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Das Glück geht nicht zu Fuß: Wie mein Leben ins Rollen kam (German Edition)

Das Glück geht nicht zu Fuß: Wie mein Leben ins Rollen kam (German Edition)

Titel: Das Glück geht nicht zu Fuß: Wie mein Leben ins Rollen kam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Kiefer
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zum Schnüren oder auch mal mit Reißverschluss. Eine Gardetänzerin hat viel Energie und Kondition, denn nach dem Auftritt mischt sie sich unter das Volk – und das feiert im Fasching bis zum Umfallen.

Gardetänzerin in Gardeuniform.

Liebe auf den ersten Blick
    Ich habe diese Veranstaltungen geliebt. Das ganze Drumherum. Raus aus dem Alltag. Die Aufregung davor. Sich verkleiden. Die Perücken. Die Schminke. Dezent war hier nicht gefragt. Und dann der Rhythmus der Musik, der mir direkt in die Beine fuhr. Alle machen das Gleiche, und jede in der Gruppe weiß, was sie zu tun hat – und dann der Applaus. Das Schönste war, wenn das begeisterte Publikum »Zugabe!« rief.
    Manche Jungs warteten am Ausgang der Garderobe auf die Tänzerinnen: »Darf ich bitten?«
    Neugierig probierte ich aus, wie weit ich gehen konnte. Mit Vergnügen brachte ich manches Jungmännerherz zum Rasen, und hin und wieder endete ein nettes Gespräch mit einer einseitigen Verliebung. Bei mir gab es aber nichts zu holen. Ich war mit Dani zusammen, und Treue war mir wichtig. Ich genoss es einfach, jung, attraktiv und voller Lebensfreude zu sein. Ich genoss es, auf der Bühne zu stehen. Zu flirten, zu tanzen, zu lachen und zu springen. Ich genoss es, Teil einer Truppe zu sein, dabei als Einzelne mein Bestes zu geben, aber eben nur gemeinsam wirklich gut zu sein. Allein auf der Bühne? Lieber nicht.
    Beim Rentnerfasching saßen meine Großeltern im Publikum, und ich bildete mir ein, meiner Oma von den Lippen ablesen zu können. Sie deutete auf mich und sagte zu ihrer Sitznachbarin: »Das ist meine Enkelin. Da oben, das ist die Ines.«
    Mein Opa hatte ein ganz rotes Gesicht, weil er so stolz auf mich war.
    »Ines, du machst deinen Weg«, sagte er manchmal zu mir.
    »Ich hoffe es«, erwiderte ich dann auf diesen Erwachsenenspruch. Insgeheim hoffte ich es nicht nur, ich wusste es.

    Mit drei oder vier Jahren nahm ich eine Weile am Ballettunterricht in unserem Theater teil. Ich war die Kleinste in der Gruppe. Einmal wurde im Theater Gräfin Mariza, eine Operette in drei Akten, aufgeführt, und da wurde auch der Nachwuchs eingespannt. Leider war ich bei den Proben krank und bekam deshalb bei der Premiere eine Sonderrolle. Ich durfte auf den Schultern des Hauptdarstellers sitzen. Das fand ich klasse!
    Unsere Tanzlehrerin sah genauso aus, wie man sich eine ehemalige Primaballerina vorstellt: mager und sehnig, ihr langes graues Haar hatte sie stets zu einem festen Zopf geflochten – und sie war streng.
    »Bauch rein, Po raus!« Ihre Stimme kann ich noch immer hören, auch wenn ich ihren Namen vergessen habe. In dem hellen Ballettsaal mit dem glatten Holzboden gab es die klassische Spiegelwand mit Stange und einen Flügel. Manchmal lagen in einer Ecke Ballerinaschuhe für Spitzentanz. Diese Schuhe faszinierten mich. Ich hätte mich allerdings nie getraut, mal hineinzuschlüpfen, und als ich alt genug dafür gewesen wäre, war ich dem Ballett bereits entsprungen. Meiner Tanzlehrerin verdanke ich, dass ich bis heute die anmutige Fingerhaltung vom Ballett beherrsche. Kaum strecke ich meine Arme aus, formen sich meine Finger in Grazie. Wahrscheinlich könnte ich sogar noch die Fußhaltung einnehmen … wenn ich könnte.
    Als sich dann in der Schule herausstellte, dass ich eine hervorragende Sprinterin und 800-Meter-Läuferin war, tauschte ich das Ballett gegen die Leichtathletik. Auch hier gab es Auftritte für mich, nur dass die jetzt Wettkämpfe hießen. Doch die Leichtathletik machte mich nicht so froh wie das Ballett. Da meinte meine Mutter, ich solle mir doch mal die Funkengarde anschauen. Es war Liebe auf den ersten Blick, kurz nach der Wende, und ich blieb dabei. Auch wenn der Karneval nur rund vier Monate dauert: Nach der Saison ist vor der Saison.
    Wir studierten das ganze Jahr über Tänze ein. Zuerst war ich bei den Kleinen, da ging es vor allem ums Marschieren und In-der-Reihe-Tanzen. Am 11.11. auf dem Marktplatz durften wir dann nach Herzenslust herumhampeln und aus der Reihe tanzen. Als wir größer waren, nahmen wir an den Abendveranstaltungen teil. Es gab dort die üblichen Büttenreden, und unsere Truppe lockerte das Programm mit Garde- und Showtänzen auf. Natürlich zeigten wir auch einen Cancan. Hoch die Beine! Schneller! Höher! Alle zusammen. Beim Tanzen war ich immer glücklich.

Keine Zugabe für Dani
    Für Dani und mich gab es nach zwei Jahren keine Zugabe. Ich war nicht traurig darüber, dass es zwischen uns vorbei war: Ich war

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