Das Glück einer Sommernacht
Bitterkeit ließ ihr keine Ruhe. Was hatte man dem Mann angetan, dass er nichts mehr mit der Welt zu tun haben wollte?
„Ich weiß, ich weiß“, sagte sie zu Puddin’. „Tu deine Arbeit und kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten.“ So lautete die Regel. Aber wenn Kelsey ein bisschen mehr wüsste, könnte sie sich auch besser auf ihn einstellen.
Plötzlich kam ihr ein Gedanke. Es war immer noch nicht zu spät, das eine oder andere herauszufinden. Wozu gab es das Internet? Spontan sprang sie auf, so heftig, dass Puddin’ ebenfalls hochsprang.
Markoffs großer Bestseller Folge dem Mond war vor etwa sechs Jahren erschienen. Mr Grangerfield hatte gesagt, dass er seit drei bis fünf Jahren mit seinen Lieferungen hierherkam. In all diesen Jahren waren doch sicher irgendwelche Artikel über Alex Markoff erschienen!
Ein Dutzend Mausklicks und Tasteneingaben später hatte sie eine Antwort. Die Schauspielerin und der Autor: wahre Liebe! tönte eine Überschrift.
Alex Markoff mit einem Filmstar? Das kam ihr völlig abwegig vor. Aber dann fanden sich überall Beweise. Als Erstes sah sie ein Foto von ihm und einer bekannten Blondine, die sich über einer Tasse Kaffee tief in die Augen sahen.
Ein merkwürdiges Gefühl überfiel Kelsey, als sie all die Berichte über diese Beziehung las. Offenbar hatte das aufstrebende Starlet Alyssa Davenport Alex Markoff bei einer Autogrammstunde kennengelernt. Daraus wurde eine stürmische Romanze, und zur allgemeinen Überraschung heirateten die beiden und ließen sich in Los Angeles nieder, wo gerade Markoffs jüngste Kurzgeschichte verfilmt wurde. Sein Ruhm und Alyssas strahlende Erscheinung machten das Paar zu einem idealen Motiv für die Fotografen.
Per Mausklick erschienen Dutzende von Bildern von den beiden. Bei Wohltätigkeitsveranstaltungen. Bei Filmpremieren. Auf der Jacht eines Produzenten. Und überall Alyssas platinblondes Haar und makellos geformtes Gesicht. Auf jedem Foto schien Mrs Markoff liebevoll am Arm ihres Gatten zu hängen, ihr Lächeln bildete dabei eine wirkungsvolle Ergänzung zu der kühlen, zurückhaltenden Miene des Schriftstellers. Obwohl der Mann alles hatte, was man sich im Leben nur wünschen konnte, schien er nie zu lächeln.
Mit ein paar weiteren Klicks stieß sie auf eine ganz andere Geschichte. Was ging schief? fragte eine fette Überschrift über einem Porträtfoto von Alyssa. Andere Artikel versprachen, Markoffs dunkle Geheimnisse zu enthüllen.
Jeder redet eines Tages. Ja, auf diesen Seiten redeten die Leute. Freunde, Bekannte, selbst Angestellte lieferten schmutzige Insiderdetails über die Ehe, die Trennung und das intimste Privatleben des Paares.
„Hat denn wirklich jeder, der ihn kannte, ein Interview gegeben?“, fragte sie sich fassungslos.
„Die Antwort lautet Ja.“
Kelsey zuckte zusammen. Langsam blickte sie von ihrem Bildschirm auf und sah in Alex Markoffs zornig blitzende Augen. Erst jetzt merkte sie, dass sie die Frage laut ausgesprochen hatte.
„Was zum Teufel tun Sie da?“
Sie versuchte zu antworten, brachte aber kein Wort heraus. Sie öffnete und schloss den Mund wie ein Fisch, der nach Luft schnappt.
Alex Markoff war neben sie getreten und starrte auf den Bildschirm. Direkt körperlich spürte sie jetzt den Zorn, der in ihm aufstieg. Das machte seine beherrschte, kalte Stimme nur umso beängstigender.
„Was tun Sie da?“, fragte er noch einmal.
„Ich … ich …“ Sie schob sich das Haar hinters Ohr, holte tief Luft und versuchte sich wieder in den Griff zu bekommen. Das war nicht leicht, angesichts der wilden Blicke, mit denen Markoff sie durchbohrte. „Entschuldigen Sie. Es tut mir leid! Ich dachte, wenn ich etwas mehr über Sie wüsste, könnte ich …“
„… könnten Sie was, Miss Albertelli?“
Sie hielt seinen Blick nicht mehr aus und schlug die Augen nieder. Plötzlich klang ihre Antwort überhaupt nicht mehr so einleuchtend. „… Sie besser verstehen“, gab sie leise zurück.
Auch Markoff schien ihre Antwort nicht einleuchtend zu finden. Seine Kiefernmuskeln zuckten, als er zwischen ihr und dem Laptop hin und her sah.
„Sie möchten mich besser verstehen?“, fragte er schließlich. Seine Stimme klang noch ausdrucksloser als zuvor. „Dann verstehen Sie bitte eines: Mein Privatleben ist … privat. Sie haben kein Recht, in meiner Vergangenheit zu schnüffeln, egal, aus welchen Gründen.“
Ich bräuchte ja auch nicht herumschnüffeln, wenn Sie nicht so ein Geheimniskrämer wären,
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