Das Glück wartet in Virgin River
sich einmal mit einem Mann verabredete, was selten genug vorkam. An den viel zu heißen Vertretern des männlichen Geschlechts unter Indianern wollte sie sich die Hände jedenfalls nicht verbrennen.
Einmal hatte sie sich in einen Navajo verliebt. Damals war sie noch ein richtiges Kind gewesen, gerade einmal dreizehn Jahre. Er war achtzehn und hatte bei ihr all die richtigen Knöpfe gedrückt. Er war eine derart starke Versuchung für sie gewesen, dass sie sich ihrem Großvater widersetzt hatte, um mit diesem Jungen zusammen zu sein. Aber sie hatte mehr bekommen, als sie verkraften konnte. Und nachdem die Beziehung ihr tragisches Ende gefunden hatte, hatte sie geschworen, sich nie wieder von einem Mann wie ihm verführen zu lassen. Niemals.
Zweifellos war das auch der Grund, weshalb Clays plötzlicher Auftritt sie so aus der Fassung brachte. Er war mindestens so attraktiv wie dieser Junge, der sie vor ewigen Zeiten derart umgehauen hatte. Nein, nicht ebenso attraktiv. Clay war wahrscheinlich der schönste Mann, der ihr überhaupt je begegnet war. Groß. Kräftig. Exotisch.
Auf dem Rückweg zur Futterhandlung lenkte Lilly den Pickup einmal mehr durch eine der vielen Kurven, da entdeckte sie etwas, das ihre Aufmerksamkeit erregte … eine schwarze Wölbung hinter einem heruntergekommenen Stacheldrahtzaun. Es war ein Pferd, das auf dem Boden lag. Eigentlich gar kein so ungewöhnlicher Anblick, aber Lilly fuhr langsamer. Während sie näher kam, verstärkte sich ihr Gefühl, dass etwas daran nicht in Ordnung war. Dann sah sie, dass das Pferd sich auf dem Boden hin und her wälzte.
Als sie mit ihren Großeltern im Hopi-Reservat lebte, hatte Lilly viel Zeit mit den Pferden ihrer Nachbarn verbracht und war als junges Mädchen oft geritten. Doch nachdem sie mit dreizehn Jahren mit ihrem Großvater nach Kalifornien umgezogen war, hatte sie wesentlich mehr Zeit mit dem Futter verbracht als mit den Tieren, die es fraßen. Ihr Großvater hatte zwar die Futter- und Getreidehandlung gekauft, hielt dennoch selbst kein Nutzvieh. Heute ritt sie nur noch selten, und das auch erst wieder seit zwei Jahren, trotzdem kannte sie sich mit Pferden sehr gut aus.
Sie parkte am Straßenrand und beobachtete das Tier. Plötzlich gab sich die Stute einen Ruck, rollte sich auf die Seite, stand auf und versuchte sich zu strecken. Sie zog die Oberlippe hoch, scharrte mit den Vorderhufen den Boden auf und schlug nach hinten aus. Dann ließ sie sich wieder fallen.
Verdammt, dachte Lilly. Das Pferd war krank. Sehr krank. Das einzige Haus in Sichtweite befand sich auf der falschen Straßenseite, aber vielleicht konnte ihr dort jemand sagen, wo die Besitzer dieser Wiese und des Pferdes zu finden waren. Sie ging zu dem Haus, und ein unrasierter Mann in T-Shirt öffnete die Tür. Den Namen des Pferdebesitzers kannte er nicht, aber er wusste, wo er herkam. Er beschrieb ihr den Weg. Ein Stückweiter die Straße hinauf bis zur nächsten Abzweigung, dann noch eine Viertelmeile und sie würde ein altes Farmhaus mit Stall finden. Sie beeilte sich, und was sie dort vorfand, verblüffte und verwirrte sie.
Sofort rief sie Dr. Jensen auf seinem Handy an. „Nathaniel, ich habe eine kranke Stute am Straßenrand entdeckt, und das Grundstück des Eigentümers ist menschenleer. Sieht aus, als wären sie getürmt. Niemand im Haus, alle Möbel fehlen, im Stall sind noch ein paar abgemagerte Hunde untergebracht, ein paar echt dünne Hunde halten sich noch im Stall auf, die Futtertonne ist noch halb voll, doch ihre Näpfe sind leer. Das Pferd wälzt sich auf dem Boden, schlägt aus, flehmt, schwitzt …“
„Wo bist du, Lilly?“
„Ich bin von der 36 runter und an einer Kreuzung von der Bell Road abgebogen in eine Straße, die sich Mercury Pass nennt. Allerdings gibt es da kein Straßenschild. Ein Nachbar hatte mir den Weg zu diesem alten Farmhaus beschrieben. Das Pferd wälzt sich gleich neben der Bell kurz nach der Abfahrt von der 36.“
„Ich kenne das Grundstück“, meinte Nathaniel. „Das gehört den Jeromes. Soweit ich weiß, haben sie nur dieses eine Pferd. Eine zwölf Jahre alte schwarze Stute. Aber ich war seit ungefähr einem Jahr nicht mehr bei ihnen … vielleicht auch länger.“
Tatsächlich war sie eine sehr hübsche schwarze Stute, mit weißen Socken an den Hinterbeinen und einer sternförmigen Blesse auf der Stirn. „Das ist sie. Sie ist eine Schönheit. Und es geht ihr richtig dreckig.“
„Ich komme so schnell wie möglich“, erwiderte
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