt wußte und von dem aus er auf den üblichen Reiseweg gegen Askalon zu gelangen hoffte.
Bei der Ankunft gegen Abend blickte eine kleine grüne Oasenlandschaft ihn freundlich an, er sah Bäume ragen und hörte eine Ziege meckern, glaubte im grünen Schatten die Umrisse von Hüttendächern zu entdecken und Menschennähe zu wittern, und als er zögernd näher trat, meinte er einen Blick auf sich gerichtet zu spüren. Er blieb stehen und spähte umher, da sah er unter den ersten Bäumen, an einen Stamm gelehnt, eine Gestalt sitzen, einen aufrecht sitzenden alten Mann mit einem eisgrauen Bart und einem würdigen, aber strengen und starren Gesicht, der blickte ihn an und mochte ihn schon eine Weile angeblickt haben. Der Blick des alten Mannes war fest und scharf, aber ohne Ausdruck, wie der Blick eines Mannes, der zu beobachten gewohnt, aber nicht neugierig und beteiligt ist, der die Menschen und Dinge an sich herankommen
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