Das Gluecksarmband
war doch auch für sie.»
«Nein, das Päckchen ist eindeutig für dich. Dein Name steht drauf. Nicht Eileen O’Neill, sondern Molly O’Neill.»
Molly folgte ihr in die Küche und setzte sich an den blankgewischten Resopaltisch in der Frühstücksecke. «Da.» Sarah zeigte auf das kleine Päckchen, das neben der Obstschale lag. «Ist vor etwa einer Stunde gekommen.»
Molly griff danach und drehte es in den Händen.
«Und? Willst du es nicht aufmachen?»
Trotz ihrer brennenden Neugier zuckte Molly nur schweigend die Achseln, der typische mürrische Teenager. Aber insgeheim war sie über die Abwechslung an diesem schrecklichen Tag erleichtert.
Was konnte das sein? Von wem kam es? Sie hoffte, dass ihr die Vorfreude nicht anzusehen war. Irgendwie erschien ihr dieses Gefühl unpassend.
Als sie das braune Packpapier abwickelte, kam ein schönes violettes Samtkästchen zum Vorschein, das mit einem weißen Satinband geschmückt war.
«Oh, das sieht aber hübsch aus. Was ist das?» Sarah trat mit einem Teller Sandwiches, die sie für Molly gemacht hatte, an den Tisch. Sie stellte ihr den Teller hin, aber Molly beachtete ihn nicht.
Mit zitternden Fingern zog sie das Band auf und hob den Deckel des Kästchens ab. Was mochte da nur drin sein? Und wer hatte es ihr geschickt?
Sie hielt den Atem an. «Du meine Güte. Wie schön!»
In dem Kästchen lag ein silbernes Armband, dessen zarte Glieder im Licht glänzten. Molly nahm das Kettchen vorsichtig heraus und betrachtete es genauer. In der Mitte baumelte ein kleiner Anhänger. Es war ein Bettelarmband.
«Oh, wie schön.» Sarah deutete auf das Schmuckstück.
«Sieht aus wie eine … Sanduhr», sagte Molly schließlich. Der winzige Anhänger bestand aus Silber und Glas, und in dem Glas befanden sich feine Sandkörnchen.
Molly wandte sich wieder dem Kästchen zu, das noch auf dem Tisch lag. Sie schaute in den Deckel, tastete unter dem kleinen Polster, auf dem das Armband gelegen hatte, fand aber keine Nachricht, keine Quittung, keine Erklärung … gar nichts.
In diesem Moment erschien ihre Mutter in der Küchentür. «Ich glaube, wir brauchen draußen noch Eistee», sagte sie. «Patsy Collins hat gesagt, der Krug sei leer … Was macht ihr denn da?», fragte sie Molly und Sarah, die beide noch mit dem Armband beschäftigt waren. «Was ist das?»
Molly schaute zu ihrer Mutter hinüber. Ihre Augen waren groß vor Begeisterung.
«Ein Armband. Ein Bettelarmband. Es ist gerade erst gekommen, wie vom Himmel gefallen, und an mich adressiert.» Sie hielt das Schmuckstück hoch, damit Eileen es sehen konnte.
Ihre Mutter vergaß den Eistee und kam an den Tisch, um es besser anschauen zu können. «Das ist ja wunderschön. Ein Stundenglas … wie hübsch. Von wem ist das?»
Molly schüttelte den Kopf. «Keine Ahnung.»
Eileen schmunzelte. «Vielleicht hat da jemand einen heimlichen Verehrer …»
Eine leichte Röte stieg Molly in die Wangen, als sie darüber nachdachte. Alle wussten, dass ihr Vater gerade gestorben war, und ihre Klassenkameraden hatten sehr wohl bemerkt, dass sie in der vergangenen Woche nicht in der Schule gewesen war. Aber konnte es einer von ihnen gewesen sein? Das war unwahrscheinlich. Die meisten Jungs, die sie kannte, waren so sensibel wie Rammböcke, und Molly konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass einer von ihnen genügend Geschmack besaß, um ein so hübsches Schmuckstück auszusuchen, oder sich überhaupt die Zeit nehmen würde, ein Stundenglas als Anhänger auszuwählen.
Und Corey Mason war ihr zwar in letzter Zeit nachgelaufen, und er mochte sie auch mit Sicherheit, aber selbst ihm war es wichtiger, mit seinem Bizeps anzugeben, als sich Gedanken über ein sinnvolles Geschenk zu machen.
Molly zuckte die Achseln. Am Tag der Beerdigung ihres Vaters über Jungs zu sprechen, war ihr peinlich. «Quatsch», sagte sie abwehrend, während sie fieberhaft überlegte.
«Weißt du, das Stundenglas … das ist ein Symbol für die Vergänglichkeit», erklärte Sarah nach kurzer Pause. «Vielleicht … vielleicht möchte jemand dich darauf hinweisen, dass es heute auch darum geht, das Leben deines Vaters zu feiern. Vielleicht sollst du erkennen, dass das Leben immer weitergeht und dass es gelebt werden will.»
«Sarah hat recht.» Eileens Stimme klang ein wenig brüchig. «Dein Vater hätte gewollt, dass du glücklich bist. Er hat dich so geliebt, und jede Sekunde mit dir war ihm kostbar. Das weißt du, oder?»
Mit einem Kloß in der
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